Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
gefallen«. Ich zwang mich, mich nicht für meine Langsamkeit zu entschuldigen.
»Und was machen wir jetzt?« fragte ich unsicher.
»Wieso WIR?« Fred genoß es offensichtlich, mal wieder die Oberhand zu haben.
Ich schwieg. Vielleicht sollte ich ihn doch umbringen.
»O.K., laß uns essen gehen«, brummte er schließlich. Ich konnte zwar vor lauter Glück und Liebe nichts runterbringen, aber selbstverständlich war ich bereit, mich fastend und schweigend neben Fred zu setzen und ihm beim Verzehren eines landestypischen Gerichtes zuzusehen.
Wir bestiegen ein Taxi. Diesmal krabbelte ich artig nach hinten. Fred setzte sich neben mich. Ich war mit ihm allein! Niemand beobachtete uns! Ich schaute aus dem Fenster, um mich erst mal zu sammeln. Der Tag neigte sich schon fast wieder dem Ende zu. Die Familien, die ich morgens beim Joggen noch beobachtet hatte, räumten ihren Picknickkram zusammen und machten sich an ihren Autos zu schaffen, die am Straßenrand neben dem Strand parkten.
»Ferry to Devonport«, befahl Fred dem Taxifahrer.
Oh! Wir würden mit der Fähre übersetzen! Er hatte noch große Dinge mit mir vor! Wie gut, daß ich mein schwarzes Knitterfreies und die Übernachtungsutensilien im Rucksack hatte.
Vorsichtig sah ich ihn von der Seite an. Welch ein weiches Gesicht unter so markanten Zügen! Er war so verletzlich, so einsam, so verhärtet! Hättwich, die vorne auf dem Beifahrersitz saß, drehte sich zu mir um und raunte: Laß ihn ein wenig in Ruhe, Kind. Er spielt dieses Katz-und-Maus-Spiel mit dir, um zu schauen, wie sehr du ihn liebst. Gib ihm Zeit. Er wird sich fangen. Klar, Hättwich, raunte ich verständig zurück. Ich bin ja nicht von gestern. Solche Nüsse knacke ich am liebsten. Laß mich nur machen.
Als wir ein wenig später auf der Fähre standen, die uns im abendlichen Dämmerlicht über den glitzernden Wasserarm nach Devonport brachte, und als in Auckland die Lichter angingen, die sanfte Abendluft uns umfing und die Sonne letzte rötliche Strahlen über das Wasser warf, da legte Fred plötzlich den Arm um mich. »Du frierst ja!«
»Nein, nein, ich finde den Anblick nur so ... wunderschön!« Ich mußte mit den Tränen kämpfen. Er hatte den ARM um MICH gelegt! Wir waren unbeobachtet! Er fühlte sich endlich frei! Oh, wie ich diesen Mann liebte! »Ich denke an zu Hause und an die Leute da, an die eingefrorenen Gesichter in den grauen überfüllten Straßen ... Ich genieße es so, mit dir hier zu sein. Am anderen Ende der Welt!« faselte ich verliebt. Verdammt. Jetzt war ich bestimmt wieder zu kitschig gewesen. Aber Hättwich fand’s in Ordnung. Sie nickte mir mit ihrem schlohweißen Haupte gütig zu.
»Weißt du«, sagte Fred leise, indem er sich eine Zigarette anzündete, »ich hab schon Tausende von Sonnenuntergängen gesehen. Und ich war schon zwanzigmal in Auckland. Die laue Luft interessiert mich einen Dreck. Keine einzige Stadtkulisse haut mich noch vom Hocker. Die Skylines auf der ganzen Welt öden mich an. Ich kann die verdammte laue Meeresbrise nicht mehr riechen, und das Geschrei der Möwen löst in mir Brechreiz aus. Doch wenn ein Mensch sich so über diese Dinge freuen kann wie du, dann sehne ich mich nach einem Zuhause. Egal, wo das ist. Aber es müßte mit einem Menschen wie dir sein.«
Und dann küßte er mich.
Mitten auf der Fähre von Auckland nach Devonport.
Und auf der anderen Seite des Paradieses gingen die Lichter an.
Das Restaurant war ein verschwiegenes, gemütliches Reetdach-haus auf Stelzen. Kormorane und andere Wasservögel staksten durch den Schlick. Die Luft war so lau, daß ich sie fangen und einpacken wollte. Ich kämpfte immerfort mit den Tränen des Glücks. Wir stiegen die urigen Holztreppen hinauf. Freundlich wies man uns einen Zweiertisch an der Wand zu. Ich war so stolz! Er und ich! Ein Paar! Das Restaurant war gut besucht, aber nicht überfüllt. Es war ziemlich düster. Ich drückte mich auf die Bank an der Wand. Fred setzte sich neben mich. Wir blätterten gemeinsam in der Speisekarte, und ich nahm nichts wahr. Nichts. Sie hätten Glühwürmchenrisotto oder Maorikot oder Kiwischnäbel in Lehm servieren können, ich hätte es nicht bemerkt. Fred roch gut. So männlich und herb. Wie er eben war. Wir bestellten Bier und schütteten es durstig in uns hinein. Besonders ich. Keine feste Nahrung wollte seit Wochen bei mir bleiben! Fasziniert betrachtete ich den Mann meines Lebens von der Seite. Noch zwei Tage! Dann würde ich zurück nach Geilenkirchen
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