Mord hat keine Tränen: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
dass er es einfach vergessen hat? Oder will er uns die Wahrheit vorenthalten, aus welchem Grund auch immer? Es wäre hilfreich, wenn wir das wüssten.«
»Monty würde nicht lügen!«, sagte Monica Farrell entschieden. »Ganz bestimmt nicht absichtlich, um jemanden zu täuschen. Wenn er sagt, dass er den Toten nicht kennt und ihn noch nie gesehen hat, dann ist das die Wahrheit. Oder jedenfalls das, was er als die Wahrheit betrachtet. Wie gut sein Gedächtnis noch funktioniert ist eine andere Frage. Ich nehme an, er könnte ihn vergessen haben. Alles in allem jedoch halte ich das für unwahrscheinlich. Es gab in den vergangenen Jahren nicht mehr viele Leute, die sich mit ihm abgegeben haben. Er würde sich an einen Fremden erinnern.«
»Das ist doch etwas«, sagte Jess. »Und es erleichtert mich, das zu hören. Ich hatte mich nämlich schon gefragt, ob Monty einfach nur den Kopf in den Sand steckt, weil er nicht von uns belästigt werden will, und Informationen zurückhält.«
»Denken Sie an die vergrabenen Whiskyflaschen«, warnte Monica. »Ich sage nicht, dass er nicht verschlagen sein kann. Doch ich glaube nicht, dass er die Polizei vorsätzlich belügt.« Sie zögerte und musterte Jess einmal mehr auf diese verwirrende Weise. »Und er würde Sie nicht belügen. Sie sehen aus wie Penny. Er würde Sie nie belügen, genauso wenig, wie er Penny belogen hätte.«
»Und trotzdem hat er seinen Schnaps vor ihr versteckt«, warf Jess ein.
»Ganz genau. Aber das ist etwas anderes, und ich denke, Sie verstehen das. Wenn Sie etwas von Monty wissen wollen, fragen Sie ihn direkt. Das ist der schnellste und einfachste Weg.«
»Danke sehr. Ich werde es beherzigen.« Jess lächelte. »Wenn wir jetzt vielleicht über das Ehepaar Hemmings sprechen könnten, das in das ehemalige Schulhaus gezogen ist ...«
»Sind sie denn in die Sache verwickelt?«, unterbrach sie Monica, und ihre Miene hellte sich auf. »Sagen Sie mir, dass die Hemmings ihre Finger im Spiel haben. Ich würde mit Freuden sehen, wie sie in Handschellen abgeführt werden!«
»Nein, nicht wirklich verwickelt, aber sie kannten den Toten. Er war am Tag seines Todes zu einer Dinnerparty bei ihnen eingeladen. Als Superintendent Carter nach seinem Besuch bei Ihnen vor dem ehemaligen Schulgebäude hielt, dachte Mrs. Hemmings im ersten Augenblick, es wäre Jay Taylor, der Tote, weil er ebenfalls einen Lexus fuhr.«
Jess kramte in ihrer Tasche und zog den Schnappschuss hervor, den Billy Hemmings ihr gegeben hatte. »Ich frage mich, ob Sie den Mann auf diesem Photo erkennen - vielleicht haben Sie ihn ja in der Gegend von Weston St. Ambrose gesehen?«
Monica Farrell griff über das Teegeschirr hinweg nach dem Photo und betrachtete es eingehend. »Das ist er, nehme ich an? Der Tote? Nur lebendig und beim Pferderennen, wenn ich das richtig sehe? Gütiger Himmel, sehen Sie nur den Hut, den diese Mrs. Hemmings trägt! Sie sieht aus wie eine Stehlampe!«
Jess versuchte nicht zu lachen. »Der Mann?«, drängte sie.
»Oh, richtig.« Monica schürzte die Lippen. »Ich bin nicht sicher, aber ja - ich denke, ich habe ihn schon einmal gesehen. Vor ein paar Wochen muss das gewesen sein. Er und Hemmings sind hier vorbeispaziert, auf dem Weg zu unserem einzigen überlebenden Pub, schätze ich. Ich erinnere mich noch, wie ich dachte, dass sie aussahen wie zwei vom gleichen Schlag. Wenn es nicht der auf dem Photo war, dann war es jemand, der ihm zumindest sehr ähnlich gesehen hat.«
»Haben die beiden sich unterhalten, als Sie sie an Ihrem Haus vorbeigehen sehen haben?«
»Was? Oh. Ja, richtig, einer von beiden hat geredet. Nicht Hemmings, sondern der andere, der auf dem Photo - falls es der gleiche ist. Er redete in einem fort und sah aus, als wäre er höchst zufrieden mit sich.«
»Vielleicht hatte er einen ordentlichen Gewinn beim Pferderennen«, vermutete Jess, indem sie das Photo wieder an sich nahm. »Es hilft uns jedenfalls weiter, irgendwie.«
Haben die beiden etwas ausgeheckt, Hemmings und Taylor?, sinnierte sie. Und falls ja, wie finde ich heraus, was es war?
Sie bedankte sich bei ihrer Gastgeberin für die Informationen und die geopferte Zeit sowie für den Tee und das Gebäck. Monica fragte einmal mehr, ob sie vielleicht die Kirche von innen besichtigen wollte. Es erschien Jess unhöflich, das Angebot auszuschlagen, also nahm Monica den Schlüssel vom Haken. Dann zog sie einen voluminösen Plastikregenmantel über und führte Jess nach draußen. Sie marschierten
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