Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
der Johann so genau angeblickt hatte, beugte sich zu dem Dominikaner und flüsterte ihm etwas zu. Der Dominikaner sah kurz zu Johann, dann nickte er und gab den Soldaten ein Zeichen. Sofort zogen diese ihre Vorderlader und richteten sie auf Wolff und Johann.
„Leutnant Wolff“, der Dominikaner lächelte, „bevor Ihr zum Kloster reitet, erklärt mir doch, warum Ihr in Begleitung eines Mannes seid, der gesucht wird?“
Johann erstarrte innerlich, seine Gedanken rasten. Wie war es möglich, dass der Soldat ihn erkannt hatte? Und warum waren die Männer überhaupt hier? Wenn sie nur ein paar Stunden später gekommen wären, wäre der Dominikaner mit den Soldaten fort gewesen. Warum spielte das Schicksal immer und immer wieder gegen ihn?
Langsam fuhr seine Hand zum Gürtel hinab, wo sein Messer angeschnallt war.
„Was erlaubt Ihr Euch?“ Wolffs Stimme war eiskalt. „Dieser Mann dient seit Jahren in der Schwefelquart, er wird mit Sicherheit nicht gesucht!“
„Wenn er unter Euch dient – wo ist dann seine Uniform?“ Der Dominikaner klang amüsiert.
„Ich sagte doch bereits, dass wir in ein Scharmützel geraten sind. Seine Uniform zerriss im Kampf.“
Der Blick des Dominikaners schien Johann zu durchbohren. Dieser verzog keine Miene, obwohl ihm der Herzschlag in den Ohren dröhnte.
Wieder lächelte der Dominikaner und wandte sich an Wolff. „Ich muss Euch trotzdem bitten, Eure Waffen abzulegen und mit uns zu kommen. Euer Untergebener wird laut Feldwebel Schneider“, er deutete auf den Soldaten, „im Reich gesucht, und ich habe keinen Grund, ihm nicht zu glauben.“
„Ich habe den Steckbrief persönlich gesehen“, rief Schneider wichtigtuerisch. „Er ist ein Deserteur und ein Mörder!“
Der Dominikaner schaute Wolff nun ernst an. „Ihr habt es gehört. Sollten wir euch Unrecht tun, so habt ihr nichts zu befürchten. Es ist daher besser, Ihr fügt Euch und –“
Johann reagierte blitzschnell.
Überraschung – auch gegen eine Übermacht.
Er zog sein Messer und schleuderte es gegen den ersten der beiden Soldaten, Die Klinge fuhr in den Hals des Mannes, er stürzte gurgelnd zu Boden. Der andere schoss auf Wolff, aber die Kugel verfehlte ihn um Haaresbreite. Wolff sprang aus dem Sattel und riss den Soldaten vom Pferd.
Panisch gab der Dominikaner seinem Ross die Sporen und ritt an den ineinander verkeilten Männern vorbei.
Johann wollte Wolff zu Hilfe eilen, aber der brüllte nur: „Ihm nach!“
Johann riss sein Pferd herum und jagte hinter dem Dominikaner in die brodelnden Nebelschwaden hinab.
Es war wie in einem Alptraum – der Nebel raubte Johann jede Sicht, er versuchte, sich den Verlauf des Weges in Erinnerung zu rufen, während er hinuntergaloppierte.
Plötzlich tauchte der Dominikaner vor ihm auf. Johann gab seinem Pferd die Sporen. Der Mönch hörte ihn, drehte sich kurz um und gab seinem Pferd dann ebenfalls die Sporen. Blind preschten die Männer den Pfad hinab, immer am Rande des Abgrunds, der im Nebel lauerte.
Johann kam dem Dominikaner näher, immer näher, sein Herzschlag pochte ihm in den Ohren – da strauchelte das Pferd des Mönchs und zog nach rechts.
Ein Schrei erklang, als Mann und Pferd im Abgrund verschwanden.
Schwer atmend zog Johann die Zügel an und blickte schaudernd in die weiße Tiefe. Zumindest hatte ihm der Sturz den Mord an einem Mann Gottes vorweggenommen. Niemals hätte er den Dominikaner entkommen lassen können.
Er wendete sein Pferd und ritt den Pfad wieder hinauf.
Auch Wolff hatte seinen Gegner niedergerungen. Leblos lag der Soldat neben seinem toten Kameraden.
Johann zügelte sein Pferd. „Nicht schlecht, Herr Leutnant.“
Der klopfte sich den Staub von den Kleidern und deutete in den Nebel hinab. „Nicht schlecht, Herr List.“
„Ich muss ins Kloster. Wirf die Leichen in die Schlucht und nimm die Pferde mit. Wir sehen uns oben.“
Johann lenkte sein Pferd über die Brücke.
Er klopfte an das Tor und wartete. Vielleicht war es noch nicht zu spät, womöglich hatte der Dominikaner einen Namen verwechselt und Abt Bernardin erfreute sich bester Gesundheit.
Das Tor schwang auf, ein alter Kapuzinermönch stand vor ihm und musterte ihn mürrisch. Als Johann die große Hakennase und die buschigen Augenbrauen sah, lächelte er unwillkürlich.
„Was willst du?“, fragte der Mönch. „Die Speisung ist bei der Nebenpforte.“
„Die ist nur für die Armen. Und für jene, die sich wie ein Dieb in der Nacht davonschleichen, um sich mit
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