Mord an der Leine
beschleunigen könne.
Der Hauptkommissar hatte mit dem Archiv gesprochen und ihr dann mitgeteilt,
dass die Unterlagen unterwegs seien.
»Kann ich mir die Sachen nicht holen?«
»Ich fürchte, das geht nicht«, hatte Madsack bedauert.
»Wir sind hier eine Behörde. Da muss alles nach einem vorgeschrieben Schema
ablaufen. Außerdem – Sie sind neu. Ihnen würde man keine Akten aushändigen. Sie
können sich nicht einmal legitimieren.«
»Und wenn Sie die Unterlagen holen?«
Madsack stöhnte. »Es liegt nicht an meiner mangelnden
Hilfsbereitschaft. Aber wenn die im Hause unterwegs sind, finden Sie sie nicht.
Selbst als Polizist haben Sie keine Chance, dieser Spur zu folgen.«
Er hatte ihr einen Schnellhefter ausgehändigt. »Das
sind Informationen zur Infrastruktur des Landeskriminalamtes. Wenn Sie möchten,
können Sie sich auf diesem Weg mit Ihrem neuen Umfeld vertraut machen.«
Lustlos blätterte sie in den Unterlagen. Zwischendurch
versuchte sie, Kriminaloberrat Ehlers zu sprechen.
»Der ist heute Nachmittag außer Haus und wird auch
nicht wieder reinkommen«, entschuldigte sich Uschi Westerwelle.
Eine Weile später beugte sich Madsack über seinen
Bildschirm. Dann wandte er sich Frauke zu, während er mit seinem Wurstfinger in
Richtung Monitor wies.
»Das vorläufige Ergebnis der Obduktion liegt vor. Sie
hatten recht. Manfredi ist erstickt. Wie Sie es vermutet hatten. Kompliment.«
Er nickte dazu.
Frauke hatte den Eindruck, dass Madsacks Anerkennung
ehrlich gemeint war. Überhaupt schien der korpulente Hauptkommissar der Einzige
zu sein, der sie nicht als unliebsame Konkurrenz betrachtete oder sich daran
störte, dass sie eine Frau war. Abgesehen von Lars von Wedell, der am Beginn
seiner Polizeilaufbahn stand und mit rührendem Eifer die ihm übertragenen
Aufgaben zu erledigen suchte.
»Soll ich es ausdrucken? Möchten Sie es lesen?«
»Nein danke. Wir müssen das endgültige Ergebnis
abwarten.«
»Schön. Außerdem hat sich die Spurensicherung
gemeldet. Auf der Mordwaffe finden sich zahlreiche Fingerabdrücke. Der
Fleischklopfer ist demnach durch viele Hände gegangen, wobei die Prints des
Opfers deutlich in der Mehrzahl sind.«
»Wenn das Ding auf dem Schreibtisch lag, mag Manfredi
damit gespielt haben. Zum Beispiel beim Telefonieren. Andere verbiegen
Büroklammern oder malen Strichmännchen. Gibt es Abdrücke von Manuela
Tuchtenhagen oder ihrem Mann?«
»Moment.« Madsack studierte den Bericht. »Ja. Von der
Frau. Thomas Tuchtenhagens Fingerprints konnten nicht herausgefiltert werden.
Nur noch die von Theophanis Mikolitis, dem griechischen Putzteufel.«
»Keine Fremdabdrücke?«
»Leider nicht.«
»Überlagerungen?«
Madsack las weiter und ließ dabei seinen
ausgestreckten Zeigefinger über den Bildschirm wandern. »Ja. Leider. Im Bereich
des Griffs. Da gibt es verwischte Spuren. Entweder hat der Täter Handschuhe
benutzt oder den Fleischklopfer abgewischt.«
»Das ist merkwürdig.« Frauke legte den Zeigefinger an
die Nasenspitze. »Wenn Manuela Tuchtenhagen im Affekt zugeschlagen hat, dann
müsste sie schon sehr abgebrüht sein, wenn sie hinterher noch Zeit und Muße
findet, das Tatwerkzeug zu reinigen. Dagegen spricht auch, dass sie panikartig
das Büro verlassen und sich nicht einmal eine Jacke übergeworfen hat.«
»Und welche Frau lässt ihre Handtasche zurück?«,
griente Madsack. »Damit könnte man auch ausschließen, dass Frau Tuchtenhagen
sich zuvor Handschuhe übergestülpt hat, bevor sie ihren Chef erschlug. Auch
dann hätte sie ihre Sachen mitgenommen«, fuhr Frauke fort.
»Und wenn sie es doch war und ihre hektische Reaktion
daher rührte, dass sie überrascht wurde?«
Frauke schüttelte den Kopf. »Der Paketbote kam erst,
als sie das Haus schon verlassen hatte. Und von den Hausbewohnern hat niemand
etwas bemerkt. Nein. Ich glaube nicht, dass es so war.«
»Dann halten Sie Manuela Tuchtenhagen nicht für die
Täterin?«, fragte Madsack.
»Zu solchem Schluss können wir erst kommen, wenn wir
den Täter überführt haben. Im Augenblick fehlen uns aber noch viele Dinge. So
haben wir noch kein schlüssiges Motiv.«
»Und der Anruf im Hause von Tuchtenhagen? Der Mann mit
dem italienischen Akzent, der behauptet hat, die Frau hätte ein Verhältnis mit
Manfredi gehabt?«
»Es gibt noch zu viele offene Fragen«, wich Frauke
aus. Dann versuchte sie, das Mobiltelefon des Ehemannes zu erreichen. Erneut
meldete sich die Mailbox. »Man sollte in Erwägung ziehen, das Haus
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