Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
Mission Bay! Ich legte mich bäuchlings auf den Glasboden und starrte, bis mir fast die Pupillen aus den Augenhöhlen fielen. Die Leute stiegen über mich hinweg.
»Sorry, Ma’am?! Can I help you?!« Ein Baum von einem Kerl bückte sich zu mir herunter. Ich sah bestimmt lächerlich aus, wie ich da auf dem Glasboden lag und nach unten starrte!
»I’m observing this taxi!« sagte ich und zeigte hilflos auf das winzige Auto, das am Horizont vor sich hin krabbelte.
»Oh, that’s a good game!« lachte der Riese und entblößte eine Reihe tadelloser weißer Zähne. Ach, wenn Fred nicht gewesen wäre, dann hätte ich jetzt ein heiteres Geplänkel mit ihm angefangen! Aber so? Ich hatte nur eine Mission auf dieser Welt. Ich mußte zu Fred.
»What’s over there to see?« Ich zeigte in die Richtung, wo das Taxi in der flirrenden Sonne wie ein Marienkäfer am Horizont verschwand.
»There’s Kelly Tarlton’s Underwater World.«
Natürlich. Dahin fuhr er bestimmt. Er testete meine Intelligenz! Na, das konnte er haben! Heiteres »Fang mich doch, du Eierloch!«. Bitte schön. So drängelte ich mich unfein in den nächsten Fahrstuhl nach unten, schnappte mir ein Taxi, warf mich fast dem Fahrer auf den Schoß, weil ich wieder vergessen hatte, daß man hier rechts am Steuer saß, krabbelte dann über seine Beine nach links und befahl dem armen Manne, auf schnellstem Wege in Kelly Tarlton’s Underwater World zu fahren.
Schwärze und Dunkelheit. Ich tastete mich voran.
Ein endloser Acryltunnel unter Wasser. Um mich herum schwamm alles mögliche Meeresgetier und glotzte mich aus desinteressierten Augen an. Ey, Flossen! Habt ihr Fred gesehen? War hier so ein gutaussehender Mann im hellblauen Oberhemd? Rauchte er? Dann war er’s! Sagt! Wo ist er. hin?! Platte Rochen schlängelten sich stumm vorbei, verschlagen aussehende Haie zogen ihre Bahnen direkt über meinem Kopf, grinsten zynisch, sagten aber nichts. Abgeschlaffte Riesenschildkröten paddelten träge herum. Keiner von ihnen gab mir Auskunft. Mütter mit Kleinkindern ließen sich auf dem Laufband an den Glasfronten vorbeigleiten. »Look, the big fish, Darling!« – »Don’t touch the window, Kevin, it’s dirty!« – »O look, this marvellous great shark! It’s dangerous!«
Wech hier, ihr habt alle keine Sorgen, außer eure Zeit totzuschlagen!
»Did you see a man with a blue shirt?« fragte ich, indem ich all meinen Mut zusammennahm.
»No, Love, I’m sorry!« sagte die erste. Aber die zweite beteuerte, sie hätte gerade erst, vor zwanzig Minuten, einen rauchenden Mann im blauen Oberhemd gesehen! Obwohl hier »No smoking!« an allen Wänden stünde! Ich hastete weiter. Ach, ich hätte so gern alles näher betrachtet, aber ich war fanatisch darauf konzentriert, Fred hier zu finden! Wohin würde er als nächstes entwischen? Mir rann der Schweiß.
In einem weiteren Komplex war die Welt des Südpols nachgestellt. Man konnte einen kleinen Zug besteigen, der einen in die Welt des ewigen Eises fuhr. Obwohl es heiß und stickig war, begann ich unter kaltem Schweiß zu frösteln, als ich durch künstliche Wind- und Sturmgeräusche fuhr, wo nur noch Eisvögel und Pinguine im ewigen Eis zu sehen waren. Sie starrten mich desinteressiert an. Ihr Frostbeulen! Habt ihr Fred gesehen?! Ein gut-aussehender Mann im hellblauen Oberhemd! Raucht, leicht vernarbt, wirkt einsam! Aber die Pinguine steckten ihre Köpfe zusammen, tuschelten hämisch über mich und wackelten in ihren angeschmuddelten Fräcken auf und ab, wie meine Chormitglieder in Geilenkirchen kurz vor einem städtischen Chorkonzert vor der einzigen Toilette auf und ab wackelten. Alle schienen sich ungeheuer wichtig vorzukommen. Sie lebten in ihrer eigenen Welt. Keiner vermißte dort einen Fred.
Ich krabbelte wieder aus dem Zug. Und jetzt? Was sollte ich jetzt tun?
Und da sah ich ihn. Fred. Endlich. Er stand am Ausgang und zündete sich eine Zigarette an.
»Na? Hast du mich endlich gefunden?«
»Ja. Hab ich.« Ich zitterte vor Glück.
»Eine Minute hätte ich dir noch gegeben. Dann wäre ich wieder aufs Schiff zurück.« Fred blies mir den Rauch ins Gesicht. »Hab doch keinen Bock, hier die ganze ätzende Touristenschiene zu fahren. Dauernd laufen einem Paxe über den Weg.«
»Ich hab dich vom Fernsehturm in ein Taxi steigen sehen«, strahlte ich stolz.
»Das hat ja ewig gedauert.« Freds Ton war eine einzige Rüge. Ich dachte an mein Weiterbildungsseminar vom Rusch-Verlag mit dem Titel »Lassen Sie sich nichts
Weitere Kostenlose Bücher