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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Auftrag erhalten, die Stadt dem Erdboden gleichzumachen, und er kam diesem Auftrag mit derselben unnachgiebigen und unspektakulären Effizienz nach, die ihn schon viele gefährliche Situationen erfolgreich hatte meistern lassen.
    Sulla hatte in Veii die unter seinem Kommando verbliebenen fünf Legionen zwischen sich und Publius Servilius Vatia aufgeteilt. Vatia war mit zwei Legionen in das etrurische Küstenland marschiert, während Sulla und der ältere Dolabella mit den restlichen drei Legionen auf der Via Cassia in Richtung auf das weiter im Landesinneren gelegene Clusium vorgerückt waren. Es war Anfang Mai, und Sulla war mit dem, was er bisher erreicht hatte, sehr zufrieden. Wenn Metellus Pius sich ähnlich gut geschlagen hatte, dann standen die Chancen nicht schlecht, daß Sulla bis zum Herbst ganz Italien und das italische Gallien beherrschte.
    Aber wie war es Metellus Pius und seinen Legionen ergangen? Sulla hatte, seit er auf der Via Cassia unterwegs war, kaum etwas von Metellus gehört. Doch Metellus war sein treuester Anhänger, Sulla hatte großes Vertrauen in seine Fähigkeiten — und er war sehr neugierig zu hören, wie es Pompeius Magnus ergangen war. Nicht zufällig hatte er Metellus Pius das Kommando über den größeren Teil seiner Armee und Pompeius Magnus den Befehl über fünftausend Reitersoldaten übertragen, für die er bei seinen Aktionen im dichter besiedelten und ziemlich bergigen Landesinneren kaum Verwendung haben würde.

    Metellus Pius war mit zwei seiner Legionen (unter dem Befehl seines Legaten Varro Lucullus), sechs ehemaligen Legionen des Scipio, den drei von Pompeius ausgehobenen Legionen und jenen fünftausend berittenen Soldaten, die Sulla Pompeius’ Oberbefehl unterstellt hatte, an die Küste des Adriatischen Meers gezogen.
    Natürlich war Varro der Sabiner mit Pompeius unterwegs. Pompeius fand in ihm einen willigen und freundlichen Zuhörer und zudem einen willigen und freundlichen Chronisten für seine Gedanken.
    »Ich muß mir Crassus gewogen stimmen«, sagte Pompeius auf ihrem Weg durch das Picenum. »Metellus Pius und Lucullus sind harmlos — und außerdem mag ich sie. Aber Crassus ist ein unzivilisierter Rohling und beiden weit überlegen. Ich muß ihn auf meiner Seite haben.«
    »Der Winter mit Sulla hat dich ja doch etwas gelehrt«, sagte Varro, der auf einem kleinen Pferd ritt, und warf dem neben ihm auf seinem weißen Staatspferd reitenden Pompeius einen erstaunten Blick zu. »Es überrascht mich, daß du davon sprichst, dir einen Mann gewogen zu stimmen — außer Sulla natürlich.«
    »Ja, ich habe etwas gelernt«, gestand Pompeius großmütig ein. Er sah Varro mit aufrichtiger Zuneigung an, dann lachte er. »Ach hör doch auf, Varro! Ich weiß zwar, daß ich auf dem besten Wege bin, Sullas wertvollster Gehilfe zu werden. Aber genauso bin ich in der Lage zu verstehen, daß Sulla auch andere Männer braucht. Doch vielleicht hast du ja recht«, fuhr er nachdenklich fort, »es ist das erste Mal, daß ich nicht unter dem Kommando meines Vaters kämpfe. Mein Vater war zwar ein großartiger Soldat, aber ihn interessierten nur seine Landgüter. Sulla ist anders.«
    »Inwiefern?« Varro war neugierig geworden.
    »Sulla liegt an den meisten Dingen herzlich wenig, und das schließt auch uns ein, die er seine Legaten oder Bundesgenossen oder wie auch immer es ihm gerade beliebt nennt. Selbst Rom ist ihm gleichgültig. Materielle Dinge, Geld, Ländereien — selbst die Größe seiner auctoritas oder sein öffentliches Ansehen, das alles bewegt ihn nicht.«
    »Was aber dann?« rief Varro aus, der fasziniert war, einen Pompeius zu erleben, der weiter sah als er selbst.
    »Vielleicht nichts außer seiner dignitas«, antwortete Pompeius.
    Varro dachte lange darüber nach. Hatte Pompeius recht? Dignitas! Die am wenigsten faßbare Eigenschaft, die einen römischen Aristokraten ausmachte. Auctoritas beschrieb die Macht eines Mannes, seinen öffentlichen Einfluß, seine Fähigkeit, die Meinung der Massen zu beeinflussen und die öffentlichen Organe, vom Senat bis hin zum Schatzamt, zu steuern.
    Dignitas war etwas anderes, war einerseits zutiefst persönlich, berührte aber auch alle Aspekte des öffentlichen Lebens eines Mannes. So schwer zu fassen! Aus diesem Grunde gab es ja auch ein Wort dafür. Dignitas war... Die äußere Ehre eines Mannes... ? Sein Ruhm? Dignitas vereinte in sich alles, was einen Mann ausmachte, es war die Summe seines persönlichen Stolzes, seiner

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