MoR 04 - Caesars Frauen
lieben, denn Caesar hatte nie Freude an einem Gefühl wie der Liebe gehabt, nicht einmal an seiner Liebe zu Cinnilla und zu diesem bezaubernden Wildfang in seinen Armen. Liebe machte ihn verwundbar, und er haßte es, verwundbar zu sein.
Plötzlich sprang sie von der Speiseliege herunter und stürzte aus dem Zimmer; aus der Entfernung hörte er, wie sie Aurelia zurief: »Avia, avia, ich werde meinen Freund Brutus heiraten! Ist das nicht großartig? Ist das keine gute Neuigkeit?«
Und dann kam ihr langgezogenes Schluchzen, bevor sie in Tränen ausbrach. Caesar hörte, wie seine Tochter weinte, als sei ihr Herz gebrochen, und doch war er sich nicht sicher, ob sie vor Freude oder vor Schmerz weinte. Er trat gerade hinaus in das Vestibül, als Aurelia das Kind, das sein Gesicht in ihrer Seite vergraben hatte, zu ihrem Alkoven führte.
Seine Mutter wirkte völlig unbeeindruckt. »Ich wünschte«, sagte sie in seiner Richtung, »weibliche Wesen würden lernen zu lachen, wenn sie glücklich sind! Aber die meisten von ihnen weinen. Auch Julia.«
Das Glück scheint Gnaeus Pompeius Magnus nicht verlassen zu haben, dachte Caesar Anfang Dezember und lächelte in sich hinein. Der Große hatte angedeutet, daß er beabsichtigte, der Bedrohung durch die Piraten ein Ende zu machen, und als im Hafen von Ostia die sizilianische Getreideernte eintraf, beschloß Fortuna, ihm gehorsamst ein weiteres Mal die Hand zu reichen. In Ostia löschten die Frachtschiffe ihr kostbares Ladegut aus den tiefen Laderäumen auf Lastkähne, die es auf dem letzten Stück der Reise, den Tiber hinauf, zu den Silos im Hafen von Rom schafften. Dort erst war es endgültig in Sicherheit.
Mehrere hundert Schiffe liefen auf Ostia zu, um dann feststellen zu müssen, daß keine Lastkähne auf sie warteten; der für Ostia zuständige Quästor hatte sich in der zeitlichen Koordination geirrt und den Lastkähnen eine Extrareise gestattet — den Tiber aufwärts nach Tuder und Ocriculum, wo die Ernte aus dem Tibertal darauf wartete, flußabwärts nach Rom geschafft zu werden. Während die Kapitäne und die Getreidemagnaten tobten und der unglückselige Quästor hektisch herumlief, gab ein erboster Senat dem einzigen Konsul Quintus Marcius Rex den Auftrag, die Sache unverzüglich in Ordnung zu bringen.
Es war ein deprimierendes Jahr für Marcius Rex gewesen, dessen Kollege kurz nach dem Amtsantritt gestorben war. Der Senat hatte sofort einen Ersatzkonsul bestimmt, aber auch der war gestorben; es war ihm nicht vergönnt gewesen, auch nur ein einziges Mal auf dem kurulischen Sessel Platz zu nehmen. Eine eilige Konsultation der heiligen Bücher ergab, daß keine weiteren Schritte unternommen werden durften. Marcius Rex mußte allein regieren. Das hatte seinen Plan vereitelt, noch während des Konsulats in seine Provinz Cilicia zu reisen, die man ihm zugeschanzt hatte, nachdem es den Horden profitorientierter Ritter endlich gelungen war, sie Lucullus zu entreißen.
Und gerade jetzt, als Marcius Rex gehofft hatte, nach Cilicia aufbrechen zu können, mußte dieses Debakel mit dem Getreide in Ostia passieren. Schäumend vor Wut stellte er zwei Prätoren von ihren Gerichtshöfen in Rom frei und schickte sie auf dem schnellsten Weg nach Ostia, um die Dinge in Ordnung zu bringen. Sechs Liktoren in roten Tuniken, die Äxte in den Rutenbündeln, gingen Lucius Bellienus und Marcus Sextilius voraus. Und genau zur gleichen Zeit nahm im Tyrrhenischen Meer eine Piratenflotte mit mehr als hundert schlanken Kriegsgaleeren Kurs auf Ostia.
Als die beiden Prätoren eintrafen, stand bereits die halbe Stadt in Flammen, und die Piraten waren eifrig damit beschäftigt, die Mannschaften der vollbeladenen Getreideschiffe dazu zu zwingen, ihre Fahrzeuge wieder hinaus aufs Meer zu rudern. Von der Frechheit dieses Überfalls — wem wäre es im Traum eingefallen, daß Piraten einen Ort angreifen könnten, der nur ein paar Meilen vom mächtigen Rom entfernt liegt? — waren alle überrascht worden. Die nächsten Truppen befanden sich in Capua; die Miliz von Ostia war viel zu sehr vom Löschen des Feuers in Anspruch genommen, um über militärische Gegenmaßnahmen nachdenken zu können. Es war nicht einmal jemand auf die Idee gekommen, einen Boten mit der Bitte um Hilfe nach Rom zu schicken.
Keiner der beiden Prätoren zeichnete sich durch Entscheidungsfreudigkeit aus, und so standen sie beide konsterniert und orientierungslos in dem Durcheinander auf den Anlegeplätzen herum. Dort wurden sie
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