MoR 05 - Rubikon
Caesars verabscheuungswürdigen Sieg hätte denken sollen? Warum verzehrte er sich vor Sehnsucht nach ihr und danach, sein Gesicht an ihrer Brust zu bergen und sie zu lieben, wenigstens für eine halbe Nacht? Warum ging er Athenodorus Cordylion und Statyllus aus dem Weg? Er goß unverdünnten Wein in einen großen Becher und trank ihn in einem Zug. Das Schlimmste war, daß er seit der Trennung von Marcia so viel trank und daß der Wein nie schnell genug wirkte, um den Schmerz zu betäuben.
Polternd schlug jemand gegen die Haustür. Cato zog den Kopf zwischen die Schultern und versuchte, es zu überhören. Sollten doch Athenodorus Cordylion oder Statyllus oder einer der drei Diener aufmachen. Aber die Diener waren vermutlich in der Küche am hinteren Ende des Säulengartens, und die beiden Philosophen schmollten anscheinend, weil er vorhin gleich in sein Arbeitszimmer gegangen war und hinter sich abgeschlossen hatte. Cato stellte den Becher auf den Tisch und stand auf, um dem hartnäckigen Trommeln ein Ende zu machen.
»Ach du bist es, Brutus«, sagte er und hielt die Tür auf. »Ich nehme an, du willst zu mir.«
»Sonst wäre ich nicht hier, Onkel Cato.«
»Kannst du mich nicht in Ruhe lassen?«
»Es muß ein tolles Gefühl sein, als rücksichtsloser Grobian zu gelten«, sagte Brutus, während er das Arbeitszimmer betrat. »Was gäbe ich doch dafür, es dir gleichzutun.«
Cato grinste säuerlich. »Das würdest du bei deiner Mutter nicht wagen. Sie würde dir den Kopf abreißen.«
»Das hat sie schon vor Jahren getan.« Brutus goß sich Wein ein. Er sah sich vergeblich nach Wasser um, trank achselzuckend einen Schluck und v«rzog angewidert das Gesicht. »Du solltest wirklich den einen oder anderen Sesterz für anständigen Wein ausgeben.«
»Ich trinke nicht, um meinem Gaumen zu schmeicheln, ich will mich betrinken.« »Das ist ja der reinste Essig. Dein Magen muß ein faulender Käse sein.«
»Mein Magen ist in einem besseren Zustand als deiner, Brutus. Ich hatte mit dreiunddreißig keine Pickel. Mit achtzehn übrigens auch nicht.«
Brutus zuckte zusammen. »Kein Wunder, daß du die Wahlen zum Konsulat verloren hast.«
»Die Leute hören eben nicht gern die Wahrheit, was mich allerdings nicht davon abhalten kann, sie auch weiterhin zu sagen.«
»Das merke ich, Onkel Cato.«
»Was führt dich überhaupt hierher?«
»Das heutige Debakel in der Curia Pompeia.«
Cato grinste höhnisch. »Pah! Curio wird untergehen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Wieso nicht?«
»Weil er sein Veto begründet hat.«
»Jedes Veto läßt sich begründen. Curio war gekauft.«
Kein Wunder, dachte Brutus, daß ihnen ohne Bibulus nichts gelang. Zwar versuchte er, Bibulus zu vertreten, aber er scheiterte immer wieder kläglich, wie bei den meisten Dingen außer beim Geldverdienen. Und warum er ausgerechnet darin gut war, hätte er nicht sagen können.
Er versuchte es noch einmal. »Aber damit ist die Sache doch nicht erledigt. Ob Curio gekauft wurde oder nicht, ist unwichtig. Entscheidend ist der Grund seines Vetos. Wir haben Caesars Bitte um Gleichbehandlung mit Pompeius abgelehnt und Curio damit Munition verschafft.«
»Wir können Caesar doch nicht genauso behandeln wie Pompeius. Ich hasse Pompeius zwar, aber er ist unendlich fähiger als Caesar. Er spielt seit der Zeit Sullas eine wichtige Rolle in Rom, seine Karriere ist mit Ehrungen, Sondervollmachten und höchst einträglichen Kriegen nur so gespickt, und er hat unser Einkommen verdoppelt.«
»Das liegt über zehn Jahre zurück. In den letzten zehn Jahren hat Caesar ihn in den Augen der Plebs und des ganzen römischen Volkes in den Schatten gestellt. Mag sein, daß der Senat die Außenpolitik bestimmt und bei militärischen Entscheidungen das letzte Wort hat, aber auch die Plebs und das römische Volk sind wichtig. Sie mögen Caesar — nein, sie beten ihn regelrecht an.«
»Für ihre Dummheit bin ich nicht verantwortlich!« sagte Cato bissig.
»Ich auch nicht. Aber es bleibt die Tatsache, daß Curio mit der Ankündigung, sein Veto erst aufzuheben, wenn der Senat der Gleichbehandlung Caesars mit Pompeius zustimmt, einen gewaltigen Sieg errungen hat. Dadurch hat er die Gegner Caesars ins Unrecht gesetzt. Jetzt sieht es aus, als handelten wir nur aus Neid und Mißgunst.«
»Was aber nicht stimmt, Brutus.«
»Was ist dann das Motiv der boni?«
»Caesar hat mich in den vierzehn Jahren, die ich im Senat bin, nie täuschen können, Brutus«, sagte Cato ernst. »Er
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