Mord am Vesuv
wieder in Rom sind«, bestätigte ich. »Und ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich mich schätze, dass ich euch so großzügig mit Tratsch- und Klatschgeschichten versorgen kann.«
In diesem Moment wurde eine Sänfte ins impluvium getragen und vor unserem Tisch abgestellt. Drinnen tupfte Antonia mit einem feuchten Tuch die Stirn des heroischen jungen Marcus ab.
Er sah glückselig und zufrieden aus.
»Marcus Caecilius Metellus!«, schnauzte ich ihn an. »Steig sofort aus dieser Sänfte, und steh auf deinen eigenen Füßen!
Wenn ich mich recht erinnere, hat dieser harmlose Stich dich am Arm getroffen, und wahrscheinlich blutet er nicht einmal! So ein frecher kleiner Simulant! Was soll ich bloß mit dir anfangen, wenn wir zu einem richtigen Feldzug gerufen werden? In der Legion erwartet man, dass du selbst auf Knien noch vierzig Meilen am Tag marschierst!«
Er krabbelte umständlich aus der Sänfte und murmelte: »Dir ist wohl heute eine Laus über die Leber gelaufen.«
»Gönnst du es einem verwundeten Helden nicht, sich ein bisschen verwöhnen zu lassen?«, zeterte Antonia. »Schließlich giltst du selber als einer der faulsten Genüsslinge Roms.«
»Ich habe mir diesen Ruf hart erarbeitet«, entgegnete ich.
»Marcus ist für solche Dinge noch viel zu jung. Dekadenz ist eine Frage des Alters und der Erfahrung, und Marcus ist weder das eine noch das andere.«
In diesem Moment kam Hermes zurück. Ich hatte ihn zum Forum geschickt, damit er sich ein bisschen umhörte, was die Leute so redeten und wie die Stimmung in der Stadt war. »Du wirst sicher erfreut sein zu hören«, berichtete er, »dass bereits die ersten Rufe laut werden, in Rom deine Abberufung zu verlangen und ein paar Anwälte zu entsenden, die dich wegen Tyrannei und verfassungswidriger Praktiken anklagen und möglicherweise sogar deine Hinrichtung fordern sollen.«
»Es ist ihnen also völlig egal, dass ein römischer Praetor direkt vor ihrer Haustür von Banditen überfallen wird«, stellte ich fest. »Und wie wurden diese Hetzparolen aufgenommen?«
»Interessanterweise haben vor allem die duumviri zur Mäßigung aufgerufen. Sie halten dich zwar für aufdringlich und selbstherrlich, aber sie setzen sich dafür ein, dass dem römische Recht Geltung verschafft wird. Dio-cles sagt, er sei zwar der am stärksten von dir gedemütigte Mann, aber er stimmte seinen Freunden, den duumviri, zu. Alle fordern einen zügigen Prozess gegen Gelon und seine schnelle Hinrichtung.«
»Tatsächlich?«, entgegnete ich aufgebracht. »Ich hätte nie gedacht, dass mir ein Haufen dahergelaufener Provinzler derartige Schwierigkeiten bereiten würde …«
»Sie sind keine Provinzler, Liebster«, korrigierte mich Julia, »selbst wenn viele von ihnen Ausländer sind. Sie genießen die vollen Bürgerrechte.«
»Bürgerrechte!«, rief ich. Endlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen, und mir ging auf, was mich unbewusst die ganze Zeit gestört hatte.
»Du hast ja Recht«, sagte Julia, »wir verleihen sie in letzter Zeit ein bisschen zu großzügig. Aber was regt dich gerade jetzt daran so auf?«
»Ich hätte eigentlich sofort darauf kommen müssen!«, erwiderte ich aufgeregt. »Gaeto war ein Ausländer. Um in Italia Geschäfte machen zu können, brauchte er einen römischen Bürger als Partner. Wer also war Gaetos Partner?«
»Wer auch immer es war, er hat seine Existenz jedenfalls gut geheim gehalten«, stellte Hermes fest. »Rechtlich gesehen, wäre dieser Partner ja Gaetos Patron gewesen, und als solcher wäre er verpflichtet gewesen, die Beerdigung mit vorzubereiten und an der Bestattungszeremonie teilzunehmen, nachdem sein Klient auf italischem Boden gestorben war.«
»Bei der Bestattung war jedoch kein einziger Bürger aus der näheren Umgebung anwesend«, rief ich uns in Erinnerung.
»Vielleicht weiß Gaetos Patron noch gar nichts von dessen Tod«, gab Marcus zu bedenken. »Möglicherweise lebt er irgendwo anders in Italia und stellt sich ausländischen Geschäftsleuten gegen ein Entgelt als Patron zur Verfügung.
Oder er stammt zwar aus Baiae, war aber gerade auf Reisen, als Gaeto ermordet wurde.«
»Wie dem auch sei«, beendete ich die Spekulationen, »ich will jedenfalls wissen, wer Gaetos Patron war. Morgen gehst du ins städtische Archiv, Marcus, und siehst nach, wer als Partner und Patron Gaetos eingetragen ist.«
»Warum fragen wir nicht einfach Gelon?«, schlug Julia vor.
»Eine gute Idee«, stimmte ich ihr zu. »Wo ist Gelon
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