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Mord am Oxford-Kanal

Mord am Oxford-Kanal

Titel: Mord am Oxford-Kanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Er war auf dem Weg zur Intensivstation, wo er eine Frau befragen
sollte, die auf der A34 in einen Unfall verwickelt gewesen war.
    «Und wie fühlen Sie sich heute,
Sir?»
    «Ich werde mich sofort besser
fühlen, wenn ich erst einmal Gelegenheit gehabt habe, mich bei Ihnen zu
entschuldigen. Ich war letztes Mal sehr unhöflich zu Ihnen.»
    «Letztes Mal? Wann soll das
denn gewesen sein? Sie sind doch immer unhöflich!»
    «Es tut mir leid», sagte Morse
ruhig.
    Lewis, der noch immer wütend
gewesen war und nur aus Pflichtbewußtsein einen Abstecher zu Morse gemacht
hatte, war sofort besänftigt. Und als er zehn Minuten später wieder ging, war
er sogar glücklich, wie immer, wenn er die Erfahrung machte, daß Morse ihn
brauchte, und sei es auch nur, um ein paar banale Informationen einzuholen, zum
Beispiel, ob die Gerichtsakten der Schwurgerichtsperiode 1859/60 noch verfügbar
waren.
    Nachdem Lewis gegangen war,
fühlte sich Morse mit sich und der Welt im reinen. Lewis hatte ihm verziehen,
gern verziehen, und das stimmte ihn froh, obwohl er, hätte man ihn gefragt
wieso, keine Antwort gewußt hätte. Und was für ein beruhigender Gedanke, daß er
außer Lewis noch eine weitere, zuverlässige Person kannte, die sich hoffentlich
bald um Jacksons Oxford Journal kümmern würde. Heute abend konnte er allerdings
nicht mehr mit ihr rechnen.
    Geduld, Morse!
    Gegen drei Uhr nachmittags
hatte Morse dann endlich die nötige Ruhe, um sich in den vierten und letzten
Teil von Oberst Denistons Buch zu vertiefen.

Kapitel 18
     
     
    TEIL
VIER - DAS URTEIL WIRD GEFÄLLT
     
    Ein Gerichtsdiener wurde
vereidigt, um die Geschworenen zu begleiten, die sich daraufhin unverzüglich
zur Urteilsberatung zurückzogen. Nach einer Dreiviertelstunde kehrten sie in
den Gerichtssaal zurück. Man verlas noch einmal die Namen der Angeklagten, die
währenddessen angstvoll auf ihr Urteil warteten. Richter Benham stellte dann
die vorgeschriebenen Fragen, worauf der Sprecher der Geschworenen antwortete,
daß sich die Geschworenen einig seien, daß jeder der drei Angeklagten des
Mordes an Joanna Franks schuldig sei. Es heißt, daß den Angeklagten keinerlei
Reaktion anzumerken gewesen sei, mit Ausnahme Oldfields, der ein wenig blasser
geworden sei.
    Man setzte dem Richter das
schwarze Barett auf, Symbol des Todes, und nachdem dieser die Angeklagten
gefragt hatte, ob sie noch etwas zu sagen hätten, begann er mit den folgenden
furchterregenden Sätzen den Urteilsspruch zu begründen:
     
    Jack
Oldfield, Alfred Musson, Walter Towns — nach langer und geduldiger Würdigung
der Umstände dieses Falles und nach sorgsamem Abwägen durch die Geschworenen
seid ihr alle des abscheulichen Verbrechens des Mordes für schuldig befunden
worden, des Mordes an einer friedfertigen und hilflosen Frau, die unter eurem
Schutz stand und die ihr, daran haben wir keinen Zweifel mehr, zum Objekt eurer
Lüste und Begierden machtet und die ihr anschließend, um eine Entdeckung eures
ruchlosen Tuns zu verhindern, ermordetet. In dieser Welt wird euch keine Gnade
mehr zuteil werden! Bittet darum den gütigen Gott, in dessen Macht allein es
steht, dem reuigen Sünder seine Taten zu vergeben, um Hilfe, und bereitet euch
nunmehr vor auf den schmachvollen Tod, der euch erwartet. Dieser Fall ist der
schmerzlichste und der verabscheuungswürdigste, der vor diesem Gericht je
verhandelt worden ist, und so bleibt mir nichts übrig zu tun, als euch den
furchtbaren und gerechten Spruch zu verkünden, daß ihr nämlich dorthin
zurückgebracht werden sollt, wo ihr herkommt, und von dort zum Platz der
Hinrichtung geführt werden sollt, wo man euch am Halse aufhängen wird, bis zum
Eintritt eures Todes, und daß eure Leichen innerhalb der Gefängnismauern
beigesetzt werden sollen und nicht in geweihtem Grund. Gott sei euren Seelen
gnädig!
     
    Auch nachdem der Prozeß vorüber
und das Urteil gesprochen war, blieben die drei Männer bei ihrer Behauptung,
unschuldig zu sein. Die Frau von Oldfield war, als sie ihren Mann im Gefängnis
besuchte, von seinen Unschuldsbeteuerungen derartig bewegt, daß sie nach einem
Weinkrampf ohnmächtig zusammenbrach.
    Aufgrund verschiedener
Zeugenaussagen, nicht zuletzt der Einlassungen von Oldfield und Musson, war
während des Prozesses deutlich geworden, daß Towns mit Joanna Franks so gut wie
nichts zu tun gehabt hatte. Es war deshalb keine besondere Überraschung, als
sich herausstellte, daß einige Juristen sich dafür einsetzen wollten, daß das
Urteil im

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