Mord an der Leine
anderen Seite des großen Tisches niedergelassen
hatte.
Mit zehn Minuten Verspätung erschienen Ehlers und
Richter. Der Kriminaloberrat sagte ein paar Worte zur Begrüßung. »Leider sind
wir in der Sonderkommission, die an der Aufklärung des Mordfalls von Wedell
arbeitet, noch nicht weitergekommen«, fuhr er fort. »Wir verfolgen eine Reihe
von Spuren, aber keine ist als wirklich heiß einzustufen. Die Spurensicherung
war gestern noch einmal draußen und hat das gesamte Areal abgesucht, auf dem
der Schusswechsel stattgefunden hat. Sie haben alles durchkämmt und auch Metalldetektoren
eingesetzt, aber nichts gefunden. Wir haben weder die Geschosse noch die
Geschosshülsen des Täters noch das einzelne Geschoss gefunden, dass Herr
Richter abgegeben hat. Nach unseren bisherigen Ermittlungen wird Thomas
Tuchtenhagen der Tat dringend verdächtigt. Er ist zweifelsfrei vom Kollegen
Richter erkannt worden, als der ihn verfolgte. Der Flüchtige ist auf der
A 7 Richtung Süden entkommen und … Aber das wissen Sie ja schon. Erfolg
versprechend ist die Verhaftung von Simone Bassetti, die gestern Abend durch
den lobenswerten Einsatz unserer neuen Mitarbeiterin Frau Dobermann vollzogen
werden konnte. Den Ablauf der Aktion sollten Sie uns vortragen.« Ehlers sah sie
an.
Frauke schilderte die Verhaftung. Sie hatte kaum
ausgesprochen, als sich Richter zu Wort meldete.
»Auch wenn Sie den Erfolg hervorheben, Herr Ehlers,
kann ich eine solche unabgestimmte Aktion nicht gutheißen. Wir sind ein Team
und leben vom Erfolg der koordinierten Zusammenarbeit. Es wäre sinnvoll
gewesen, die überstürzte Verhaftung nicht im Alleingang, sondern kontrolliert
vorzunehmen.«
»Sie schätzen das falsch ein«, wehrte sich Frauke.
»Wenn Bassetti seine Wohnung wieder verlassen hätte, wäre er weiter flüchtig.«
»Trotzdem. Sie sind nicht allein auf der Welt, Frau
Dobermann. Ihre Absicht, die Wohnung zu observieren, hätten Sie mit mir
abstimmen sollen. Was wäre geschehen, wenn sich dort weitere Verdächtige mit
Bassetti getroffen hätten? Sie können von Glück sagen, dass sich der Mann
ergeben hat. Hätten Sie eine Schießerei in der Wohnung verantworten können?«
»Das sind zu viele ›Wenns‹, Herr Kollege. Unsere
Arbeit muss auch …«
»Wollen Sie mir erklären, wie man taktisch bei
schwierigen Ermittlungen vorgeht?«, unterbrach Richter sie. »Wir hier – in
diesem Team – waren auch vor Ihrem Erscheinen erfolgreich.«
»Keiner zweifelt daran. Sie erwarten aber nicht, dass
alle aus diesem Team ihre eigenen Ideen unter den Scheffel stellen müssen.«
»Sie rufen lautstark nach Anarchie«, entrüstete sich
Richter und fuhr Madsack wütend an, als der ein leises »Aber, Bernd, vielleicht
…« einfügte.
»Halt dich da raus, Nathan. Die Arbeit der
Ermittlungsgruppe muss koordiniert ablaufen. Und dafür bin ich verantwortlich.«
Frauke zeigte mit ausgestreckter Hand auf Richter.
»Ihre Profilneurose lässt keinen Teamkonsens aufkommen.«
»So geht das nicht«, fuhr Ehlers energisch dazwischen,
aber Richter ließ sich nicht aufhalten.
»Ich habe gestern Nachmittag mit den Kollegen von der
Wirtschaftskriminalität zusammengesessen. Natürlich war mir aufgefallen, was
Nathan und die da«, er zeigte dabei auf Frauke, »herausgefunden haben.«
»Warum hast du nichts gesagt?«, fragte Madsack.
»Du kennst Bernd«, mischte sich Putensenf ein. »Der
gackert nicht, bevor das Ei gelegt ist.«
Richter wandte sich an Ehlers. »Ich bitte Sie, Frau
Dobermann in einer anderen Dienststelle unterzubringen. In unserer
Ermittlungsgruppe sehe ich keine Möglichkeit einer gedeihlichen
Zusammenarbeit.«
»Sie beide, Frau Dobermann, Herr Richter, kommen im
Anschluss in mein Büro«, entschied der Kriminaloberrat. »Nun sollten wir zur
Sacharbeit zurückkehren. Gibt es bereits Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung?«
Richter zog ein Blatt Papier aus dem Stapel hervor,
der vor ihm lag. »Der PC und das
Handy werden noch ausgewertet. Sonst wurde nichts gefunden, bis auf die Waffe.«
»Mensch, das ist doch was«, sagte Putensenf.
»Nun wart’s doch ab. Die steckte in der Tasche einer
Lederjacke, die an der Flurgarderobe hing. Sie wird von der Kriminaltechnik
untersucht. Die beiden Beamten vom Kriminaldauerdienst äußerten die Vermutung,
dass die Waffe vor nicht allzu langer Zeit benutzt worden ist. Das wollen sie
anhand einer Schnupperprobe festgestellt haben. Außerdem liegt das Ergebnis der KTU aus Braunschweig noch nicht
vor. Die haben
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