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Mord am Oxford-Kanal

Mord am Oxford-Kanal

Titel: Mord am Oxford-Kanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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bei
Iffley zwei Meilen südlich von Folly Bridge passierte, sprach Oldfield den
dortigen Wärter, einen gewissen Albert Lee, an und berichtete ihm und seiner
Frau (die zufällig ebenfalls Joanna hieß), daß ihm ein weiblicher Passagier
ertrunken sei. Die Frau sei geistesgestört gewesen und hätte ihm und seiner
Mannschaft schon gleich nach ihrer Ankunft an Bord Probleme gemacht. Oldfield
war zu diesem Zeitpunkt ganz offensichtlich noch sehr betrunken. Als das
Ehepaar Lee in ihn drang, Genaueres zu erzählen, hatte Oldfield nur immer
wieder geäußert, daß es eine «schlimme Geschichte» gewesen sei. Die Frau sei
«völlig übergeschnappt» gewesen. Sie hätten sie zuletzt bei der Gibraltar-Schleuse
gesehen. Von Lees Vorschlag, nach Oxford zurückzufahren, um den dortigen
Behörden Meldung zu machen, wollte Oldfield jedoch absolut nichts wissen, und
dies machte den Schleusenwärter mißtrauisch. Nachdem die Barbara Bray ihre Fahrt wiederaufgenommen hatte, machte er sich deshalb auf den Weg nach
Oxford und wurde dort in dem Büro von Pickford vorstellig. Die Leute bei
Pickford wiederum verständigten die Polizei.
    Als das Boot dann in Reading
eintraf (aus irgendeinem Grund mit fast zweistündiger Verspätung), wartete dort
schon Constable Harrison mit ein paar Männern, um Kapitän und Mannschaft in
Gewahrsam zu nehmen. Er sagte aus, daß alle, einschließlich des Jungen, noch
immer sehr betrunken gewesen seien und wüste Beschimpfungen ausgestoßen hätten,
als er ihnen die Handschellen anlegte, um sie nach Reading ins Gefängnis zu
schaffen. Einer der Männer sei sogar schändlich genug gewesen, selbst noch die
Tote zu beleidigen. Er habe deutlich gehört, wie er gemurmelt habe: «Zur Hölle
mit dem verdammten Weib!»
    Hannah MacNeill, Serviererin im
Plough Inn, gab zu Protokoll, daß sie, als die Tote aus dem Wasser
hereingebracht worden sei, von ihrem Wirt den Auftrag erhalten habe, sie
auszukleiden. Es sei ihr aufgefallen, daß der linke Ärmel von Joannas Kleid
oben aus der Schulter halb herausgerissen gewesen sei, auch die Manschette sei
eingerissen gewesen. Tomes und Ward wiederum versicherten, daß sie die Leiche,
als sie sie aus dem Wasser zogen, so vorsichtig behandelt hätten, daß die Risse
in Joannas Kleid nicht durch sie verursacht worden sein könnten.
    Eine gewisse Katharine Maddison
sagte aus, daß sie Hannah MacNeill beim Entkleiden der Leiche behilflich
gewesen sei. Sie hatte bemerkt, daß Joannas Kattun-Schlüpfer vorne eingerissen
gewesen war. Der Schlüpfer wurde im Gerichtssaal als ein Beweisstück
herumgezeigt, und viele waren später der Meinung, daß dies die allgemeine
Abscheu vor den rohen Schiffern auf der Barbara Bray noch entschieden
verstärkt habe.
    Mr. Samuels, ein Arzt aus
Oxford, der die Obduktion vorgenommen hatte, bezeugte, daß die Leiche am linken
Arm unterhalb des Ellenbogens Quetschungen aufgewiesen habe und daß er
Anzeichen für subkutane Quetschungen unter beiden Wangenknochen gefunden habe.
Das Gesicht der Toten habe «Verfärbungen und Schwellungen» gezeigt. Mr. Samuels
mochte auf Befragen nicht ausschließen, daß diese Verletzungen im Gesicht der
Toten durch Hindernisse im Wasser oder aber später beim Herausholen zugefügt
worden seien. Doch sowohl dem Richter wie auch den Geschworenen erschien diese
Erklärung angesichts der Umstände als abwegig.
    Dann wurde der junge Wootton
aufgerufen und gab seine Schilderung der Ereignisse. In einem Punkt war er
nicht zu erschüttern, daß nämlich Towns in der fraglichen Nacht «halb hinüber»
gewesen sei und zu der Zeit, als der Mord geschah, tief und fest geschlafen
habe, er selbst (Wootton) habe ihn «laut schnarchen» hören. Wir werden nie
wissen, ob Wootton diese Aussage freiwillig gemacht hat oder nicht doch
vielleicht von Towns durch irgendwelche Druckmittel dazu gezwungen wurde. Im
Licht späterer Aussagen scheint es jedoch, als könne man dem Wort Woottons
durchaus Glauben schenken.
    Joseph Jarnell, ein
Mithäftling, dessen Aussage wesentlich dazu beitrug, daß der Prozeß später neu
eröffnet wurde, berichtete der Jury von belastenden Geständnissen Oldfields
während der Zeit, als sie die Zelle miteinander teilten. Beim näheren Hinsehen
waren diese «Geständnisse» Oldfields allerdings nichts anderes als der ziemlich
plumpe Versuch, die Last der Schuld an dem, was geschehen war, auf Musson und
Towns abzuwälzen. Trotz seiner ernsthaften Rede und obwohl das, was er
vorbrachte, in sich logisch war, machte

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