Mord an der Leine
der
Italiener.
»Das sagen alle«, knurrte Brumund. »Was liegt gegen
ihn vor?«
»Mordverdacht, Schusswaffengebrauch,
Körperverletzung«, zählte Frauke auf. »Der Rest folgt.«
»Ihr spinnt doch«, sagte Bassetti. »Das ist alles
gelogen.«
»Ruhe«, knurrte ihn Schneiderhahn an und packte den
Mann am Oberarm. »Komm jetzt.«
»Was soll hier geschehen?« Brumund zeigte auf die
offene Wohnungstür.
»Können Sie den Kriminaldauerdienst informieren? Wir
benötigen die Spurensicherung.«
»Klar.« Brumund hob sein Funkgerät ans Ohr und gab die
entsprechenden Anweisungen an die Leitstelle durch. Dann verabschiedeten sich
die beiden Streifenpolizisten. Brumund tippte an den Schirm seiner Mütze.
»Wenn Sie mal wieder einen Wunsch haben, Frau
Kollegin, wir sind jederzeit zur Stelle.« Er ließ ein herzhaftes Lächeln sehen.
Unterdessen war Schneiderhahn damit beschäftigt, den
widerstrebenden Bassetti die Treppe hinabzubugsieren.
Frauke sah sich in der Wohnung um. Im engen Flur waren
nur ein paar Garderobenhaken an der Wand befestigt, an denen eine rötliche
Lederjacke baumelte.
Wohn- und Schlafzimmer waren mit Möbeln eines
bekannten Möbelhauses ausgestattet. Frauke wäre nicht überrascht gewesen, wenn
sie beim Öffnen einer Schranktür einem Elch entgegengeblickt hätte. Die Auswahl
und Zusammenstellung war sehr einfallslos. Bassetti schien bei der Auswahl
exakt dem Angebot einer Katalogseite gefolgt zu sein. Das zog sich durch bis zu
den Lampen. An der Decke hing ein runder Japanballon, in der Ecke stand eine
Stehlampe aus weißem Papier. Selbst der grobe Wollteppich auf den verschrammten
Holzdielen passte zur blau-gelben Einrichtungsphilosophie. Lediglich die
»elektronische Wohnungsausstattung« war mit Verstand zusammengestellt. Durch
ein wirres Kabeldickicht miteinander verbunden dominierten der große Flatscreen
des Fernsehers, die Stereoanlage und die beiden überdimensionalen
Lautsprecherboxen, abgesehen vom großen Basslautsprecher, der quer vor einem
Regal lag. Das Ganze war außerdem mit dem Computer verbunden, der auf einem
einfachen Schreibtisch stand. Frauke ließ sich auf dem unbequemen Stuhl davor
nieder und sah auf den Bildschirm, ohne etwas zu berühren. Es wirkte nur mäßig
spannend. Offenbar hatten sie Bassetti dabei erwischt, als er Musik aus einem
Internetportal auf einen MP 3
Player herunterladen wollte.
Sie hatte die Wohnungstür angelehnt gelassen und
vernahm aus dem Treppenhaus unterdrücktes Stimmengemurmel. Dort schienen sich
ein paar Nachbarn zusammengefunden zu haben, die über die Ereignisse im Haus
sprachen. Nach einer Viertelstunde klopfte es an der Wohnungstür, und eine
sonore Männerstimme rief: »Hallo?«
Frauke trat in den Flur und sah sich einem Mann und
einer Frau gegenüber.
»Dobermann, LKA «,
stellte sie sich vor.
»Pannenbecker. Das ist meine Kollegin Hofschulte. Wir
kommen vom Kriminaldauerdienst.«
Frauke informierte die beiden Beamten über die
Hintergründe. »Wir sollten die Wohnung durchsuchen und Beweise sichern«,
erklärte sie. »Wir suchen nach Waffen, Munition, aber auch anderen Hinweisen,
die eine Verbindung zum Mord an Marcello Manfredi aufdecken könnten. Ferner
interessiert uns, ob es beweisbare Verbindungen zum Ehepaar Tuchtenhagen gibt.
Außerdem Bankverbindungen, Adresslisten, Telefon, Mailverkehr und so weiter.«
»Das Übliche«, stöhnte Pannenbecker. »Na, dann wollen
wir mal ran.«
Frauke bat darum, das Ergebnis der Ermittlungsgruppe
»Richter« beim LKA zukommen zu
lassen.
Nachdem sie die Wohnung verlassen hatte, ging sie langsam durch die klare Nachtluft zu ihrem Hotel zurück.
VIER
Der Besprechungsraum mit seinen kahlen Wänden und der
nüchternen Atmosphäre ödete Frauke an. Erst weit nach Mitternacht hatte sie
einen unruhigen Schlaf gefunden. Müde hatte sie am Frühstückstisch gesessen und
musste am Nebentisch die Beiträge eines anderen Gastes über sich ergehen
lassen, der in einem ausgeprägt bayerischen Dialekt lautstark und ungefragt die
Situation der Weltpolitik erläuterte. Und wenn von seinem Begleiter ein
sachlicher Einwand kam, hatte der Mann noch einmal von seinem Brötchen
abgebissen und mit vollem Mund alle Argumente des anderen als »deppert« vom
Tisch gewischt.
Frauke war froh, dass Putensenf und Madsack, die mit
ihr auf Richter und den Kriminaloberrat warteten, schwiegen. Madsack hatte sie
mit einem »Guten Morgen« begrüßt, während Putensenf etwas Unverständliches
geknurrt und sich auf der
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