MoR 03 - Günstlinge der Götter
gebe — ausgenommen die Armee der Rebellen.
Er konnte endlich auch den Feind mit Namen nennen: Spartacus, ein thrakischer Gladiator.
Sechs Wochen widmete sich Varinius der Ausbildung seiner erbarmungswürdigen Soldaten. Die Mehrzahl war zwar aus der Schlacht mit dem Leben davongekommen, aber ob sie auch die immer noch grassierende Grippe überstehen würden, schien fraglich. So mußte er auf die Dienste einiger Zenturionen aus Sullas Zeiten zurückgreifen. Sie ließen sich zwar für die Ausbildung der Rekruten anwerben, waren aber nicht bereit, sich zu einem weiteren Feldzug zu verpflichten. Der Senat hielt es für angebracht, vier weitere Legionen auszuheben. Rom schickte ihm einen vierten Prätor aus der achtköpfigen Gruppe dieses Jahres: Publius Valerius sollte Varinius als Legat zur Seite stehen. Nachdem der erste geflohen, der zweite gefallen und der dritte besiegt war, hatte der vierte Prätor kein leichtes Los.
Ende November hielt Varinius seine Männer für ausreichend gedrillt, um im Kampf bestehen zu können, und ließ sie von Capua aus auf Spartacus’ Lager marschieren. Zu seiner Verblüffung war das Lager aber leer. Spartacus hatte seine Rebellenarmee still und leise abgezogen: ein weiterer Beweis dafür, daß dieser Thraker, der kein Thraker war, die Kriegskunst wie ein römischer Feldherr verstand. Varinius’ Truppen blieben weiterhin von Krankheit verfolgt. Während er die gelichteten Reihen seiner beiden Legionen nach Süden führte, mußte er mit ansehen, wie ganze Kohorten nicht Schritt halten konnten. In dieser Not versprachen ihre Zenturionen, zum Gros des Heeres wieder aufzuschließen, sobald es den Männern bessergehe. Bei Picentia holte er die Rebellen kurz vor der Furt über den Silarus ein. Nun aber stellte er fest, daß Spartacus’ Legion zu einer regelrechten Armee angewachsen war. Vor weniger als zwei Monaten zählten dessen Truppen fünftausend Mann, und nun waren sie auf fünfundzwanzigtausend angeschwollen! Da an Angriff nicht zu denken war, mußte Varinius tatenlos zusehen, wie der plötzlich imponierend starke Gegner den Silarus durchquerte und auf der Via Popillia nach Lucanien marschierte.
Varinius und sein Legat Valerius warteten, bis die kranken Kohorten ihren Rückstand aufgeholt hatten und auch die ihnen verbliebenen Männer wieder bei Kräften waren. Dann wurde ein Kriegsrat abgehalten.
»Die Frage lautet«, sagte Valerius, »ob wir den Gegner trotz unserer zahlenmäßigen Unterlegenheit jetzt angreifen sollen oder ob wir den Winter über unsere Truppen soweit verstärken können, daß es klüger scheint, die Auseinandersetzung bis in das Frühjahr hinein zu verschieben.«
»Ich glaube, wir haben gar keine Wahl«, entgegnete Varinius. »Wir müssen ihnen jetzt auf den Fersen bleiben, denn bis zum Frühjahr haben sie womöglich ihre Truppenstärke nochmals verdoppelt. Vor allem dürfte jeder neue Mann, der zu ihnen stößt, ein kriegserfahrener Lucaner sein.«
Varinius und Valerius setzten daher die Verfolgung fort, obgleich sie sahen, daß Spartacus die Via Popillia verlassen hatte und geradewegs in die unwegsamen Regionen der Lucaner Berge zog. Acht Tage lang folgten sie ihm, ohne mehr zu entdecken als alte Spuren ihres Feindes; dennoch legten sie jeden Abend ein befestigtes Lager an. Das war zwar anstrengend, aber ein Gebot der Vorsicht.
Auch am neunten Abend begannen die Männer die Schanzarbeiten wie üblich unter Murren. Sie hatten noch nicht lange genug in der Legion gedient, um die Notwendigkeit eines befestigten Lagers einzusehen. Da brach plötzlich Spartacus’ Angriff los. So überrascht waren Varinius’ auch zahlenmäßig unterlegene Truppen, daß sie ihr Heil in der Flucht suchten. Ihr Befehlshaber ließ neben dem Großteil seiner Männer auch sein prächtiges, mit einer kostbaren Schabracke geschmücktes Staatspferd zurück. Mit acht zehn Kohorten war er aus Capua ausgezogen, mit fünf kehrte er aus Lucanien zurück. Gemeinsam mit Valerius überquerte er den Silarus und ließ, ehe er weiter in die Campania marschierte, seine verbliebenen Kohorten unter dem Befehl des Quästors Gaius Toranius zur Sicherung der Furt zurück.
Die beiden Prätoren eilten nach Rom und bedrängten den Senat, so rasch wie möglich weitere Truppen bereitzustellen. Die Lage wurde mit jedem Tag ernster, doch da Lucullus und Marcus Cotta im Osten und Pompeius in Spanien bereits große Armeen unterhielten, waren die Senatoren der Ansicht, daß weitere Truppenaushebungen nur
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