MoR 05 - Rubikon
Dafür kommt man nicht in den Tartarus.«
»Nein? Meinst du nicht, die Götter erwarten, daß wir die Menschen genauso behandeln wie sie?«
»Menschen sind keine Götter, deshalb heißt die Antwort darauf nein.«
»Der Wagen der Seele wird bei allen Menschen von einem schwarzen und einem weißen Pferd gezogen«, fügte Brutus tröstend hinzu.
Hortensius kicherte. »Meine Pferde waren beide schwarz, Brutus.« Er sah wieder Cato an, der sich vom Bett entfernt hatte. »Ich wollte dich sehen, um dir zu danken.«
»Mir danken? Wofür?«
»Für Marcia, die mir mehr Glück geschenkt hat, als ein alter, sündiger Mensch verdient. Sie war die pflichtbewußteste und aufmerksamste Ehefrau, die man sich wünschen kann... « Seine Augen wanderten unstet durch das Zimmer. »Ich war mit Lutatia verheiratet, Catulus’ Schwester, du weißt schon. Oder weißt du es nicht? Die Mutter meiner Kinder... Sie war sehr energisch, sehr starrsinnig, geradezu gefühllos. Meine Fische... Sie konnte meine schönen Fische nicht leiden... Ich konnte ihr nie die Freude vermitteln, die ich beim Anblick dieser so friedlich und elegant durchs Wasser gleitenden Tiere empfand... Marcia hingegen hat meine Fische auch gerne angesehen. Wahrscheinlich tut sie es immer noch. Gestern hat sie mir in einem Glas Paris gebracht, meinen Lieblingsfisch... «
Doch Cato hatte jetzt genug. Anstandshalber beugte er sich noch zu Hortensius und küßte dessen dürre Lippen. »Ich muß gehen, Quintus Hortensius.« Er richtete sich wieder auf. »Du brauchst den Tod nicht zu fürchten, er ist eine Gnade. Manchmal ist er dem Leben vorzuziehen. Er ist angenehm, davon bin ich überzeugt, auch wenn sein Eintreten qualvoll sein kann. Wir tun, was von uns verlangt wird, und dann finden wir unseren Frieden. Aber sorge dafür, daß dein Sohn bei dir ist und dir die Hand hält. Niemand sollte allein sterben.«
»Ich würde lieber deine Hand halten«, sagte Hortensius. »Du bist der größte aller Römer.«
»Dann werde ich deine Hand halten, wenn es soweit ist.«
Curios Beliebtheit auf dem Forum wuchs in dem Maße, wie seine Beliebtheit im Senat zurückging. Er zog sein Veto nicht zurück, erst recht nicht, nachdem er den Senatoren einen Brief Caesars vorgelesen hatte, in dem dieser sich bereit erklärte, auf sein Imperium, seine Provinzen und seine Armee zu verzichten, vorausgesetzt, Pompeius der Große verzichtete ebenfalls auf sein Imperium, seine Provinzen und seine Armee. Pompeius blieb daraufhin nichts anderes übrig, als zu erklären, Caesars Forderung sei unzumutbar und er könne unmöglich einem Mann, der sich dem Senat und dem Volk von Rom widersetze, Zugeständnisse machen.
Daraufhin konnte Curio behaupten, daß in Wirklichkeit Pompeius den Umsturz plane — Caesar seinerseits sei ja bereit, sich wie ein treuer Diener des Staates zu verhalten. Überhaupt, was für Pläne hätte Caesar denn haben sollen?
»Caesar will die Republik stürzen und König von Rom werden!« schrie Cato, über die Maßen gereizt. »Er wird mit seiner Armee nach Rom marschieren!«
»Quatsch!« spottete Curio. »Du solltest dir wegen Pompeius Sorgen machen, nicht wegen Caesar. Caesar ist bereit zurückzutreten, Pompeius nicht. Wer plant also einen Staatsstreich? Na also, Pompeius natürlich!«
So verging eine Senatssitzung nach der anderen. Der März neigte sich dem Ende zu, der April verstrich, und Curio blieb bei seinem Veto, ohne sich von wütenden Prozeß- oder Morddrohungen einschüchtern zu lassen. Überall wurde ihm begeistert zugejubelt, so daß niemand wagte, ihn festzunehmen, geschweige denn ihn wegen Hochverrats anzuklagen. Er war ein Held geworden. Pompeius galt zunehmend als Schurke und die boni als Haufen scheinheiliger Neider, Caesar dagegen als Opfer einer Verschwörung der boni , die Pompeius zum Diktator Roms machen wollten.
Voller Zorn über diesen Wandel der öffentlichen Meinung schrieb Cato fast täglich ratsuchend an Bibulus in Syrien, doch erst am letzten Tag des April erhielt er Antwort.
Cato, mein lieber Schwiegervater und noch lieberer Freund, ich werde mir den Kopf zerbrechen und versuchen, einen Ausweg aus Deinem Dilemma zu finden, aber noch stehe ich unter dem Schock dessen, was hier geschehen ist. Meine Augen sind voller Tränen, und meine Gedanken kehren ständig zum Verlust meiner beiden Söhne zurück. Sie sind tot, Cato, ermordet in Alexandria.
Wie Du sicher weißt, starb letztes Jahr im Mai, eine ganze Weile vor meiner Ankunft in Syrien,
Weitere Kostenlose Bücher