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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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»Wie heißen Sie denn mit Vornamen?«
    Ich räusperte mich und befestigte im Geiste die Brünne. »Gnädige Frau«, sagte ich artig, »ich glaube, wir sollten diese trockene Amtshandlung nicht durch persönliche Verzahnungen hemmen.«
    »Oh«, sagte sie und machte ganz große Augen. Die Wirkung hielt lange genug an, daß ich mit der Befragung beginnen konnte. So erfuhr ich, daß sie 22 Jahre alt war, Realschulabschluß hatte und mit dem Namen Weber auf die Welt gekommen war. Als ich sie erstaunt ansah, nickte sie und deutete auf die Wand, in allgemeiner Richtung des Hauses von Professor Ahrenborn.
    »Meine Schwester«, sagte sie. »Aber Susanne ist schon alt«, setzte sie hinzu, »über vierundzwanzig.«
    Ich grinste. »Tja, gestatten Sie, daß ich Greis Ihnen weitere Fragen stelle?«
    »Bei Männern ist das was anderes«, sagte sie strahlend. »Männer über dreißig sind viel – besser.« Sie warf einen Blick aus dem Fenster.
    »Besser? Wie meinen Sie das?« Ich konnte es mir nicht verkneifen.
    Sie kicherte. »Ach, eben so, dies und das, vor allem das.« Dabei strahlte sie mich schon wieder an.
    Die Befragung gestaltete sich ein wenig mühsam. Zwischendurch winkte sie mir mit ihren niedlichen Zehen zu; später nahm sie das rechte Bein auf die Couch und setzte sich beinahe auf den rechten Fuß, was die sichtbaren Beine bis zum schwarzen Spitzenslip verlängerte. Irgendwie kriegte ich den Bogen voll. Beim Diktat verwendete sie meinen Füller und lutschte gelegentlich daran, während sie mit großen Augen auf den nächsten Satz wartete.
    Schließlich rief sie ihren Mann; mit einem gehauchten »War nett, hoffentlich sehen wir uns mal wieder« verließ sie den Raum. Ihr Mann sah verärgert hinter ihr her.
    Bei ihm ging alles schneller. Er war 28 und nach dem Abitur zur Post gegangen. Welche Sorte Unter-, Ober-, Nebenoder Queramtsrat oder -mann er war, weiß ich nicht mehr; ich habe die byzantinischen Verästelungen deutscher Hierarchien nie durchschauen können. Felicitas arbeitete ebenfalls, als Sekretärin in einem Ministerium. Deshalb konnten sie sich die große Etage in der Villa leisten, zwei Autos und die teure und häßliche Ledergarnitur, auf der wir saßen.
    Kurz nach zehn bedankte ich mich und verließ das Etablissement. Kurz vor elf gesellte ich mich zu Moritz, der in der vereinbarten Weinstube in der Altstadt am Tresen hing und grinste. Ich klopfte ihm auf die Schulter und entschuldigte mich pro forma für meine Verspätung. Er winkte ab.
    »Macht nichts«, sagte er leise, »ich habe mich sehr gut amüsiert.«
    »Worüber?«
    Er legte den Finger auf seine Lippen und deutete mit einer leichten Neigung des Kopfes nach links, wo drei sehr prominente ehemalige (oder immer noch) Jusos miteinander ernsthaft politisch Tacheles redeten.
    »Abenteuerlich«, murmelte er. »Meine Seele schmerzt, wenn ich daran denke, daß die da mal wirklich was zu sagen haben sollen.«
    Ich bestellte eine Karaffe Riesling, lauschte mit einem halben Ohr ebenfalls und erzählte zwischendurch leise, was sich an diesem Abend auf dem Godesberger Millionenhügel zugetragen hatte.
    »Irgendwie«, murmelte ich, »habe ich das Gefühl, ich war im Kino. Das ist alles ein bißchen dick.«
    Ich drehte mich halb um und sah, wie in diesem Moment ein alter Freund, Afrikaner, das Lokal betrat. Ich stieß Moritz an, wies mit dem Kopf auf die Drei und sagte sehr laut: »Ah, there goes my favourite nigger.«
    Drei Köpfe rotierten, Schultern zuckten, Gesichter wurden in ungläubiger Empörung verkniffen; Luft wurde geholt, wahrscheinlich für eine Grundsatzrede über Rassismus und die Dritte Welt. Inzwischen drehte Freund Hussein sich zu mir um, grinste und breitete die Arme aus.
    »Ah«, sagte er, »my favourite imperialist!«
    Damit fielen wir einander um den Hals. Ich stellte ihm den wiehernden Moritz vor. Mit einem kleinen Seitenblick auf die verdutzten Drei sagte ich:
    »Wenn du die da nicht kennst, stelle ich sie dir auch nicht vor. Es handelt sich um ideologische Chauvinisten, in deren Kopf kein Platz für Witz ist.«
    »Ah«, sagte Hussein, »typische Krauts, wie?«
    Wenn sie sich nun wenigstens gewehrt hätten; aber sie zogen es ganz einfach vor, nichts zu hören, und wandten sich wieder ihren Gläsern und ihrem Gewäsch zu.
    Wir redeten eine kurze Weile über Dinge, die sich seit unserer letzten Begegnung verändert hatten oder gleich geblieben waren; Hussein goß ätzenden Hohn über die jüngsten Äußerungen eines Sprechers der Union zu

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