MoR 05 - Rubikon
Pompeius herumschwänzelte, und die weniger bedeutenden boni scharten sich bewundernd um die Marceller.
»Kopf hoch, Lucius Domitius«, tröstete Favonius. »Jeder weiß, weshalb du verloren hast. Caesar hat Antonius den Posten gekauft.«
»Caesar hat nicht halb so viel an Bestechungsgeldern ausgegeben wie ich«, jammerte Ahenobarbus. Zu allem Übel plagte ihn jetzt auch noch ein Schluckauf. Dann brach es aus ihm heraus: »Ich habe wegen meiner Glatze verloren, Favonius! Hätte ich auf meinem Kopf auch nur eine einzige Haarsträhne, wäre alles gut gegangen, aber sieh mich an, einen Siebenundvierzigjährigen, der kahl wie ein Pavianarsch ist, seit er die Fünfundzwanzig überschritten hat. Kinder zeigen kichernd mit dem Finger auf mich und nennen mich Eierkopf, Frauen verziehen verächtlich die Lippen, und die römischen Männer halten mich für zu altersschwach für ein Amt!«
»Ach was«, versuchte Favonius ihn zu beruhigen. Dann fiel ihm etwas ein. »Caesar hat auch eine Glatze, aber er hat keine Probleme.«
»Er hat keine Glatze!« schrie Ahenobarbus. »Er hat immer noch genug Haare, um sie nach vorn zu kämmen und seine Kopfhaut zu bedecken. Also kann er nicht kahl sein!« Erbittert knirschte er mit den Zähnen. »Außerdem muß er ja laut Gesetz bei allen offiziellen Anlässen seinen Eichenkranz tragen, was verhindert, daß die Haare nach hinten geweht werden.«
Ahenobarbus’ Frau Porcia trat ein, Catos ältere Schwester — eine kleine, pummelige Person mit rotblonden Haaren und Sommersprossen. Sie und Ahenobarbus hatten früh geheiratet und waren sehr glücklich miteinander. In regelmäßigen Abständen hatten sie Kinder bekommen, zwei Söhne und vier Töchter, und Lucius Ahenobarbus war zum Glück so reich, daß die Zahl der Söhne, deren Karriere er finanzieren mußte, und der Töchter, für deren Mitgift er zu sorgen hatte, keine Rolle spielte. Einen Sohn hatten sie einem gewissen Attilius Serranus zur Adoption gegeben.
Porcia sah die Männer an, begann leise zu summen, warf Favonius einen wohlwollenden Blick zu und zog den Kopf ihres verschmähten Ahenobarbus auf ihren Bauch und klopfte ihm auf den Rücken. »Sei nicht traurig, mein Lieber. Ich weiß nicht, warum du nicht in ein Priesterkollegium gewählt wirst. Mit deinen fehlenden Haaren hat es jedenfalls nichts zu tun, denn dann wärst du doch auch nicht Konsul geworden. Konzentriere deine Kraft lieber darauf, daß unser Sohn Gnaeus zum Priester gewählt wird. Er ist ein netter Kerl, und die Wähler mögen ihn. — Ist ja gut, so beruhige dich doch.«
»Ausgerechnet Marcus Antonius!« stöhnte Ahenobarbus.
»Marcus Antonius ist eben beim Volk beliebt, wie ein Gladiator.« Sie ließ ihre Hand über den Rücken ihres Mannes kreisen wie eine Mutter bei einem Baby, das Bauchweh hat. »Zwar kann er sich mit Caesar nicht messen, aber wenn es darum geht, die Massen in den Bann zu ziehen, ist er ihm ebenbürtig. Die Menschen wählen ihn eben gern, das ist alles.«
»Porcia hat recht, Lucius Domitius«, sagte Favonius.
»Natürlich habe ich recht.«
»Dann erkläre mir bitte, warum Antonius eigens nach Rom gekommen ist? Er wurde doch in absentia gewählt.«
Ahenobarbus’ mit wehleidiger Stimme gestellte Frage wurde wenige Tage später beantwortet, als Marcus Antonius, frischgebackener Augur, seine Kandidatur für das Amt eines Volkstribuns ankündigte.
»Die boni sind nicht beeindruckt«, grinste Curio.
Für jemanden, der schon immer gut ausgesehen hatte, sah Antonius jetzt noch besser aus, dachte Curio. Das Leben mit Caesar hatte ihm sichtlich gutgetan, nicht zuletzt Caesars Weinverbot. Selten hatte Rom einen so stattlichen Mann hervorgebracht, einen Mann von seiner Größe, seiner kraftvollen, männlichen Statur, seinen gewaltigen Geschlechtsorganen und seinem unverwüstlichen Optimismus. Die Menschen sahen ihn an und hatten ihn auf ganz andere Weise gern als Caesar, vielleicht deshalb, dachte Curio zynisch, weil Antonius Männlichkeit ausstrahlte, ohne ein schönes Gesicht zu haben. Caesar dagegen übte ähnlich wie Sulla Anziehungskraft auf beide Geschlechter aus; nur deshalb hatte sich die alte Anekdote von Caesars Affäre mit König Nicomedes halten können, obwohl es seitdem keinerlei Anhaltspunkte für ähnliche Affären mehr gegeben hatte und die Geschichte mit König Nicomedes nur durch die Aussagen zweier Männer bezeugt wurde, die Caesar haßten: die des toten Lucullus und die des sehr lebendigen Bibulus. Antonius dagegen, der sich
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