Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
Hoteldirektor auf. Einen undefinierbaren Blick. Aber was interessierte mich der Hoteldirektor. Ich liebte ja Fred.
»Hast du ‘ne Zahnbürste dabei?«
»Wieso?« Mein Herz raste in wilden Sprüngen.
»Weil ich jetzt entweder aufs Schiff gehe und mich zwei Tage in meine Kabine einschließe, oder wir jetzt auf der Stelle abhauen.«
»Abhauen!« Ich hüpfte begeistert wie ein bezopftes Gör vor ihm herum. »Wohin, wohin?!«
»Laß dich überraschen.«
Wir mieteten einen Wagen mitsamt Fahrer, das heißt, Fred mietete, und ich stand vor Respekt fröstelnd daneben und wartete. Fred war ein Mann von Welt! Er löste alle Probleme in wenigen Sekunden. Wenn ihm etwas stank, wurde er richtig sauer, und das machte ihn erst recht männlich! Er zückte irgendeine Kreditkarte mit vielen Sternen drauf, und schon saßen wir in der Karosse, die nun zwei Tage lang uns gehören würde. Eine Karosse mitsamt Fahrer!
Ich kuschelte mich behaglich in Freds Arm. Zwei Tage und Nächte! Unbeobachtet! Allein mit dem Mann meines Lebens! Diese zwei Tage würden NIE VERGEHN!!
Fred rauchte. »Warst du schon mal in Rotorua?«
»Klar.« Ich tat gelangweilt. »In Rotorua hab ich schon öfter den Messias gesungen oder das Mozart-Requiem. In der Kirche am Marktplatz.«
Fred stutzte. Dann lachte er lauthals los. Hurra! Er hatte einen Sinn für meinen Humor! Ich fühlte mich großartig. Ich konnte diesen Mann noch zum Lachen bringen! Das war bestimmt keiner einzigen seiner tausend flachgelegten Rattenarschtussis gelungen!
»Wir besuchen die Maori«, erklärte Fred. »Das sind die Nachkommen der ersten Einwanderer Neuseelands.«
»Polynesier“, gab ich meine gesunde Halbbildung zum besten. »Steht jedenfalls im Polyglott.«
»Vor tausend Jahren sind die Burschen mit einfachen Holzbooten über den Pazifik gepaddelt.«
»Und weshalb sind sie von Polynesien abgehauen?«
»Überbevölkerung, Hungersnot, was weiß ich. Jedenfalls hatten sie massenhaft Setzlinge von Nutzpflanzen, Schweine, Hühner und Hunde in ihren Booten. Ein echt interessantes Volk, wirst sehen. Du kannst nicht in Neuseeland gewesen sein, ohne die Maori kennengelernt zu haben. Die Maori leben zum Teil heute noch so wie vor tausend Jahren.«
»Wie haben die sich denn um Himmels willen ernährt auf ihrer Überfahrt? Kein Fünfsternerestaurant ›Vier Himmelsrichtungen‹? Keine Bar, kein Kino, keine Show, kein Tanz, kein Zimmermädchen, das einem jeden Tag das Bett frisch bezog, keine Stewards, die einen von vorne bis hinten bedienten ...?«
Fred lachte. »Die hockten da nackt in ihren Holzkanus und fraßen Kokosnüsse. Und bumsten durcheinander. Und schlugen sich gegenseitig die Köppe ein.«
»Woher weißt du das?«
»Ich war dabei«, grinste Fred.
Diesmal stutzte ich. Dann mußte ich lachen.
Der Kerl hatte einen köstlichen Humor! Der paßte zu mir, die freche, schwarze Seele! Was WÜRDEN wir in diesem Leben noch Spaß zusammen kriegen! Langweilen mußten wir uns jedenfalls nicht miteinander.
»Zuerst nannten die Maori ihre neue Heimat ›Aotearoa‹, das heißt ›Land der langen weißen Wolke‹.«
»Hast aber brav deine Hausaufgaben gemacht.« Fred stupste mich spöttisch.
»Und irgendwann um 1800 rum, als Neuseeland englische Kolonie war, da hat so ‘n Gouverneur 46 Maori-Häuptlinge zu sich in sein Kolonialhaus eingeladen, und sie mußten alle ihre drei Kreuze unter den Vertrag setzen, der besagte, daß die Engländer und die Maori friedlich in Neuseeland zusammenleben. Die wollten nicht den gleichen Streß wie die Australier mit den Aborigines.«
»Woher du das alles weißt!« staunte Fred.
»Heute morgen habe ich meine Nase mal in so ‘n Heftchen gesteckt. Ich wußte ja, wir würden an Land gehen ...«
Wir fuhren durch die Nacht. Es war herrlich. Die Mondsichel leuchtete genau verkehrt herum.
»Hier in Neuseeland ist alles genau spiegelverkehrt«, sagte Fred, während er mein Haar streichelte. »Die Sonne steht im Norden am höchsten, das Badewasser fließt gegen den Uhrzeigersinn ab, und statt des Großen Bären leuchtet in einer sternklaren Nacht wie dieser das Kreuz des Südens.« Und dann zeigte er mir das Kreuz des Südens. Ich muß sagen, ich war beeindruckt. Irgendwann schlief ich in seinen Armen ein.
Ich erwachte von einem unglaublich impertinenten Gestank. Hatte mein göttlicher Fred etwa ... Und dann gleich so einen? Das hätte meine Begeisterung für ihn auf Anhieb auf Fingernagelgröße zusammenschrumpfen lassen!
Aber auch Fred schnupperte,
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