MoR 05 - Rubikon
er zum ersten Mal Konsul war, hatte er nur seinen Namen. Zehn Jahre später kann er tun, was ihm beliebt, weil Rom voll von seinen Kreaturen ist und alle Römer ihn für den größten Römer halten, der je gelebt hat. Er wird mit allem durchkommen, was er tut, und sogar die Götter werden hören, wie er uns auslacht!«
»Ich verstehe das ja alles, Bibulus, aber ich kann mich noch daran erinnern, wie wir versuchten, ihn aufzuhalten, als er das erste Mal Konsul war«, sagte Metellus Scipio dickköpfig. »Wir dachten uns Pläne aus, die meist einen Haufen Geld kosteten, und dann hieß es immer wieder, das ist jetzt das Ende von Caesar. Aber das war es nie!«
»Weil wir nicht genug Macht und Einfluß hatten!« sagte Bibulus mit eiserner Geduld. »Weil wir Pompeius zu sehr verabscheuten, um ihn zu unserem Verbündeten zu machen. Caesar hat diesen Fehler nicht gemacht. Ich glaube nicht, daß er Pompeius jemals mochte — bei seinem Stammbaum kein Wunder —, aber er benutzt ihn, weil Pompeius eine Menge Einfluß hat. Er nennt sich doch sogar der Erste Mann von Rom! Pah! Caesar hat ihm seine Tochter gegeben, die mit ihren Vorfahren jeden hätte haben können — eine Julierin und eine Cornelierin zugleich! Sie war Brutus versprochen, der steinreich ist und die besten Verbindungen hat. Doch Caesar löste die Verlobung. Servilia tobte, alle waren entsetzt. Machte ihm das etwas aus? Mitnichten! Er fing Pompeius ein, wurde unschlagbar. Wenn wir Pompeius auf unsere Seite ziehen, sind wir unschlagbar! Deshalb bietest du ihm Cornelia Metella an!«
Cato hatte Bibulus aufmerksam zugehört. Bibulus war sein ältester, sein bester Freund, ein kleingewachsener Mann mit so hellen, silbernen Haaren, Brauen und Wimpern, daß er eigentümlich kahl aussah; auch seine Augen waren von einem dunklen Silbergrau. Seine Gesichtszüge waren so scharf wie sein Verstand, geschärft in der Auseinandersetzung mit Caesar.
»Also gut!« willigte Metellus Scipio seufzend ein. »Ich gehe jetzt nach Hause und rede mit Cornelia Metella. Ich kann nichts versprechen, aber sollte sie einwilligen, biete ich sie Pompeius an.«
»Das wäre geschafft!« sagte Bibulus, als Cato, der Metellus Scipio zur Tür begleitet hatte, zurückkehrte. Cato führte den Tonbecher erneut zum Mund und trank. Unglücklich sah Bibulus ihn an.
»Muß das sein, Cato? Früher dachte ich, der Wein stiege dir nicht in den Kopf, aber das stimmt nicht mehr. Du trinkst viel zuviel. Du bringst dich noch um.«
Cato sah in jenen Tagen tatsächlich nicht gut aus. Er war zwar immer noch groß, aufrecht und wohlgestalt wie früher, doch sein Gesicht, einst so strahlend und unschuldig, war schlaff und grau geworden und von feinen Fältchen durchzogen, obwohl er erst einundvierzig war. Seine Nase, die so groß war, daß sie selbst in Rom, der Stadt der langen Nasen, berühmt war, beherrschte sein Gesicht vollkommen; früher hatten das seine leuchtend grauen und immer weit geöffneten Augen getan. Die leicht gewellten, kurzgeschnittenen Haare waren nicht mehr hellbraun, sondern von einem gefleckten Beige.
Er trank unaufhörlich, vor allem nachdem er Marcia an Hortensius abgegeben hatte. Bibulus wußte das natürlich, auch wenn Cato nie darüber gesprochen hatte. Liebe war ein Gefühl, mit dem Cato nicht umgehen konnte, zumal er die glühende, leidenschaftliche Liebe für Marcia immer noch empfand. Sie quälte ihn und fraß in ihm. Er war Marcia hörig gewesen, hatte sich täglich gefragt, wie er weiterleben konnte, wenn sie sterben würde, wie sein geliebter Bruder Caepio gestorben war. Als dann der senile Hortensius um ihre Hand angehalten hatte, hatte er einen Ausweg gesehen. Er würde sie weggeben, sie loswerden und stark sein, wieder zu sich selbst finden.
Doch war seine Rechnung nicht aufgegangen. So vergrub er sich mit den beiden Philosophen Athenodorus und Statyllus, die er beherbergte, bei sich zu Hause, und zu dritt leerten sie Nacht für Nacht Krüge von Wein. Er weinte über den schwülstigen, manierierten Reden von Cato dem Zensor, als hätte Homer sie geschrieben, und fiel wie betäubt in den Schlaf, wenn andere Männer morgens aufstanden. Bibulus war kein Mensch von besonderem Einfühlungsvermögen und hatte von Catos inneren Qualen keine Ahnung, aber er verehrte Cato wegen dessen unerschütterlicher Stärke angesichts noch so großer Schwierigkeiten. Cato gab nie auf, und er gab nie nach.
»Porcia wird bald achtzehn«, sagte Cato plötzlich.
»Ich weiß«, sagte Bibulus
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