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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gemacht? Nein. Der Zufall wäre zu groß.
    Ein Zyniker hätte anführen können, Justinus hätte das Geschenk in Wirklichkeit für Veleda gekauft, um sich wieder bei ihr einzuschmeicheln – aber so ein Täuschungsmanöver hätte Papa durchschaut. Papa hatte es für ein echtes Friedensangebot gehalten. Justinus war entsetzt gewesen, Claudia geschlagen zu haben. Außerdem, als er und Veleda im Wald zusammen waren, war das der Traum einer jungen Liebe; ihre Beziehung war viel zu ätherisch für die Art von Bestechung, die verheiratete Paare im Alltagsleben anwenden. Wenn Justinus zu Veleda eilte, würde er auf den Schwanenflügeln der Liebe fliegen, ohne vorher groß zu planen.
    Ich schickte einen meiner Neffen, um sich von Papa eine Beschreibung des gekauften Geschenks geben zu lassen. Gaius, der Bote, sollte Papa ebenfalls bitten, bei seinen Kumpel in den Saepta und dem Emporium nach Sichtungen des vermissten Mannes zu fragen. Oder auch Sichtungen des Geschenks. Papa würde begeistert sein. Er gab gerne vor, eine Art Experte mit hervorragenden Kontakten zu sein, wohingegen ich ein unfähiger Amateur sei. Falls er etwas entdeckte, würde ich sein hämisches Gekrähe ertragen müssen, aber es gab immerhin die Möglichkeit, dass Papa Resultate erzielte.
    Zu Hause wurde mir der Druck zu groß. Auf der Suche nach Frieden verzog ich mich in eine Weinschenke auf dem Aventin. Ich erwartete nicht, Justinus in dieser Kaschemme zu finden. Als Ort zum Trinken war die Bude nicht gerade anziehend. Aber der Kellner war liebenswürdig, und die Gäste, von denen viele etwas vor ihren Ehefrauen, Müttern oder Steuereintreibern zu verbergen hatten, ließen andere Leute in Ruhe. Bis die Soldaten der Ersten Adiutrix die Kneipe entdeckten – was nicht lange dauern würde –, konnte ich hier allein vor mich hin brüten.
    Na gut, ich nahm die Hündin mit. Nux Gassi zu führen war immer eine gute Ausrede, aus dem Haus zu kommen.
     
    Floras Caupona wurde nicht mehr von Flora geführt, die gestorben war, vermutlich ausgelaugt von zwanzig Jahren Zusammenleben mit meinem Vater. Ehemals von Papa für seine Mätresse als kleines Unternehmen eingerichtet, in dem sie sich ihr Nadelgeld verdienen konnte (um sie beschäftigt zu halten, damit sie kein unerwünschtes Interesse für seine Machenschaften entwickelte), hatte das Flora jetzt seit etwa zwölf Monaten meine ältere Schwester Junia als hoffnungslose Besitzerin. Abends war Junia zu Hause bei ihrem grauenvollen Ehemann und ihrem recht niedlichen tauben Sohn. Jeden Abend bei Sonnenuntergang überließ sie die Caupona den fähigen Händen des Kellners Apollonius, und alle entspannten sich.
    Die Caupona lag an einer Ecke, wie sich das für gute Kneipen gehört. Sie verfügte über die üblichen zwei Theken mit falschen Marmorplatten, in die große Töpfe eingelassen waren. Darin blubberten fragwürdige Eintopfgerichte in bleichen Farbtönen, angedickt von etwas, das eine Mischung aus Linsen und Straßenstaub zu sein schien. Während die lauwarmen Töpfe fermentierten, ploppten von Zeit zu Zeit halbe Gewürzgurken oder Rübenstücke durch den Schleim hoch und sanken dann sanft in ihren Tod.
    Markisen spendeten im Winter Schutz, wenn die meisten Zecher missmutig drinnen an ein paar wackligen Tischen saßen. Steingutbecher standen auf drei wurmstichigen Borden an der Wand. Darunter lehnten schief einige Amphoren, um deren Böden Zwirn, der Cauponakater, seinen ausgemergelten Körper gerollt hatte. Zwirns Verpflegung, die aus dem Cauponaessen bestand, vergiftete ihn langsam. Der Kellner (der immer in einer anderen Caupona aß, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite) präsidierte entweder mit düsterer Formalität oder versteckte sich im Hinterzimmer, wo er oft Euripides las, wie ich wusste. Wenn das geschah, war es ganz schlecht. Er verschwand in einer anderen Welt, und niemand wurde mehr bedient.
    Heute Abend war Apollonius bei den Gästen und hatte ein Tuch über den Arm gelegt. Ich kannte ihn, seit er Grundschullehrer gewesen war. Als Kellner in einer Weinschenke wandte er immer noch seine Fähigkeit an, Rabauken den Marsch zu blasen und verwirrten Leuten, die nicht rausbekamen, ob er sie mit dem Wechselgeld beschummelt hatte, einfache Arithmetik zu erklären. Als ich eintraf, wies er gerade einen betrunkenen Gemüsehändler zurecht. »Ich glaube, wir haben alle genug von dir gehört. Setz dich wieder auf die Bank und benimm dich!« Ich kam mir vor, als wäre ich wieder sieben Jahre

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