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Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Zach , Matthias Bauer
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neugierig Leute hervor, manche widerlich zerlumpt, andere grässlich entstellt, alle scheußlich schmutzig, wie Gamelin in Gedanken konstatierte. Sein Unwille vergrößerte sich, als es einem der abscheulichen Menschen fast gelang, hinter die Planen zu blicken, bevor ihn der herzhafte Tritt eines Söldners gerade noch rechtzeitig in den Dreck warf. Mit einem Mal wurde Gamelin klar: Je länger sie auf dem südlichen Jakobsweg zogen, umso mehr Aufsehen würden sie erregen, umso mehr Gerüchte würden entstehen und umso eher würden sie Gefahr laufen, von einer österreichischen Patrouille gestellt zu werden.
    Hinter ihnen lagen in Richtung Wien die Ebenen vor der Stadt, vor ihnen erhob sich das stark bewaldete Gebirgsmassiv der Ostalpen. Es würde ihn zwar einiges an Zeit kosten, überlegte Gamelin, aber er würde ab sofort, wann immer möglich, Wege abseits des Saumweges über den Semmering nehmen.
    Er winkte den Anführer des Trecks zu sich und teilte ihm seine Überlegung mit. Dieser nickte, gab seinem Pferd die Sporen und ritt im Galopp wie Moses durch das Rote Meer durch die Schafherde, die sich unter lautem Protest teilte.
    Der Wagenzug setzte sich wieder in Bewegung, Gamelin verschwand in seiner Kutsche. Bevor sie aufbrachen, packten vier Söldner je ein Schaf – das nächste Abendmahl war gesichert.
    Elisabeth konnte einige Blicke nach draußen erhaschen, erkannte den Semmering, über den sie erst vor wenigen Wochen – oder waren es Jahre? – nach Wien gezogen waren.
    Neben ihr saß der junge Söldner, der entgeistert die schwarzen Adern auf seiner Hand anstarrte.
    „Man gewöhnt sich an den Anblick“, flüsterte sie.
    „Kann ich mir nicht vorstellen“, entgegnete dieser in akzentfreiem Deutsch.
    „Ich bin Elisabeth.“
    Der junge Mann sah sie zweifelnd an, dann schien er sich einen Ruck zu geben. „Alain.“
    „Woher kommst du?“
    „Aus Châteaudun.“
    Elisabeth blickte ihn ausdruckslos an.
    „Aus Frankreich.“
    Sie nickte. „Hört man gar nicht.“
    „Mein Herr Vater war der Überzeugung, man müsse die Sprache derer sprechen, die man besiegen will.“ Er seufzte. „Und weit hat es mich gebracht.“
    „Immerhin könntest du dich sonst nicht mit mir unterhalten“, entgegnete Elisabeth spöttisch. Und mit einem Mal kam ihr eine Idee.
    „Johann!“ Der Preuße schrie sich die Seele aus dem Leib. Keine Antwort. „Johann, verdammt noch mal!“
    Plötzlich zügelte der Reiter vor ihm sein Pferd, bis es zum Stehen kam. Der erdige Staub der trockenen Straße brannte in den Augen des Preußen, er zügelte ebenfalls sein Pferd und sah Johann wütend an. „Herrschaftszeiten noch mal, du wirst noch alle unsere Pferde zugrunde richten“, warf er seinem Kameraden entgegen.
    Johann blieb gelassen. „Dann müssen wir eben neue kaufen. Die Zeit läuft uns davon.“
    „Nicht uns. Dir. Wie weit, glaubst du, kann der Wagenzug an einem Tag kommen?“, fragte der Preuße, und ohne eine Antwort zu erwarten fügte er beschwörend hinzu: „Wir werden sie einholen, glaube mir.“
    Johann atmete tief durch. Innerlich wusste er, dass der Preuße recht hatte. Er tätschelte seinem schnaubenden Pferd den Hals und blickte sich um. Hans und Karl kamen eben geritten, den Abschluss bildete Markus, der auf dem kleinwüchsigen Pferd wie ein Riese wirkte. Die Gesichter der Männer waren verstaubt, ihre Pferde waren am Rande der Erschöpfung.
    „Wenn du unsere Gäule loswerden willst, dann lass sie uns hier erschießen, anstatt sie jämmerlich zugrunde zu reiten“, rief Karl.
    Johann blickte zum Horizont, sah die orange gefärbten Wolkentürme in der Abendsonne. Unter ihnen legten sich Schatten aufs Land, ein Gewitter bahnte sich an. „Bei der nächsten Raststätte machen wir Halt.“
    „Halleluja!“, rief Hans. „Noch eine Stunde auf dem Gaul, und mein Arsch wäre für immer so gefühllos wie das Herz eines türkischen Haremswächters.“
    „Was weißt du schon von türkischen Haremswächtern?“, lachte Karl, aber Hans blieb ihm die Antwort schuldig.
    Der Regen prasselte unaufhörlich auf das Dach der kleinen Raststätte in Ebraichsdorf, in der Johann, der Preuße, Markus, Hans und Karl an einem grob gehobelten Tisch Platz genommen hatten. Öllampen warfen ein unstetes Licht, etliche Tonkrüge waren auf dem Boden und an anderen Tischen aufgestellt, um das durch das lecke Dach hereintropfende Regenwasser aufzufangen.
    Der Wirt, der auch Koch, Kammermädchen und Stallknecht in einer Person war, kam herein und

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