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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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nicht, um ihm einen Gefallen zu tun.«
    »Aber er glaubt es. Ich komme gerade von seinem Krankenbett.«
    »Also meinetwegen, dann gehe ich zu ihm. Du kannst mich ja begleiten.« Cato stand auf.
    »Eigentlich müßte ich nach Hause«, meinte Brutus zaghaft. »Mutter will bestimmt, daß ich ihr von der Sitzung erzähle.«
    Die blutunterlaufenen und verquollenen grauen Augen funkelten. »Begleite mich ruhig. Meine Halbschwester versteht nichts von Politik. Erzähle ihr nicht Dinge, die sie unweigerlich falsch auslegen und wahrscheinlich sofort haarklein ihrem Liebhaber Caesar schreiben wird.«
    Brutus gab einen eigentümlichen Laut von sich. »Caesar ist schon viele Jahre fort, Onkel Cato.«
    Cato sah ihn an. »Verstehe ich dich richtig, Brutus?«
    »Ja. Sie hat ein Verhältnis mit Lucius Pontius Aquila.«
    »Mit wem?«
    »Du hast richtig gehört.«
    »Aber er könnte ihr Sohn sein!«
    »Allerdings«, sagte Brutus trocken, »er ist drei Jahre jünger als ich. Aber das schreckt sie nicht ab. Es ist ein unglaublicher Skandal — zumindest, wenn es sich herumspricht.«
    »Dann wollen wir hoffen, daß es sich nicht herumspricht.« Cato öffnete die Haustür. »Immerhin hat sie es geschafft, daß Caesar jahrelang ein gut gehütetes Geheimnis blieb.«
    Das Haus des Quintus Hortensius Hortalus war eines der schönsten und größten auf dem Palatin. Es stand auf der früher weniger gefragten Seite des Hügels mit Blick auf Vallis Murcia, Circus Maximus und Aventin und verfügte neben dem Säulengarten über weitere Gärten, geschmückt mit großen Marmorbecken, in denen sich Hortensius’ geliebte Fische tummelten.
    Cato hatte Hortensius’ Haus seit dessen Hochzeit mit Marcia nicht mehr betreten; die ständigen Essenseinladungen schlug er ebenso aus wie die Aufforderungen zu einem Besuch, um den Wein eines besonders guten Jahrgangs zu kosten. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn er bei einem dieser Besuche Marcia zu Gesicht bekäme!
    Nun allerdings ließ es sich nicht vermeiden. Hortensius mußte mittlerweile mindestens Anfang siebzig sein. Er hatte es aufgrund des jahrelangen Krieges zwischen Sulla und Carbo und der anschließenden Diktatur Sullas erst sehr spät zum Prätor und Konsul gebracht, und vielleicht lag es an dieser ärgerlichen Unterbrechung seiner politischen Laufbahn, daß er sich zunehmend dem Vergnügen hingegeben hatte. So hatte sein einst sprühender Geist schließlich in ständiger Umnebelung geendet.
    Als Cato und Brutus allerdings jetzt das große Atrium betraten, machte es bis auf ein paar Diener einen ausgestorbenen Eindruck. Auch als sie zum »Ruhegemach« geführt wurden, wie Hortensius sein Zimmer zu nennen pflegte, das wenig Ähnlichkeit mit einem Arbeitszimmer hatte, war nirgends eine Spur von Marcia zu sehen. Die Wände des Zimmers waren mit auffallenden Fresken geschmückt, Kopien von Wandgemälden aus dem zerstörten Palast König Minos’ in Kreta. Kurzberockte Männer mit Wespentaillen und Frauen mit langen, schwarzen Locken sprangen erstaunlich friedlichen Stieren auf den Rücken und turnten akrobatisch auf deren gebogenen Hörnern. Alles war in Blau-, Braun-, Weiß-, Schwarz-- und Gelbtönen gehalten. Hortensius’ Geschmack war in jeder Hinsicht erlesen. Was für einen Genuß mußte ihm Marcia bereitet haben!
    Das Zimmer stank nach Alter, Exkrementen und jenem undefinierbaren Geruch, der den bevorstehenden Tod ankündigt. Auf einem großen Bett, das im ägyptischen Stil in den Blau-- und Gelbtönen der Wandgemälde lackiert war, lag Quintus Hortensius Hortalus, einstmals unumstrittener Herr der Gerichte.
    Die eingeschrumpfte Gestalt glich einer ägyptischen Mumie, wie Herodot sie beschrieben hatte: haarlos, ausgetrocknet, die Haut wie Pergament. Die wäßrigen Augen erkannten Cato freilich sofort. Hortensius streckte eine mit Leberflecken übersäte Hand aus und umklammerte Catos Hand mit erstaunlicher Kraft.
    »Ich sterbe«, sagte er kläglich.
    »Das müssen wir alle«, entgegnete der Meister des Taktgefühls.
    »Ich habe solche Angst!«
    »Warum?« fragte Cato verständnislos.
    »Wenn die Griechen nun recht haben und mich schreckliche Qualen erwarten?«
    »Du meinst, das Schicksal von Sisyphus oder Ixion?«
    Hortensius entblößte sein zahnloses Zahnfleisch. »Ich tauge nicht dazu, Felsbrocken einen Berg hinauf zu wälzen.« Seinen Humor hatte er offenbar noch nicht ganz verloren.
    »Sisyphus und Ixion haben die Götter beleidigt, Hortensius, du hast nur Menschen beleidigt.

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