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Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)

Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)

Titel: Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Ellen
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wer weiß? Wir fahren jetzt dorthin und sehen nach.“
    Carlos nickte stumm und stand auf. Wir gingen hinaus zu meinem Laster, stiegen ein und fuhren zurück nach Westen.
     

    Kapitel 11
     
    Auf der Fahrt waren wir ebenso wortkarg, wie auf der Hinfahrt.
    Mir ging viel zu viel durch den Kopf, schreckliche, beunruhigende Dinge. Der alte Krankenwagen, den es offiziell gar nicht mehr auf Gomera gab. Der Notarzt, der eigentlich nicht existierte.
    Der Notarzt, der eigentlich nicht existierte.
    Mir kam eine Idee. Obwohl wir schon auf der Ausfallstraße aus San Sebastian heraus waren, suchte ich eine Gelegenheit zum wenden. Carlos runzelte die Stirn. „Ich dachte, wir fahren nach Las Hayas.“
    „Tun wir auch. Ich muss nur vorher noch etwas klären.“ Ich fuhr zurück nach San Sebastian.
    „Aber ich will zurück nach Las Hayas. Jetzt“, sagte er trotzig.
    „Da fahren wir sofort hin. Es dauert nicht lang, du wirst sehen.“
    Erstaunlich schnell fand ich am Straßenrand, was ich suchte, eine Telefonzelle. Darin schlug ich das Telefonverzeichnis auf und blätterte. Dann schlug ich es wieder zu, eilte zum Auto zurück und fuhr wieder los.
    „Wir machen einen kleinen Umweg über Hermigua“, sagte ich.
    „Warum?“
    „Weil ich mir über etwas Klarheit verschaffen will.“
    Carlos fragte nicht weiter, sondern schwieg wieder. Ich sah ihn von der Seite an. „Und? Was sagt der Arzt?“
    „Er sagt, er ist okay“, war die wortkarge Antwort.
    „Hat er ihn auch geröntgt?“
    „Ja.“
    „Und?“
    „Alles okay.“
    „Hat er dir ein Attest für die Baustelle geschrieben?“
    Carlos nickte und fasste an die Brusttasche seines Hemdes, in der etwas raschelte.
    Wir schwiegen uns wieder an.
    Nach etwa einer viertel Stunde räusperte sich Carlos und sagte: „Der Arzt meinte, dass der Arm expertenmäßig versorgt worden sei. Er fragte, wer das gemacht hat.“
    „Und?“
    „Ich habe ihm gesagt, ein Kumpel von mir.“
    Ein Kumpel von mir. Mir wurde warm ums Herz.
    Nach einer gefühlten halben Stunde sagte Carlos: „Der Doktor sagte dann, dass mein Kumpel wohl ein verdammt guter Arzt wäre.“
    Ein verdammt guter Arzt. Es war lange her, dass mich jemand so genannt hatte. Es fühlte sich gut an.
    In Hermigua kurvte ich hin und her, bis ich endlich die Calle del Tabaibal fand. Ich hielt vor dem Haus mit der Hausnummer aus dem Telefonbuch. Es war verschlossen. In den brüchigen Steinen vor der Haustür wuchs Gestrüpp. Die Fensterläden waren zugeklappt. Das Haus schien gar kein Dach mehr zu haben.
    Ich sagte Carlos: „Warte hier. Ich bin gleich wieder da.“
    Dann stieg ich eine schmale Steintreppe hoch, die auf die nächste, höhere, Straßenebene führte. Hier konnte ich über ein Geländer auf das fragliche Haus hinabsehen.
    So etwas Seltsames hatte ich noch nie gesehen. Das Ganze mutete mir an, wie die stark vernachlässigte Puppenstube eines kleinen Mädchens, bei der man ungeniert in die Zimmer hineinblicken kann, nur dass man hier die Einsicht von oben hatte, denn das Haus hatte tatsächlich überhaupt kein Dach mehr.
    Man sah hinab auf zwei bescheidene Zimmer: ein Schlafzimmer und eine kleine Wohnküche. Im Schlafzimmer war das schmale Ehebett akkurat gemacht worden. Eine Steppdecke lag ordentlich auf das Bett gebreitet. Zwei Kissen lagen seit an seit am Kopfende, bereit für zwei müde Köpfe. Schlichte Arbeitskleider hingen an Wandhaken. Wegen des trockenen Klimas auf dieser Insel sah alles noch gut erhalten aus. Bei uns in Deutschland hätte der Regen alles weg rotten lassen. Ein Waschtisch hielt eine Emaille-Schüssel bereit. Im Nachbarraum war der Schrank ganz schief, aber ein, zwei blau-weiße Keramikteller standen auf seinem Bord. Über allem war ein Staubschleier. Reste des eingefallenen Daches lagen auf dem Boden verstreut, sowie auf dem Bett und den Möbeln. Das Merkwürdigste an dem ganzen Anblick war eine alte Kinderpuppe. Vom Stil her stammte sie aus den 50-er Jahren. Sie lag rücklings mitten auf dem Bett und grinste mich übermütig an, und jeden anderen, der auf das Haus fasziniert herabblickte.
    Ich sah mich um. Da entdeckte ich an der Straße einen alten Mann, der auf einer Bank saß. Er trug eine Schiebermütze auf seinem Kopf, die Hände hatte er übereinander auf den Knauf eines Gehstocks gelegt, den er vor seine Füße gestellt hatte. Er nickte mir freundlich zu.
    „Bitte“, fragte ich ihn, „Können Sie mir sagen, wem dieses Haus gehört?“
    Er meinte: „Sagen Sie lieber: wem es einmal

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