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Mord an der Leine

Mord an der Leine

Titel: Mord an der Leine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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zu
überwachen.«
    Madsack nickte zustimmend. »Das habe ich auch schon
vorgeschlagen, aber Bernd Richter hat das abgelehnt. Er hält es in Anbetracht
unserer Personalknappheit für nicht hinreichend effizient.«
    »Na schön«, sagte Frauke. »Wenn man mich nicht
arbeiten lässt, werde ich jetzt Feierabend machen und mich um meine Unterkunft
in der nächsten Zeit bemühen.«
    Sie packte ihre Sachen, wünschte Madsack einen schönen
Abend und traf auf dem Flur Lars von Wedell.
    »Sie wollen schon gehen?«, fragte der junge Kommissar.
    »Für die ersten Stunden in Hannover reicht es«,
antwortete sie.
    Frauke kehrte in ihr Hotel zurück, amüsierte sich über
den »Schädelspalter«, ein kleines Ladenlokal, in dem Hannovers alternative
Stadtillustrierte produziert wurde, und steuerte kurz darauf am Fernmeldeturm
und dem ZOB vorbei den
Hauptbahnhof an.
    Der Raschplatz, die seelenlose Seite des Bahnhofs,
offenbarte sein hässliches Gesicht. Hier lagen die Gestrandeten der Großstadt,
umgeben von einem Meer leerer Flaschen.
    Im Bahnhof herrschte das übliche Gewusel, das auf
jedem großen Eisenbahnknotenpunkt anzutreffen ist. Mit Reisegepäck beladene
Menschen versuchten sich durch das Heer der Reisenden zu tasten und stießen
dabei zwangsläufig mit den Leuten zusammen, für die die Passage des Bahnhofs zu
ihrem täglichen Arbeitsweg gehörte und die auf dem kürzesten Weg den vertrauten
Pfad zum Bahnsteig nutzten.
    Frauke ging ruhigen Schrittes durch die »Promenade im
Hauptbahnhof«, trat auf dem Ernst-August-Platz ins Freie und folgte der
Bahnhofstraße, die die Verbindung zum Kröpcke darstellte.
    Sie fand, dass die einfallslose Nachkriegsarchitektur
in dieser Straße keine wirklichen städtebaulichen Akzente setzte. Frauke war
vom pulsierenden Kern Hannovers, dem eigentlichen Zentrum, ebenso enttäuscht.
Hannovers Charme offenbarte sich nicht in der City, sondern in den vielen
ruhigen und überaus urbanen Wohnvierteln. Sie würde sich nach den ersten
aufregenden Tagen eingehender mit den Schönheiten der Stadt auseinandersetzen,
dem Maschsee, den idyllischen Ecken Hannovers, die entdeckt werden wollten, den
Herrenhäuser Gärten, der Eilenriede, dem Zoo und den anderen Attraktionen der
Stadt, die die ganze Welt zumeist nur als Messehauptstadt kannten. Seit der
Expo, so hatte Frauke gelesen, habe sich Hannover grundsätzlich verändert.
Sicher hatte Hannover auch ein umfassenderes kulturelles Angebot als Flensburg
zu bieten, obwohl ihre Heimatstadt in dieser Hinsicht sehr rege war. Frauke nahm
sich vor, das Angebot der Staatsoper Hannover und der anderen Theater und
Museen in Augenschein zu nehmen. Vielleicht war Hannover auf den zweiten Blick
wirklich so bunt, wie es Nathan Madsack ihr vorgeschwärmt hatte. Schließlich
lockte die Stadt zu Messezeiten Besucher aus aller Welt, die das Leben in den
pulsierenden Metropolen kannten und mit hohen Erwartungen an die Leine kamen.
    Ein Lächeln huschte über ihr Antlitz, als ihr das
Wortspiel einfiel, dass sie nun an der Leine war, aber sich nicht durch Bernd
Richter oder Jakob Putensenf an die Leine legen lassen wollte.
    Wie in allen großen Städten herrschte zu dieser Stunde
lebhafter Verkehr in der Fußgängerzone. Müßiggänger und bummelnde Passanten
stießen mit eilig das Zentrum durchquerenden Menschen zusammen, gelegentlich
hatten sich kleine Grüppchen zum Plausch gefunden und blockierten den Weg,
Kinder lärmten unzufrieden und verlangten lautstark nach den kleinen Genüssen
des Alltags, seien es Eis, Pommes oder Hamburger.
    Wie es sich verlagert hat, dachte Frauke. Man hört
selten ein Kind in der Öffentlichkeit nach Süßigkeiten quengeln. Das war zu
ihrer Kindheit anders.
    Sie verlangsamte den Schritt und ließ sich in der Woge
der Passanten treiben, bis sie den Kröpcke erreichte. Das wohl auch vielen
Ortsfremden von Bildern und Plakaten vertraute Bild des Uhrengehäuses stand in
angenehmem Kontrast zu dem Betonungetüm im Hintergrund. Das alte
Traditionskaufhaus Magis, an das sie sich von einem früheren Besuch erinnerte,
war einer schwedischen Textilkette gewichen. Über dem Dach des Cafés ragte das
Opernhaus empor.
    Das regnerische Wetter des Vormittags war warmem
Sonnenschein gewichen, auch wenn sich gelegentlich noch eine Wolke vor die
Sonne schob. Viele Leute nutzten das Wetter aus und hatten sich in den zahlreichen
Straßencafés niedergelassen. Sie suchte sich ein freies Plätzchen und hatte
Glück, dass zwei junge Mädchen in der ersten Reihe

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