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Mord an der Leine

Mord an der Leine

Titel: Mord an der Leine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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immer. Und Lars hatte auch die Caprese.«
    Frauke schlug die Karte auf und wanderte mit dem
Zeigefinger die Seite mit den Pizzen abwärts.
    »Ich möchte die Pugliese«, sagte sie. »Aber statt der
Zwiebeln bitte mit Salami. Ist das möglich?«
    »Sicher«, bestätigte der Kellner und zog sich zurück.
    Sie prosteten sich zu, und Gesa Krafft nippte an ihrem
Rotwein, genauso wie sie es zuvor an ihrem Colaglas getan hatte. Während Frauke
die junge Frau musterte, das hübsche ebenmäßige Gesicht, die Stupsnase, die
ausdrucksvollen grünbrauen Augen unter den sorgfältig gezogenen Brauen und die
dezenten Ohrringe, begann Gesa Krafft unaufgefordert zu erzählen.
    Sie hatten sich in einem Bistro kennengelernt, das sie
mit ein paar Freundinnen besucht hatte. Lars hatte sie angesprochen, man hatte
sich verabredet und stellte sehr schnell fest, dass die Sympathie füreinander
beiderseitig war.
    »Er ist ein großer Junge. Manchmal ein bisschen
tollpatschig. Wie oft lässt er etwas fallen oder kleckert. Ich mag ihn, so wie
er ist. Er kann wie ein großer Bruder sein. Wir wollen noch unheimlich viel
entdecken. Jetzt, wo er auch mehr Geld hat. Mit dem, was mein Vater mir fürs Studium
gibt, kommen wir ganz gut zurecht.« Plötzlich fiel ihr auf, dass sie in der
Gegenwart sprach, so als würde ihr Freund noch leben. Der feuchte Schimmer trat
wieder in ihre Augen, und Frauke befürchtete, dass Gesa Krafft erneut zu weinen
beginnen würde, aber die junge Frau tupfte sich die Augen ab und stierte in ihr
Weinglas. Mit ihrem Finger malte sie Figuren auf die Tischdecke.
    »Hat Lars dir etwas über seinen heutigen Einsatz
erzählt?«
    »Lars? Erzählt?«, erwiderte sie geistesabwesend.
»Nein. Nichts.«
    »Er hat keine Bemerkung fallen lassen, mit wem er sich
treffen wollte?«
    »Nö. Er erzählt immer nur mit großen Augen – wie ein
kleiner Junge –, wie viel Spaß der Job macht. Über seine Sachen, was er getan
hat und so, hat er nie was gesagt.«
    Der Kellner brachte das Essen. Mit einem »Bitte«
stellte er die großen Teller vor die Frauen hin. Frauke faltete die
Papierserviette auseinander und legte sie sich auf den Schoß. Dann begann sie,
ein Stück vom Rand abzuschneiden.
    »Lars sagt, hier gibt es die beste Pizza Deutschlands«,
erklärte Gesa Krafft und starrte auf ihr Essen, ohne es anzurühren.
    Frauke nahm den ersten Bissen. Nach drei weiteren
hatte sie sich vom Rand zur Mitte durchgearbeitet. Von Wedell hatte recht. Die
Pizza war wirklich außergewöhnlich gut.
    »Möchtest du nicht?«, fragte Frauke und zeigte mit
ihrer Gabel auf Gesa Kraffts Essen.
    »Was?«, fragte die junge Frau abwesend zurück.
    Vom Nachbartisch drang fröhliches Gelächter herüber.
Ein Mann mit einem dröhnenden Bass schien der Mittelpunkt der kleinen Gesellschaft
zu sein. Auf der anderen Seite mühte sich ein Ehepaar zu dieser schon späteren
Stunde damit ab, seine Kinder bei Laune zu halten.
    Gesa Krafft griff zur Gabel und stocherte damit in der
Pizza herum. Sie fuhr über den Belag und kratzte ein wenig Mozzarella ab, pikte
ein Blatt frisches Basilikum auf und führte es zum Mund. »Dass du jetzt etwas
essen kannst«, sagte sie zu Frauke. Es klang wie ein Vorwurf.
    »Reine Vernunft. Ich habe zuletzt etwas zum Frühstück
zu mir genommen.«
    Gesa Krafft fuhr erneut mit ihrer Gabel über den
Belag, schien es sich dann aber doch anders überlegt zu haben und legte das
Besteck an die Seite. Unentschlossen nahm sie das Weinglas, nippte daran und
hielt es in Augenhöhe hoch. Vorsichtig drehte sie das Trinkgefäß und kniff
dabei das linke Auge zu. Dann peilte sie über den Rand einen imaginären Punkt
im Hintergrund an. Plötzlich zuckte sie wie unter einem Peitschenhieb zusammen.
Sie streckte die Hand mit dem Glas aus und zeigte auf etwas in Fraukes Rücken.
    »Das ist er«, schrie sie fast. Dabei schwappte der
Rotwein über und ergoss sich über den Tisch. Mit Glück blieb Frauke von
Spritzern verschont.
    Frauke hatte sich umgedreht und sah einen jungen Mann,
der noch die Türklinke in der Hand hielt und beim Ausruf der jungen Frau wie
zur Salzsäule erstarrte.
    »Das ist der, der von diesem Fleischheini erzählt hat.
Der, den ihr wegen Mordes sucht.«
    Schlagartig war es still geworden im Restaurant. Gesa
Krafft hatte so laut gesprochen, dass jeder Gast es hatte hören können.
    Frauke warf ihr Besteck auf den Teller, schob den
Stuhl zurück und sprang auf. Im selben Moment hatte sich der neue Gast
umgedreht und das Restaurant verlassen.

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