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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Priester, die am vierten Tag des April Trompete blasend, aus selbst beigefügten Wunden blutend und mit dem Bildnis der Großen Mutter um den Hals durch die Straßen Roms zogen und um Almosen baten.
    Die eigentlichen Spiele paßten besser zu Rom. Sie dauerten sechs Tage, vom vierten bis zum zehnten Tag des April. Am ersten Tag fand die Prozession statt, danach eine Zeremonie im Tempel der Magna Mater, und zuletzt wurden noch ein paar Gladiatorenkämpfe im Circus Maximus abgehalten. Die folgenden vier Tage waren theatralischen Veranstaltungen gewidmet, die in mehreren, eigens zu diesem Zweck errichteten provisorischen Holzbauten dargeboten wurden, während am letzten Tag die Prozession der Götter durchgeführt wurde, vom Kapitol hinunter zum Circus, wo anschließend stundenlange Wagenrennen die Gemüter der Zuschauer erhitzten.
    Als der Erstgewählte der beiden kurulischen Ädilen führte Caesar am ersten Tag die Aufsicht über die Feierlichkeiten, und er brachte der Großen Mutter ein seltsam unblutiges Opfer dar, wenn man bedachte, was für eine blutdürstige Dame Kubaba Kybele war: eine Schüssel mit Kräutern.
    Manche Leute nannten diese Spiele patrizische Spiele, denn am ersten Abend feierten die Patrizierfamilien miteinander, und dabei wurde sorgsam auf rein patrizische Gästelisten geachtet. Es wurde als gutes Omen gewertet, wenn der kurulische Ädil, der das Opfer darbrachte, ein Patrizier wie Caesar war. Bibulus war Plebejer und fühlte sich an diesem Eröffnungstag ausgeschlossen; Caesar hatte die Sondertribüne auf den Stufen des Tempels ausschließlich mit Patriziern besetzen lassen, und die größte Ehre wurde dabei den Claudii Pulchri zuteil, standen sie doch zu der Präsenz der Magna Mater in Rom in besonders enger Beziehung.
    Auch wenn die veranstaltenden Ädilen und die offiziellen Teilnehmer am ersten Tag nicht in den Circus Maximus hinabstiegen, sondern von den Stufen des Magna-Mater-Tempels aus zusahen, hatte Caesar beschlossen, unten im Circus ein besonderes Schauspiel zu bieten und die Menge, die der blutigen Prozession gefolgt war, nicht mit den üblichen Faustkämpfen und Wettläufen zu unterhalten. Für ein Wagenrennen war nicht genug Zeit. Deshalb hatte Caesar den Tiber angezapft und einen Kanal quer über das Forum Boarium angelegt, um einen Fluß mitten durch den Circus fließen zu lassen. Auf diese Weise war die spina zur Tiberinsel geworden und teilte diesen spektakulären Wasserlauf. Während die Menge ihre Begeisterung durch vielerlei Rufe kundtat, ließ Caesar den Kraftakt der Vestalin Claudia nachstellen: Sie zog den Kahn vom Ende des Forum Boarium, wo am letzten Tag die Torbögen für den Start der Rennwagen errichtet werden würden, einmal ganz um die spina herum, um ihn dann vor dem großen Stadiontor vor Anker zu legen. Der Kahn glitzerte golden, seine bestickten Segel bauschten sich im Wind; auf dem Deck hatten sich alle Eunuchenpriester um die glatte, schwarze Kugel versammelt, die den Nabelstein symbolisieren sollte, während hoch oben auf dem Heck die Statue der Magna Mater auf ihrem Streitwagen stand, der von zwei absolut naturgetreuen Löwen gezogen wurde. Caesar hatte nicht etwa einen kräftigen Mann in die Gewänder der Vestalin Claudia gesteckt — die Rolle wurde von einer zierlichen, schönen Frau gespielt, und die Männer, die bis zu den Hüften im Wasser wateten und das Schiff anschoben, hatte er unter einem falschen, mit Goldbronze bemalten Rumpf versteckt.
    Nach dem dreistündigen Schauspiel gingen die Leute begeistert nach Hause. Caesar stand mitten unter entzückten Patriziern und nahm ihre überschwenglichen Komplimente für seine Phantasie und seinen guten Geschmack entgegen. Bibulus nahm es zum Anlaß, sich still und leise davonzuschleichen, weil sich ohnehin kein Mensch um ihn kümmerte.
    Nicht weniger als zehn hölzerne Theater hatte Caesar zwischen dem Marsfeld und dem Stadiontor errichten lassen, in das größte paßten zehntausend Menschen, das kleinste faßte noch fünfhundert. Und statt sie wie Provisorien aussehen zu lassen, die sie ja schließlich waren, hatte Caesar darauf bestanden, sie streichen, dekorieren und vergolden zu lassen. In den größeren Theatern kamen Farcen und Pantomimen zur Aufführung, die Stücke von Terenz und Plautus und Ennius in den kleineren, die Dramen von Sophokles und Aischylos im allerkleinsten, sehr griechisch aussehenden Auditorium. Für jeden Theatergeschmack war etwas geboten. Vom frühen Morgen bis zum Einbruch der

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