MoR 03 - Günstlinge der Götter
regelmäßig im Senat. Da es sich immer lohnte, ihm zuzuhören — seine Reden waren geistreich, interessant, knapp und treffend —, hatte er sich schon bald eine Gefolgschaft erworben und wurde immer häufiger gebeten, seine Reden zu veröffentlichen. Sie galten als ebensogut wie die Ciceros, und selbst dieser soll gesagt haben, Caesar sei der beste Redner Roms - außer ihm selbst natürlich.
Der Volkstribun Plautius brannte darauf, von den erneuerten Vollmachten seines Amtes Gebrauch zu machen. Er verkündete im Senat, daß er der Versammlung der Plebs ein Gesetz vorlegen werde, das den verurteilten Anhängern von Lepidus und Sertorius das Bürgerrecht zurückgeben würde. Caesar erhob sich sofort und hielt eine Rede für das Gesetz, wobei er leidenschaftlich dafür plädierte, es auch auf all die Bürger auszudehnen, die unter Sulla proskribiert worden waren. Der Senat stimmte der Erweiterung jedoch nicht zu und unterstützte nur das auf die Anhänger von Lepidus und Sertorius beschränkte Gesetz des Plautius. Caesar aber schien gar nicht enttäuscht, daß sein Antrag abgelehnt worden war. Ja, er wirkte sogar seltsam vergnügt.
»Der Senat hat dir einen Korb gegeben, Caesar«, sagte Marcus Crassus verwirrt, »du aber schnurrst vor Zufriedenheit!«
»Mein lieber Crassus, ich habe ganz genau gewußt, daß sie einer Amnestie für Sullas Proskribierte niemals zustimmen würden«, sagte Caesar lächelnd. »Zu viele wichtige Männer, die durch die Proskriptionen fett geworden sind, müßten dann alles zurückgeben. Das konnte niemals durchgehen. Es sah jedoch ganz danach aus, als ob es dem konservativen Block um Catulus gelingen könnte, auch die Amnestie für die Anhänger des Lepidus und Sertorius zu verhindern. Deshalb habe ich dafür gesorgt, daß diese Maßnahme im Vergleich zu einer Amnestie aller Proskribierten gemäßigt wirkte. Wenn du etwas durchsetzen willst und merkst, daß dir der Wind ins Gesicht bläst, dann mußt du viel weiter gehen, als du eigentlich willst, Marcus Crassus. Die Opposition regt sich dann so über deine Zusatzanträge auf, daß sie ganz aus den Augen verliert, daß sie eigentlich auch gegen den ursprünglichen Antrag war.«
Crassus grinste. »Caesar, du bist der geborene Politiker. Ich hoffe nur, daß deine Gegner deine Methoden nicht eines Tages durchschauen, sonst könnten sie dir das Leben ziemlich schwermachen.«
»Ich mache einfach gern Politik«, sagte Caesar.
»Du machst alles gern, was du tust, und setzt dich mit Leib und Seele dafür ein. Das ist dein Geheimnis. Und natürlich, daß du den nötigen Grips dafür hast.«
»Schmeichle mir nicht, Crassus, so groß ist mein Kopf nun auch wieder nicht«, antwortete Caesar.
»Er ist zu groß, wenn du mich fragst«, sagte Crassus lachend.
»Und du solltest in deinem Umgang mit den Frauen anderer Männer auch etwas diskreter sein, wenigstens was die nähere Zukunft betrifft. Wie ich höre, wollen unsere neuen Zensoren sich den Senatorenlisten mit derselben Sorgfalt widmen, wie ein übereifriges Kindermädchen nach Läusen sucht.«
Es gab zum ersten Mal wieder Zensoren, seit Sulla das Amt von der Liste der Magistrate gestrichen hatte. Und sie waren ein seltsames Paar, die Zensoren Gnaeus Cornelius Lentulus Clodianus und Lucius Gellius Poplicola. Jeder wußte, daß sie Pompeius’ Kreaturen waren, aber als Pompeius sie im Senat für das Amt vorgeschlagen hatte, waren alle geeigneteren Kandidaten — Catulus und Metellus Pius, Vatia Isauricus und Curio — von ihrer Kandidatur zurückgetreten und hatten Clodianus und Gellius das Feld überlassen.
Crassus’ Prophezeiung erwies sich als richtig: Normalerweise vergaben die Zensoren zuerst alle Staatsaufträge, aber Clodianus und Gellius verteilten lediglich die heiligen Ämter, wie etwa das Füttern der Gänse und Hühner des Kapitols. Danach widmeten sie sich sofort der Säuberung des Senats. Das Ergebnis wurde auf einer speziellen contio verlesen, die sie auf dem Forum Romanum von der Rostra aus einberufen hatten, und es war eine ungeheure Sensation. Nicht weniger als vierundsechzig Senatoren wurden aus dem Senat entfernt, zumeist, weil sie im Verdacht standen, als Geschworene Bestechungsgelder angenommen oder bezahlt zu haben. Viele Geschworene aus dem Prozeß gegen Statius Albius Oppicianus waren betroffen, und auch Cluentius, der Stiefsohn des Oppicianus, der bei dem Prozeß als Ankläger fungiert hatte, wurde degradiert. Viel aufsehenerregender war jedoch die Tatsache, daß
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