Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord an der Leine

Mord an der Leine

Titel: Mord an der Leine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
Frauke hechtete hinterher, stolperte
über einen Rucksack, den ein Gast neben seinen Stuhl gestellt hatte, wich dem verdutzten
Kellner aus, der ein Tablett mit Getränken balancierte und ihr entgegenkam, und
rannte auf die Straße. Da sie aus dem Hellen kam, dauerte es einen Augenblick,
bis sie sich im Dämmerlicht der Straße orientieren konnte. Dann sah sie die
fliehende Gestalt die Straße abwärtsrennen. Sie lief hinterher, musste aber
bereits nach wenigen Metern feststellen, dass sich der Abstand vergrößerte. Es
wäre sinnlos gewesen, den Mann zu verfolgen. Sie griff zum Handy und rief die
Polizei an. Ihr schien es ewig zu dauern, bis die Verbindung hergestellt war
und der Beamte beim Notruf begriff, dass er umgehend die Fahndung einleiten
sollte.
    »Simone Bassetti«, erklärte sie.
    »Nennen Sie Ihren Standort.«
    »Pizzeria Italia.«
    »Geht es etwas genauer? Straße?«
    Das war der Unterschied zu Flensburg. Dort kannte
jeder Polizist die Örtlichkeiten, wenn der Name eines Lokals genannt wurde. In
einer Stadt wie Hannover war das anders, musste sie erfahren. Du bist ein
Landei, schoss es ihr durch den Kopf.
    »Gretchenstraße. Das ist eine Nebenstraße von der
Lister Meile.«
    »In welche Richtung ist der Gesuchte flüchtig?«
    »In die andere Richtung. Hören Sie. Ich kenne mich
hier nicht aus. Warum werden Sie nicht einfach aktiv?«
    »Sollen wir ganz Hannover umkrempeln? Wir brauchen
exakte Angaben. Dann muss ich noch Ihren Namen haben.«
    »Dobermann. Erste Kriminalhauptkommissarin. LKA Hannover.«
    »Wieder so eine Tussi von der Kripo«, hörte sie
jemanden im Hintergrund raunen. »Die haben doch von nix ‘ne Ahnung.«
    Nachdem Frauke dem Beamten alle Angaben gemacht hatte,
kehrte sie in die Pizzeria zurück. Das aufgebrachte Durcheinander verstummte
abrupt, als sie in das Restaurant eintrat. Eine resolute Frau kam auf sie zu.
»Was hat das alles zu bedeuten? Können Sie mir das mal erklären?«
    »Darf ich fragen, wer Sie sind?«
    »Die Wirtin.«
    »Das Ganze hat nichts zu bedeuten«, beschwichtigte
Frauke die Frau. »Es war ein Irrtum. Ich bitte um Entschuldigung. Außerdem
hätte ich gern die Rechnung.«
    Frauke zahlte, und gemeinsam brachen sie auf. Vor der
Tür stießen sie mit einem hochgewachsenen Mann zusammen.
    »Papi«, rief Gesa Krafft und fiel ihrem Vater um den
Hals.
    Frauke setzte Herrn Krafft davon in Kenntnis, dass
Lars von Wedell einen tödlichen Unfall erlitten hatte. Er versprach, sich um
seine Tochter zu kümmern.
    Es würde sicher kein beschaulicher Abend werden,
dachte Frauke, als sie in ihr Hotel zurückkehrte.

DREI
    Es mochte wohl niemand verstehen, dass mit von Wedells
Ermordung das Wetter umgeschlagen war und Hannover sich an diesem Morgen von
der heiteren Seite zeigte. Diese Heiterkeit schien sich auch auf die Menschen
in der Stadt übertragen zu haben. Im Frühstücksraum ihres kleinen Hotels
wirkten die anderen Gäste frischer als an den vorhergehenden Tagen. Frauke
hatte ein Gespräch zweier Männer am Nebentisch aufgeschnappt. Sie tippte auf
Geschäftsreisende.
    »Das ist ‘n Ding. Hast du das gelesen? Da haben Sie
gestern einen Polizisten umgebracht. Hier in Hannover.«
    »Berufsrisiko«, hatte der andere mit vollem Mund
geantwortet.
    »Trotzdem. Ist doch eine Sauerei. Da laufen diese
Typen herum und ballern hier durch die Gegend. Sollen die das doch auf dem
Balkan machen. Oder sonst wo.«
    »Waren das denn welche von da?«
    »Weiß nicht. Steht hier nicht. Die Polizei tappt noch
im Dunkeln.«
    »Bei aller Technik, die die heutzutage haben, aber …
Da laufen doch auch nur noch Deppen herum.«
    Der Zweite hatte in der Zeitung weitergeblättert.
»Gibt noch mehr Deppen. Sechsundneunzig kann sich auch nicht entscheiden, ob
sie dem Dingsbums einen Vertrag geben sollen.«
    »Der bringt doch nichts mehr, der alte Sack. Der ist
doch schon über dreißig.«
    »Und du?«
    »Ich krieg auch nicht so viel Kohle.«
    Frauke war aufgestanden und hatte sich am Buffet
bedient. Ihr waren solche neunmalklugen Gespräche zuwider, nicht nur am Morgen
nach einer unruhigen Nacht. Immer wieder war sie aus dem Schlaf hochgeschreckt
und hatte das Bild des toten Lars von Wedell vor Augen. Jetzt, hier im großen
Konferenzsaal, hoffte sie, dass der Kaffee, den sie aus dem Geschäftszimmer
mitgebracht hatte, Wirkung zeigen möge.
    Als Kriminaloberrat Ehlers den Raum betrat, erstarb
das Stimmengemurmel.
    »Guten Morgen. Wenn man an einem solchen Tag überhaupt
von einem guten Morgen sprechen

Weitere Kostenlose Bücher