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Mord auf Widerruf

Mord auf Widerruf

Titel: Mord auf Widerruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Suchscheinwerfer im Gefangenenlager. Er hörte, wie das Auto langsamer wurde, und dachte einen Augenblick, die Rettung sei nahe. Dasselbe schienen seine Angreifer zu denken und verlangsamten ihre Schläge. Dann heulte der Motor auf, und das Fahrzeug fuhr davon.
    Der Angriff wurde mit noch größerer Wut fortgesetzt. Wields Stirn war aufgeplatzt, und das Blut rann ihm über das Gesicht. Hätten sie ihn alle gleichzeitig angegriffen, hätten sie ihn in die Knie zwingen können, aber zum Glück attackierten sie ihn einzeln und sprangen dann einen Schritt zurück, wie Hunde, die einen Dachs anfallen, der trotz seiner hoffnungslosen Lage noch die Macht hat, ihnen vor seinem Ende eine Verletzung zuzufügen.
    Doch was haben sie von mir zu befürchten? fragte sich Wield. Keine Waffe, versiegende Kräfte, blutüberströmt … und da kam ihm der rettende Gedanke. Die Aids-Aufklärungskampagnen hatten zwar ihre dumme Angst nicht beschwichtigt, und ihre ohnehin kaum vorhandene Toleranz war dadurch auch nicht größer geworden, doch eines hatten sie ihnen offensichtlich eingebleut: Die Hauptgefahr nichtsexueller Infektion ging von Blut aus. Deshalb waren sie so scharf darauf, Abstand zu wahren.
    Seinen Kopf in den Nacken werfend, stieß er einen so markerschütternden Schrei aus, daß sie jäh innehielten. In die kurze Stille hinein schrie er gellend: »Ihr habt recht! Ich hab es! Und morgen um diese Zeit habt ihr es auch alle!« Und er wischte sich mit der Hand über die aufgeplatzte Stirn und spritzte ihnen das Blut ins Gesicht wie ein Priester das Weihwasser mit dem Wedel.
    Einen Augenblick sah es so aus, als würde ihr Schrecken in noch größere Brutalität umschlagen, doch als der erste seinen Ast heben wollte, japste Wield: »Sechzig Sekunden habt ihr, um es abzuwaschen. Hört ihr denn nicht aufs Fernsehen?«
    Seine gefälschte Statistik tat ihre Wirkung. Einer von der Bande machte kehrt und rannte in den Park. In der Mitte stand ein Trinkbrunnen. Die anderen begriffen, was er vorhatte, und warfen wie auf ein Signal ihre Äste vor Wield auf den Boden, als seien es Palmblätter, und im nächsten Augenblick war er allein.
    Er wartete nicht, bis sie von ihren Waschungen zurückkamen, sondern stolperte aus dem Torbogen und über die Straße. Keine Spur von Waterson. Nicht, daß Wield viel hätte tun können, selbst wenn er neben ihm gestanden hätte. Er brauchte seine letzten Kräfte, um bis zum nächsten erleuchteten Haus zu gelangen. Noch nicht einmal sein Ausweis konnte den Bewohner dazu bewegen, die Türkette zu entfernen, aber er rief wenigstens bei der Polizei an, die denn auch in der Erwartung kam, einem betrunkenen Ruhestörer die Leviten lesen zu müssen und nicht einem in Schwierigkeiten geratenen Kollegen zu helfen.
    Sie brachten ihn zum Krankenhaus, wo sie sich locker über die lange Schlange an der Notaufnahme hinwegsetzten. Eine hübsche pakistanische Krankenschwester hatte gerade begonnen, Wields Verletzungen zu säubern, als der Vorhang der Kabine zur Seite geschoben wurde und eine Stimme sagte: »Ach du liebe Zeit, was ist denn mit Ihnen passiert, Sergeant?«
    Wield verdrehte die Augen, um Ellison Marwood ins Blickfeld zu bekommen. »Man hat mich zusammengeschlagen.«
    »Jemand, den ich kenne?« sagte Marwood und machte sich daran, ihn zu untersuchen.
    »Das bezweifle ich«, erwiderte Wield und zuckte zusammen, als der westindische Arzt ihn abtastete. »Sind Sie der einzige Arzt, den die hier haben?«
    »Wollen Sie jemand anderen, Mann?«
    »Nein. So war das nicht gemeint«, sagte Wield. »Ich wollte nur sagen …«
    »Keine Sorge. Wenn ich wirklich der Meinung wäre, daß Sie eine rassistische Spitze losgelassen hätten, würde ich Sie einfach ein paar Stunden auf dieser Liege schmoren lassen. Nein, Sie haben nur Pech. Wären Sie eine halbe Stunde früher zusammengeschlagen worden, hätten Sie mich verpaßt. Ich habe gerade erst angefangen. Sie sind mein erster Fall heute nacht, also habe ich wenigstens noch beide Augen offen.«
    Es dauerte noch eine Stunde, bis Wield geröntgt und genäht war. Als er schließlich fertig war, ging es ihm schlechter als bei seiner Ankunft, aber Marwood versicherte ihm, daß nichts gebrochen sei und er nach einem Tag im Bett und einem guten Schmerzmittel wieder fit für die Arbeit sei.
    »Ich könnte Sie ohne weiteres eine Woche krank schreiben, wenn Sie wollen, aber ich habe den Eindruck, daß Sie zu den Kerlen gehören, die die Zähne zusammenbeißen und ihre Pflicht

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