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Mord an der Leine

Mord an der Leine

Titel: Mord an der Leine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Freiwillig hatte sie dem
Norden nicht den Rücken gekehrt.
    Die nächste Stunde verstrich ereignislos. Nur wenige
Anwohner zeigten sich auf der Straße, nahmen aber von den beiden Beamten, die
stumm in ihrem Dienstwagen hockten, keine Notiz. Schließlich tauchte Lars von
Wedell auf. Der junge Kommissar hatte den Schlüsseldienst gleich mitgebracht.
    Geschickt öffnete der grauhaarige Handwerker in der
blauen Jacke die Haustür. Obwohl es nur wenige Minuten dauerte, hatte sich eine
Handvoll Kinder eingefunden, die mit offenem Mund der Aktion beiwohnten. Durch
das Geschnatter angelockt, erschien auch die freundliche Nachbarin.
    »Was machen Sie da?«, fragte sie laut, hielt aber
sicherheitshalber Abstand zu den drei Beamten und dem Handwerker. »Was soll
das?«
    »Das hat seine Richtigkeit«, antwortete Frauke.
    »Sie können doch nicht so einfach eine fremde Tür
öffnen und dort eindringen«, protestierte die aufmerksame Frau. »Das geht doch
nicht.«
    Immerhin drohte sie nicht, die Polizei zu rufen,
registrierte Frauke. Sie ging auf die Nachbarin zu. »Das hat seine
Richtigkeit«, sagte sie. »Wir sind von der Behörde.«
    »Das glaube ich nicht. Welches Amt darf in Häuser
eindringen?«
    Frauke wollte in die Tasche greifen, als ihr einfiel,
dass sie noch gar keinen neuen Dienstausweis der niedersächsischen
Landespolizei ausgehändigt bekommen hatte. Und das Flensburger Dokument hatte
sie abgegeben. »Herr Kollege«, rief sie von Wedell, und als der junge Kommissar
zu ihnen hinzutrat, sagte sie: »Können Sie sich der Dame gegenüber bitte mit
Ihrem Dienstausweis legitimieren?«
    »Selbstverständlich.« Von Wedell zeigte seinen
Dienstausweis und wollte eilfertig auch noch den Durchsuchungsbeschluss
präsentieren, aber Frauke legte vorsichtig ihre Hand auf seinen Oberarm, ohne
eine Erklärung abzugeben.
    »Was wollen Sie denn vom Ehepaar Tuchtenhagen?«,
fragte die Nachbarin.
    »Reine Routine. Es gibt keinen Anlass zur
Beunruhigung.« Frauke war sich bewusst, dass dieses eine Situation war, in der
die Polizei rasch handeln musste. Es war ein Abwägen zwischen der
Notwendigkeit, das Verhalten der Hausbesitzer zu hinterfragen, und der
Notwendigkeit, falls diese in keinem Zusammenhang mit dem Mord standen, keinen
Anlass für Gerüchte in ihrem Umfeld zu streuen, die den Tuchtenhagens sonst zum
Nachteil in ihrem sozialen Leben gereichen könnten.
    »Ich weiß nicht recht.« Die Nachbarin blieb skeptisch
und wurde durch eine andere Bewohnerin abgelenkt, die hinzugekommen war.
    »Das ja unglaublich, Sabine«, hörte Frauke die Frau
aufgeregt erklären. »Die Polizei dringt bei Manuela und Thomas ein. Was ist da
bloß passiert?«
    Frauke wandte sich ab und folgte Putensenf und von
Wedell ins Haus, während der Mann vom Schlüsseldienst damit beschäftigt war,
ein neues Schloss einzusetzen.
    Es war ein typisches Einfamilienhaus. Der Flur war mit
dunkelrotem Klinker gefliest und mit einer nüchternen Stahlrohrgarderobe
möbliert, an der eine leichte Sommerjacke und ein Pullover hingen. Eine offene
Treppe führte ins Obergeschoss. Gerahmte Drucke von René Magritte zierten die
Wände des Aufgangs.
    Links ging die Küche ab. Sie bestand aus weiß
gebeiztem Holz mit dunkel abgesetzten Türknöpfen und Griffmulden. Mit einem
raschen Blick registrierte Frauke, dass sich die Tuchtenhagens alle
Annehmlichkeiten einer modernen Küchenausstattung gegönnt hatten. Vom
Cerankochfeld über den Backofen mit dunkler Verglasung, Mikrowelle,
Kühl-/Gefrierkombination inklusive Eiswürfelbereiter bis hin zum Geschirrspüler
war alles vorhanden, was der Vereinfachung der Hausarbeit diente.
    Die Küche sah aufgeräumt aus. In der Spüle standen
zwei Saftgläser und ein Müslibecher. Die Hausfrau schien sehr nüchtern zu sein,
denn Frauke sah nirgendwo kleinen überflüssigen Krimskrams, eine Tonfigur,
einen Anhänger oder anderen Zierrat. Auf dem kleinen Tisch mit den zwei Stühlen
standen nur Salz- und Pfefferstreuer. Nirgendwo war eine Zierpflanze zu sehen.
    Auch der Kühlschrank gab nichts her. Es sah nicht so
aus, als hätte jemand eine Abwesenheit geplant, sondern als wolle man nach
einem normalen Arbeitstag wieder in seine Wohnung zurückkehren.
    Frauke hörte Putensenf und von Wedell im Wohnzimmer
rumoren. Sie folgte den beiden. Der Raum ging über die ganze Breite des Hauses
und gab den Blick in einen kleinen gepflegten Garten frei. Auf der Terrasse
standen sorgfältig abgedeckte Gartenmöbel. Das Zimmer gliederte sich in eine
Essecke

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