MoR 05 - Rubikon
Begrüßung versammelte. Zum Empfangskomitee gehörte auch der zweite Konsul jenes Jahres, Lucius Marcius Philippus. Als Genußmensch und Epikureer verkörperte er all die Eigenschaften, die Cato am meisten verachtete. Trotzdem nahm Cato, nachdem er persönlich den Transport der zweitausend Kisten ins Schatzamt neben dem Saturntempel überwacht hatte, Philippus’ Einladung zum Essen an.
»Die Senatoren bewundern dich, mein lieber Cato«, begrüßte Philippus ihn an der Tür. »Sie wollen ein offizielles Dankfest feiern und dir alle möglichen Ehrungen zuteil werden lassen. So sollst du unter anderem das Recht bekommen, bei öffentlichen Anlässen die toga praetexta zu tragen.«
»Nein!« entgegnete Cato barsch. »Ich nehme keine Ehrungen dafür an, daß ich nur meine Pflicht erfüllt habe, also mache dir bitte nicht die Mühe, irgendwelche Ehrungen zu beantragen oder darüber abstimmen zu lassen. Das einzige, worum ich bitte, ist, dem Sklaven Nicias, der Verwalter bei Ptolemaios von Zypern war, die Freiheit zu schenken und das römische Bürgerrecht zu gewähren, denn ohne seine Hilfe hätte ich meine Aufgabe nicht erfolgreich durchführen können.«
Philippus, ein schöner, dunkelhaariger Mann, sah ihn überrascht an, machte jedoch keine Einwände. Er führte Cato in sein geschmackvoll eingerichtetes Eßzimmer, wo er ihm den Ehrenplatz auf seinem Sofa anbot und seine beiden Söhne vorstellte. Der junge Lucius war sechsundzwanzig, genauso dunkel wie sein Vater und noch schöner, der dreiundzwanzigjährige Quintus dagegen war weniger attraktiv.
Dem Sofa, auf dem Philippus und Cato lagen, gegenüber und von ihm durch den niedrigen, für die Speisen bestimmten Tisch getrennt, standen zwei Stühle.
»Vielleicht weißt du noch nicht, daß ich vor kurzem wieder geheiratet habe«, sagte Philippus.
»Tatsächlich?« fragte Cato schlechtgelaunt. Er haßte gesellschaftliche Pflichtessen, an denen stets nur Leute teilzunehmen schienen, mit denen er politisch und philosophisch nicht das geringste gemein hatte.
»Ja, Atia, die Witwe meines lieben Freundes Gaius Octavius.«
»Atia... Wer ist denn das?«
Philippus lachte herzhaft, und seine beiden Söhne grinsten. »Also wirklich, Cato. Wenn eine Frau weder eine Porcia noch eine Domitia ist, kennst du sie nicht! Atia ist die Tochter des Marcus Atius Balbus aus Aricia und der jüngeren der beiden Schwestern des Gaius Caesar.«
Cato spürte, wie sich die Haut an seinem Kinn spannte, und rang sich ein gequältes Lächeln ab. »Also Caesars Nichte.«
»Genau, Caesars Nichte.«
Cato bemühte sich, höflich zu bleiben. »Und für wen ist der andere Stuhl bestimmt?«
»Für meine einzige Tochter Marcia, mein jüngstes Kind.«
»Die offenbar noch nicht im heiratsfähigen Alter ist.«
»Doch, sie ist sogar schon achtzehn. Sie war mit Publius Cornelius Lentulus verlobt, aber er ist gestorben. Ich habe mich noch nicht für einen anderen Mann entschieden.«
»Hat Ada von Gaius Octavius Kinder?«
»Ja, zwei, ein Mädchen und einen Jungen, und noch eine Stieftochter, das Kind von Octavius und einer Ancharia.«
In diesem Augenblick erschienen die beiden Frauen, beide schön, wenn auch in gegensätzlicher Weise. Atia war eine typische Julia mit goldblonden Haaren und blauen Augen. Sie hatte große Ähnlichkeit mit der Frau des Gaius Marius und bewegte sich mit auffallender Anmut. Marcia dagegen war schwarzhaarig und dunkeläugig und ähnelte sehr ihrem älteren Bruder, der die Frau seines Vaters unverwandt ansah, was Cato allerdings nicht bemerkte.
Er bemerkte es nicht, weil er seinerseits den Blick nicht von Philippus’ Tochter abwenden konnte, die ihm gegenüber auf einem ungepolsterten Stuhl saß, die Hände im Schoß gefaltet, und seinen Blick mit derselben Intensität erwiderte.
Sie sahen sich an und verliebten sich, was beide nicht für möglich gehalten hätten. Marcia erkannte, was passiert war, Cato nicht.
Sie lächelte ihn an, wobei sie eine Reihe blendend weißer Zähne entblößte. »Was für eine großartige Leistung du vollbracht hast, Marcus Cato«, sagte sie, als der erste Gang aufgetragen wurde.
Unter normalen Umständen hätte Cato die Speisen verschmäht, auf die Marcias Vater beträchtliche Aufmerksamkeit verwandt hatte: gefüllte Babytintenfische, Wachteleier, große, aus dem fernen Spanien importierte Oliven, geräucherte Babyaale, lebende Austern, die in Wasserkarren aus Baiae geliefert worden waren, Krebse ebenfalls aus Baiae, kleine Garnelen in
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