Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
Karriere dieses Gaius Julius Caesar zieht«, fuhr Gaius Marcellus fort. »Seine Familie ist so vornehm, daß er sich allen Ernstes über Recht und Gesetz, über die Grundsätze des mos maiorum erhaben dünkt. Dieser Mann ist ein zweiter Lucius Cornelius Sulla. Kraft seiner Geburt, seiner Intelligenz und seiner Fähigkeiten kann er sein, was er will. Nun, wir alle wissen, was mit Sulla geschah und was unter Sulla mit Rom geschah. Es dauerte über zwei Dekaden, bis der Schaden behoben war. Man denke nur an die Menschenleben, die er auf dem Gewissen hat, die Demütigungen, die er uns zufügte, die unumschränkte Macht, die er an sich riß und schamlos ausnutzte. Ich behaupte nicht, Caesar habe sich bewußt Lucius Cornelius Sulla zum Vorbild genommen, denn ich kann mir nicht vorstellen, daß die Männer dieser alten Patrizierfamilie so denken. Vielmehr habe ich den Eindruck, die Julier glauben, sie seien den von ihnen aufrichtig verehrten Göttern beinahe ebenbürtig, und ihrer Frechheit oder ihrem Einfallsreichtum bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche seien keine Grenzen gesetzt.«
    Er holte tief Luft und starrte Caesars jüngsten Onkel Lucius Aurelius Cotta an, der während der Jahre von Caesars Prokonsulat stets unparteiisch geblieben war.
    »Wie ihr alle wißt, will Caesar für das nächste Konsulat kandidieren. Wie ihr alle wißt, hat dieses Haus Caesar die Erlaubnis verweigert, dies in absentia zu tun. Um seine Kandidatur anzumelden, muß er also das pomerium überschreiten, muß er die Stadt betreten, und sobald er das tut, verliert er sein Imperium. Dann aber wird er von mir und einigen anderen heute hier Anwesenden sofort wegen zahlreicher widerrechtlicher Handlungen angeklagt. Denn es geht um Hochverrat, eingeschriebene Väter! Unrechtmäßige Rekrutierung von Legionen, Einmarsch in nichtkriegführende Länder, Verleihung des Bürgerrechts an Unberechtigte und Gründung sogenannter römischer Kolonien mit ihnen, Ermordung von Botschaftern, die in gutem Glauben kamen — das alles ist Hochverrat! Caesar wird sich also wegen vieler Anklagen vor Gericht verantworten müssen, und er wird verurteilt werden. Auf dem Forum Romanum werden mehr Soldaten sein, als Gnaeus Pompeius dort beim Prozeß gegen Milo hat aufmarschieren lassen. Caesar wird seiner gerechten Strafe nicht entgehen. Das wißt ihr alle. Deshalb überlegt genau, wie ihr euch entscheidet. Ich werde beantragen, Gaius Julius Caesar sein Imperium, seine Provinzen und seine Armee wegzunehmen. Der Senat soll darüber per discessionem — durch Hammelsprung — abstimmen. Ferner beantrage ich, Caesar die prokonsularische Macht, das prokonsularische Imperium und sämtliche Titel vom heutigen Tag an, den Kalenden des März im Jahr des Konsulats von Lucius Aemilius Lepidus Paullus und Gaius Claudius Marcellus, zu entziehen.«
    Curio rührte sich nicht, sondern saß weiter zurückgelehnt und mit ausgestreckten Beinen auf seinem Platz. »Ich lege ein Veto gegen deinen Antrag ein, Gaius Marcellus«, sagte er.
    Fast vierhundert Senatoren holten zur gleichen Zeit entsetzt Luft, und unmittelbar darauf begann ein Rascheln, Murmeln und Stühlescharren. Ein oder zwei Senatoren klatschten Beifall.
    Pompeius hatte die Augen aufgerissen, Ahenobarbus war ein erstaunter Schrei entfahren, und Cato war sprachlos. Als erster erholte sich Gaius Marcellus.
    »Ich beantrage, Gaius Julius Caesar sein Imperium, seine Provinzen und seine Armee am heutigen Tag, den Kalenden des März im Jahr des Konsulats von Lucius Aemilius Lepidus Paullus und Gaius Claudius Marcellus, abzuerkennen«, sagte er laut.
    »Veto«, wiederholte Curio.
    Eine Pause trat ein, in der alle wie erstarrt auf ihren Plätzen saßen. Sämtliche Augen waren auf Curio gerichtet, dessen Gesicht nur vom kurulischen Podium aus nicht zu sehen war.
    Dann sprang Cato auf. »Verräter!« brüllte er. »Verräter, Verräter, Verräter! Verhaftet ihn!«
    »Unsinn!« rigf Curio. Er stand auf, trat einige Schritte vor und blieb breitbeinig und erhobenen Kopfes stehen. »Das ist doch Unsinn, Cato, und das weißt du selbst! Was du mit deinen Kumpanen verabschiedet hast, war nicht rechtskräftig und entsprach in keiner Weise der Verfassung! Solange nicht Kriegsrecht herrscht, kann kein Senatsbeschluß einen ordnungsgemäß gewählten Volkstribunen seines Vetorechts berauben! Ich lege ein Veto gegen den Antrag des zweiten Konsuls ein und bleibe dabei! Das ist mein Recht! Erzähle mir nicht, du könntest mich vor ein Schnellgericht

Weitere Kostenlose Bücher