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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Stärke und ihres stolzen Erbes konnte die Enkelin des Gaius Gracchus den Blick auf ihr plötzlich sinnlos gewordenes Leben nicht ertragen. So mußte sich Gaius Gracchus vor zweiundachtzig Jahren im Hain von Furina unterhalb des Janiculum-Hügels gefühlt haben — seine Pläne gescheitert und seine Anhänger tot, hatte er sich durch einen Sklaven töten lassen. Seine Gegner hatten sich damit begnügen müssen, seine Leiche zu köpfen und ihr ein Begräbnis zu verweigern.
    »Hilf mir sterben, Atticus!« schluchzte Fulvia.
    »Damit deine Kinder zu Waisen werden? Du darfst nicht nur an Clodius und Curio denken. Was soll denn aus dem kleinen Curio werden?«
    »Ich will sterben, nur sterben!« weinte sie. »Laß mich bitte sterben!«
    »Das kann ich nicht, Fulvia. Der Tod ist das Ende von allem. Du mußt für deine Kinder weiterleben.«

    Vor einem ausgedünnten, willfährigen Senat ging Lepidus daran, weitere Anordnungen Caesars umzusetzen.
    »Ich möchte nicht an eine Zeit erinnern, die man am besten vergessen sollte«, sagte er zu der kleinen Zuhörerschaft, »ich möchte lediglich eure Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, daß Rom damals nach der Schlacht an der Porta Collina äußerst geschwächt und völlig unregierbar war. Lucius Cornelius Sulla wurde zum Diktator ernannt, weil Rom nur so wieder auf die Beine kommen konnte und weil damals nicht lange über verschiedene Meinungen debattiert werden konnte, wie es eigentlich notwendig ist. Immer wieder in der Geschichte der Republik war es notwendig, das Wohl Roms und des Römischen Reiches in die Hände eines starken Mannes zu legen, eines Diktators. Leider haben wir zuletzt Sulla als Diktator gehabt, der am Ende seiner Amtszeit, die ja höchstens sechs Monate dauern darf, nicht zurücktrat und der das Leben und den Besitz der führenden Bürger des Landes nicht respektierte.«
    Die Senatoren hörten ihm besorgt zu. Wie wollte Lepidus die Tributkomitien je dazu überreden, den Erlaß zu verabschieden, den er ihnen hier vorstellte? Sie selbst hatten als Parteigänger Caesars keine andere Wahl, aber die Komitien wurden von den Rittern beherrscht, von jenem Stand, den sich der Diktator Sulla damals als Opfer für seine Proskriptionen ausgesucht hatte.
    »Caesar ist nicht Sulla!« sagte Lepidus im Brustton der Überzeugung. »Sein Ziel ist nur, eine fähige Regierung zu bekommen und den Schaden wiedergutzumachen, den das Verschwinden Gnaeus Pompeius’ und der ihm hörigen Senatoren der Stadt zugefügt hat. Die Geschäfte liegen darnieder, die Wirtschaft ist zerrüttet, Schuldner und Gläubiger sind geschädigt. Wer sich ansieht, was Caesar bisher getan hat, weiß, daß Caesar kein Dummkopf ist und keine Vetternwirtschaft betreibt, sondern daß er tut, was getan werden muß. Und dazu müssen wir ihn zum Diktator ernennen. Wie ihr wißt, ist es kein Präzedenzfall, daß ein einfacher Prätor darum bittet. Aber wir brauchen Wahlen, wir brauchen Stabilität, und wir brauchen eine starke Hand — nicht die meine, Senatoren, das maße ich mir nicht an. Gaius Julius Caesar muß Diktator von Rom werden!«
    Sein Antrag wurde angenommen, und Lepidus leitete ihn an die Versammlung der Tribus weiter, die Versammlung des gesamten römischen Volkes, gegliedert in patrizische und plebejische Tribus. Eigentlich hätte er ihn den Zenturiatskomitien vorlegen müssen, der nach Zenturien gegliederten Volksversammlung, dort aber besaßen die Ritter die Mehrheit, jene Klasse also, die sich der Ernennung eines Diktators sicher mit aller Macht entgegenstellen würde.
    Der Zeitpunkt für den Antrag war umsichtig gewählt. Anfang September war Rom voller Besucher vom Land, die den ludi Romani beiwohnen wollten. Da die beiden für die Ausrichtung der Spiele zuständigen kurulischen Ädilen zu Pompeius geflohen waren, betraute Lepidus als vorläufiger Regent der Stadt kurzerhand zwei Senatoren damit und bezahlte sie aus Caesars privater Kasse, nicht ohne ständig zu betonen, daß die kurulischen Ädilen ihre Pflicht gegenüber Jupiter Optimus Maximus verletzt hätten und Caesar für sie in die Bresche gesprungen sei.
    War aber die Landbevölkerung stark vertreten, konnte die Versammlung der Tribus nicht von den Wählern der ersten Klasse, den Rittern, manipuliert werden, denn die Stimmberechtigten aus den einunddreißig Landbezirken stellten die große Mehrheit und neigten trotz ihres beträchtlichen Wohlstandes dazu, für einen Mann zu stimmen, den sie kannten. Pompeius hatte sich keinen

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