Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Stadtmauer ausgeschlossen. Der Tempel der Diana ist der älteste und ehrwürdigste Tempel von Rom, doch er stand einst außerhalb Roms, und deshalb fühlen sich deren Priester überlegen. Diese entrüsteten Figuren hoben die Hände und verwehrten den Gardisten den Zutritt. »Ihr entweiht unseren Schrein! Tragt keine Gewalt in einen Ort des Asyls!« Es gibt Präzedenzfälle für Gesuche, einen Entflohenen von der Göttin Diana zurückzufordern, aber selbst wenn man Alexander der Große mit seinem gesamten Heer ist, hat man höflich zu sein.
    Die Prätorianer, die glaubten, überall hingehen zu können, waren empört. Ein Streit brach aus. Verhandlungen erbrachten nichts, und so setzten die Gardisten ihren Antrag kraft ihrer Waffen durch und marschierten klirrend hinein. Allerdings waren sie ins Stocken geraten. Manche nahmen sogar ehrerbietig ihren Helm ab, als sie den inneren Bereich betraten.
    Wir trugen keine Helme. Doch nachdem wir in das schwacherleuchtete Innere gestürmt waren, bewegten auch wir uns leiser, genau wie die Prätorianer. Wir kamen durch einen regelrechten Säulenwald in düstere, nach Räucherwerk riechende Räume. Statuen von Amazonen mit beunruhigend freundlichem Ausdruck blickten von allen Seiten auf uns hinunter. Im Mittelpunkt des Heiligtums stand eine erhabene Statue, die der aus Ephesus nachempfunden war – Diana als vielbrüstige Muttergottheit, ein gelassenes Lächeln auf ihren vergoldeten Lippen, mit ausgestreckten Händen, die Handflächen nach oben, als hieße sie Geflohene willkommen.
    Unsere Hände lagen am Schwertgriff, doch wir ließen die Schwerter in der Scheide. Wir bemühten uns, die Prätorianer zu überholen, aber die überheblichen Mistkerle drängten uns zurück. Einige wirbelten herum, bauten sich Schulter an Schulter auf und pferchten uns in einer Ecke ein. Uns den Weg freizuschlagen wäre keine gute Idee gewesen.
    Justinus und Lentullus waren verschwunden. Sonst schien niemand hier zu sein. Eine Schar von Priestern und Priesterinnen hatte sich hinter uns hineingedrängt. Sie zischten erbost, als die Gardisten mit einer systematischen Durchsuchung begannen. Eine Weile versuchten diese Einfaltspinsel, nicht zu viel Schaden anzurichten, aber ihre übliche Vorgehensweise bestand darin, Besitztümer rücksichtslos durch die Gegend zu werfen. Schon bald fiel ein Kandelaber um. Es gab ein Handgemenge, als schnatternde Priester die Flammen mit einem Vorhang erstickten, unter »Zuhilfenahme« ermutigter Gardisten, die weitere Draperien von ihren Vorhangstangen rissen und sie beiseitewarfen. Weihstatuetten wurden von tollpatschigen Stiefeln herumgekickt. Als eine Priesterin aufkreischte und sich schützend über Tempelinventar und Schätze warf, fanden jubelnde Gardisten Ganna.
    Eine Gruppe Prätorianer kreiste sie ein, um sie an der Flucht zu hindern. Sie taten ihr nichts. Aber Ganna war jung, weiblich und fremd hier – und sie hatte keine Erfahrung darin, Ärger zu entschärfen. Sie schrie auf, und natürlich schrie sie weiter. Das war zu viel für Justinus, der aus seinem Versteck herausstürzte. Lentullus war ihm wieder auf den Fersen.
    Jetzt wurde es hässlich. Die Gardisten zogen schließlich ihre Schwerter, woraufhin die Tempelmannschaft endgültig durchdrehte. Justinus und Lentullus rannten beide brüllend durch das Heiligtum zu Ganna, auf eine Reihe glitzernder, scharfer Schwerter zu, geschwungen von brutalen Männern, die zwanzig Jahre Kampferfahrung hatten. Das Licht war schlecht, Platz gab es kaum, und in Windeseile verwandelte sich alles in einen Alptraum. Justinus, obgleich unbewaffnet, brüllte die Gardisten an, das Mädchen loszulassen. Sie rückten in eindeutiger Absicht gegen ihn vor. Lentullus, der ein Schwert hatte, warf sich zwischen sie. Clemens und ich versuchten, einen vernünftigen Einfluss auszuüben, doch wir waren immer noch in unserer Ecke eingepfercht von anderen Gardisten, die jetzt beschlossen, uns zu entwaffnen. Während wir unsere Waffen zwischen uns herumreichten, um sie vor der Konfiszierung zu bewahren, sah ich, wie Ganna nach draußen gezerrt wurde. Mir gelang es, durchzubrechen, doch als ich auf die Stufen hinauskam, konnte ich nur noch hilflos mit ansehen, wie sie auf den Platz hinuntergetragen, durch die jubelnde Menge geschoben und in die Sänfte geschubst wurde, mit der Anacrites gekommen war. Er warf mir einen abscheulich triumphierenden Blick zu.
    Jemand mischte sich ein. Helena Justina ließ ihren Arm voller Mäntel fallen und

Weitere Kostenlose Bücher