Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
Bettwäsche wird täglich gewechselt und immer gekocht«, sagte Harm Lohs. »Was da für ein Strom verbraucht wird, das geht auf keine Kuhhaut.«
Ich bestaunte die gigantische Waschküche mit den Dutzenden von Waschmaschinen, die ohne Pause liefen.
Auch die Trockner waren im Dauereinsatz. Weiß gekleidete Chinesen stopften und schleppten und ordneten und reckten die Wäsche. Nebenan war der Plättraum. Es war brüllend heiß. Aber es roch nach Kindheit.
»Früher habe ich meiner Mutter auch immer geholfen, die Wäsche zu recken, und dann trugen wir den Waschkorb in die Heißmangel.«
»Na, denn man tau«, sagte Harm Lohs.
Am Schluß führte mich der Käpt’n sogar noch in die Großküche des Restaurants »Vier Himmelsrichtungen«. Um diese mittägliche Zeit herrschte Hochbetrieb. Auch hier ein eifriges Treiben, ein Kommen und Gehen, ein Rennen und Eilen. Dreißig philippinische Küchengehilfen waren mit Gemüseputzen, Schneiden und Hacken beschäftigt. Ich bewunderte die vielen riesigen Messer, die an den blankgescheuerten Wänden hingen. Keiner der mit Messerchen und Beilchen beschäftigten Kerlchen schien sich bis jetzt einen einzigen Finger abgehackt zu haben. Die Köche mit den hohen Mützen warfen Fleisch in brodelndes Fett in riesigen Pfannen, andere buken rasend schnell Pfannkuchen, wieder andere schütteten gerade aus gigantisch großen Töpfen kochendes Wasser ab. Ich stand überall im Weg. Jeder Schritt, jede Handbewegung dieser fleißigen Kerls saß. Die Konditoren formten schon wieder Pralinés und Marzipanschweinchen und Sahnetrüffel, andere dekorierten Mandelsplitter an Erdbeerhälften, ein Schwein aus Butter glotzte starr auf das geschäftige Treiben. Riesige Brotkörbe wurden gefüllt, zwei Weißbeschürzte säbelten Käse vom Brett und dekorierten ihn mit Nüssen, Radieschen und Kümmelbaguette. Tausend verschiedene Düfte zogen an meiner Nase vorbei.
»Ich will nicht länger stören«, sagte ich zu Harm Lohs, der hier und da jovial in Töpfe blickte und kleine Kostproben zu sich nahm.
»Ach, Sie stören doch nicht! Hier! Probieren Sie mal!« Der freundliche Küchenchef Detlev Löwensenf überreichte mir ein Schälchen mit noch warmem Orangenschalenmus. Es schmeckte erfrischend säuerlich.
»Hm! Gut!«
»Und jetzt Grapefruit-Zitronen-Pfefferminz-Sorbet mit Zimt-Schafskäse«, sagte Löwensenf. »Da tanzen die Geschmacksnerven Tango! Eine Spezialität von unserem Sorbet-Meister!«
Ich probierte. Tatsächlich. Zunge und Gaumen zogen sich augenblicklich zusammen wie eine Schnecke, der man auf die Fühler packt.
Der Sorbet-Meister winkte mir freundlich zu. »Da ist alles drin! Süß, sauer, bitter und salzig!«
Den hatte seine Mutter bestimmt zu früh vom Topf geholt. Wie sonst wird man Sorbet-Meister und erfindet solche schwachsinnigen Kreationen?!
»Wir als Kinder, wir haben auch mal vor lauter Übermut einen alten Pfefferminzteebeutel mit Braunschweiger Teewurst beschmiert und das Ganze mit Maggi gewürzt«, scherzte ich. »Aber der Hund wollte es nicht fressen!«
Alle lachten. Der Sorbet-Meister fühlte sich gekränkt.
»War nicht so gemeint«, sagte ich schnell. »Wir haben’s dann in den Gulli geschmissen.«
Der Küchenchef überreichte mir ein Schälchen. »Hier! Nehmen Sie eine Portion mit an Deck! Genießen Sie’s in Ruhe!«
»Na gut. Danke!« Ich schleppte mein Schafskäse-Sorbet mit nach oben.
Als ich wieder an meinem Liegestuhl ankam, war der Pferdekopf schon gänzlich geschmolzen. Ich warf mich in den Stuhl und knabberte an meinem abartigen Sorbet herum.
Die Leute lagen wieder schnarchend und apathisch auf ihren Pritschen.
Eine riesige Wasserlache hatte sich unter dem Tisch gebildet, auf dem das Kunstwerk gestanden hatte.
»Was ist das denn für ‘ne Riesenpfütze?« fragte Anna, die gerade aus dem Fitneßstudio zurückkam.
»Da haben sich heute morgen die anonymen Blasenschwachen getroffen«, sagte ich träge. Wir lachten uns kaputt. Dann setzten wir uns Kopfhörer auf und hörten Eric Clapton.
»Lassen Sie sich nicht stö-ren!«
»Bitte? Was?«
Eine kalte nasse Hand legte sich auf meinen sengend heißen Oberschenkel. Ich mußte in der Sonne eingeschlafen sein. »Lassen Sie sich nicht stö-ren!« Eine ältere Dame mit Gumminoppenbadehaube im Teichhuhndesign beugte sich über mich.
»Nein! O.K. Danke!«
Ich schloß die Augen wieder. Eric Clapton sang gerade: »Do you feel all right? And I said yes, I feel wonderful tonight.«
»Aber ich will Sie doch mal
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