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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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säulenlosen Seite durch ein breites Vordach beschattet wurden.
    Zwar rief bereits das protzige Innere der Curia Pompeia einiges Naserümpfen hervor, doch der eigentliche Stein des Anstoßes war die Statue des Pompeius, die dieser an der Rückwand des kurulischen Podiums aufgestellt hatte. Sie zeigte ihn in Lebensgröße (weshalb sie keine Beleidigung der Götter darstellte), so, wie er zur Zeit seines ersten Konsulats vor zwanzig Jahren ausgesehen hatte: ein gut gebauter Mann von sechsunddreißig Jahren mit leuchtendem Goldschopf, glänzend blauen Augen und einem ernsten, runden und eindeutig unrömischen Gesicht. Der Bildhauer war der Beste seiner Zunft gewesen, ebenso der Maler, der Pompeius’ Haut, Haare, Augen und kastanienbraune Senatorenschuhe mit der halbmondförmigen Schnalle des Konsuls originalgetreu gemalt hatte. Nur die Toga und das, was von der Tunika zu sehen war, war im neuen Stil gehalten: nicht bemalt, sondern aus glänzend poliertem Marmor, weißem Marmor für den Stoff von Toga und Tunika, purpurrotem für den Saum der Toga und den Streifen an der Tunika. Da die Statue auf Veranlassung des Bauherrn auf einen vier Fuß hohen Sockel gestellt worden war, überragte Pompeius Magnus sämtliche Anwesenden und führte unbestritten den Vorsitz über jede in seinem Haus tagende Senatsversammlung. Welche Arroganz! Welch unerträgliche Hybris!
    Fast alle vierhundert in Rom anwesenden Senatoren strömten an den Kalenden des März zu der lang erwarteten Sitzung in die Curia Pompeia. Gaius Marcellus der Ältere hatte nicht unrecht, wenn er glaubte, Pompeius wolle den Senat zu Sitzungen in seiner Curia zwingen, weil der Senat deren Existenz ignoriert hatte, bis die Curia Hostilia abgebrannt war. Doch dachte Marcellus nicht daran, daß Sitzungen außerhalb der heiligen Stadtgrenze Pompeius auch ermöglichten, persönlich an ihnen teilzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, sein Imperium als Statthalter der spanischen Provinzen zu verlieren. Weil Pompeius’ Armee in Spanien stationiert war und er außerdem das Amt eines Verwalters der römischen Kornspeicher bekleidete, durfte er unmittelbar außerhalb von Rom wohnen und nach Belieben durch Italia reisen, was Statthaltern von Provinzen gewöhnlich auch verboten war.
    Die Morgendämmerung ließ den nächtlichen Himmel über dem Esquilin bereits verblassen, als die Senatoren nach und nach im Säulengarten eintrafen. Die meisten zogen es vor, hier bis zum Erscheinen des die Sitzung eröffnenden Konsuls Lucius Aemilius Lepidus Paullus zu verweilen. Je nach politischer Zugehörigkeit standen sie in kleinen Gruppen zusammen, in denen lebhafter als sonst zu dieser frühen Tageszeit diskutiert wurde; an diesem Tag sollten wichtige Beschlüsse gefaßt werden, und entsprechend hoch waren die Erwartungen. Jeder wollte dabeisein, wenn Caesar gestürzt wurde, und davon, daß Caesar, der Held des Volkes, heute stürzen würde, waren alle überzeugt.
    In der rückwärtigen Kolonnade unmittelbar vor dem Eingangsportal der Curia Pompeia standen die Anführer der boni: Cato, Ahenobarbus, Metellus Scipio, Marcus Marcellus (der zweite Konsul des vergangenen Jahres), Appius Claudius, Lentulus Spinther, Gaius Marcellus der Ältere (der zweite Konsul dieses Jahres), Gaius Marcellus der Jüngere (der voraussichtliche Konsul des nächsten Jahres), Faustus Sulla, Brutus sowie zwei Volkstribunen.
    »Ein großer, wichtiger Tag!« bellte Cato.
    »Der Anfang vom Ende Caesars«, fügte Lucius Domitius strahlend hinzu.
    »Aber er hat Anhänger«, wagte Brutus schüchtern einzuwenden. »Dort drüben stecken Lucius Piso, Philippus, Lepidus, Vatia Isauricus, Messalla Rufus und Rabirius Postumus die Köpfe zusammen. Sie wirken recht zuversichtlich.«
    »Pöbel!« schnaubte Marcus Marcellus verächtlich.
    »Aber wie werden die Hinterbänkler abstimmen?« gab Appius Claudius zu bedenken, der aufgrund des gegen ihn laufenden Prozesses angespannt wirkte.
    »Für uns werden mehr stimmen als für Caesar«, sagte Metellus Scipio siegesgewiß.
    In diesem Moment erschien der erste Konsul Paullus hinter seinen Liktoren und betrat die Curia Pompeia. Die Senatoren folgten ihm in Begleitung ihrer Diener, die ihre Klappstühle trugen; einige hatten auch Schreiber mitgebracht, um die historische Sitzung für sich zu protokollieren.
    Die Gebete wurden gesprochen, das Opfer gebracht, die Vorzeichen für günstig erachtet. Die Mitglieder des Hohen Hauses ließen sich auf ihren Stühlen nieder, die kurulischen Magistrate

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