Mord im Atrium
davon abzuhalten versuchten. Sein Kostüm war auf einen Rahmen aus schweren Holzreifen genäht worden. Der Spion kriegte einen blauen Fleck nach dem anderen, während er angeschubst wurde. Wir sahen, dass Anacrites zu lautem Protest ansetzte. »Wir von der Vierten Kohorte wissen, wie man mit einer Rübe Spaß hat!«, gurgelte Petro und rülpste ansteckend. Kichernd sackte er zusammen. Abgelenkt durch diese rüde Anspielung, drehte sich der Spion um und funkelte uns wütend an. Ich hob den Arm, als wollte ich eine Erklärung abgeben, vergaß, was ich hatte sagen wollen, legte mich hin und gab vor, bewusstlos geworden zu sein.
Anacrites zischte angewidert. Zum Glück war die kämpferische Rübe von Freunden weggezerrt worden. Nachdem er seine Prätorianer so gut wie möglich um sich geschart hatte, verließ Anacrites die Halle. Wir wurden wieder wach und beobachteten seinen Abmarsch mit kaltem Blick. Inzwischen wussten wir, dass Anacrites, wenn die meisten Menschen ihren Abend mit einer Schale Nüsse verbrachten und dabei ihre Füße auf dem Hund wärmten oder zumindest auf der Ehefrau, allein in sein Geheimzimmer ging und sich am Anblick eines nackten Hermaphroditen weidete, der seine Ausstattung zur Schau stellte, als wäre er fasziniert von dem Angebot seines Gemischtwarenladens. Der befremdliche Zweigeschlechtliche in Anacrites’ privatem Kabinett war umgeben von Regalen voller Vasen, bemalt mit Szenen von Gruppensex – vögelnde Gestalten in Aktion, zu dritt und zu viert aufeinandergehäuft wie Napfschnecken, während sinistre Zuschauer diese Mätzchen wollüstig durch halb geöffnete Türen beobachteten.
Anacrites besaß ebenfalls die größte Statuengruppe des gutbestückten Gottes Pan beim Kopulieren mit einer brünftigen Ziege, die ich je gesehen hatte. Und ich bin der Sohn eines Antiquitätenhändlers.
Sobald die Luft rein war, überführten wir Justinus in ein sicheres Haus. Petronius hatte ihn zuerst mit zum Gelage kommen lassen, weil keine Zeit blieb, ihn in Sicherheit zu bringen, während wir mit Anacrites Versteck spielten. Wir erteilten Justinus die strenge Anweisung, sich tot zu stellen, bevor wir ihn in unserer Geheimwohnung unterbrachten. Justinus hasste Anacrites und versprach, sich zu benehmen. Gutes Benehmen war zu einem dehnbaren Begriff geworden. Es war kein Spaß, den dussligen Kerl sechs Treppen zu seinem Versteck hinaufzubefördern, und es gab schwierige Momente, als wir den obersten Stock erreicht hatten. Nur diejenigen, die schon mal eine mannsgroße, äußerst betrunkene Rübe zu Bett gebracht haben, werden zu würdigen wissen, was Petro und ich durchmachten.
Danach saßen wir noch eine Weile auf dem Balkon zusammen, kamen zur Ruhe und sannen über Rom nach. Die Nacht war still und sehr kalt, aber wir waren erhitzt davon, Quintus nach oben befördert zu haben. Ein paar schwache Sterne tauchten durch die rasch ziehenden Wolken auf und verschwanden wieder. Die Brise strich kalt über unsere Wangen, während wir schwer atmeten und unseren Herzschlag nach der Anstrengung langsamer werden ließen. Wir teilten uns eine alte Steinbank und nahmen die nächtlichen Geräusche in uns auf.
Unten von den Straßen drangen die letzten Geräusche des Saturnalientreibens zu uns herauf, aber in den meisten Wohnungen war es jetzt dunkel und ruhig. Ein paar Karren beförderten spätnächtliche Lieferungen, wenngleich aller Kommerz über die Feiertage abgeflaut war, Schulen und Gerichte Ferien machten und die meisten Geschäfte geschlossen waren. Wenn Räder über die Straße ratterten, war der Lärm viel deutlicher zu hören, weil heute Abend das normale Hintergrundgetöse fehlte. Nahebei kratzten trockene Blätter über Dachziegel, während sie über die umliegenden Dächer geblasen wurden. Andere Geräusche erreichten uns aus der Entfernung. Maultiergetrappel und Hundegebell. Das träge Tonkeltonk der Takelage von Schiffen, die beim Emporium festgemacht hatten. Anfeuerungsrufe von einem Kampf unter den Bögen. Der gelegentliche Schrei einer heiseren Frau, die vorgab, sexuelle Avancen abzuwehren, begleitet von gackernden Ermutigungen ihrer obszönen Freunde.
Petro und ich saßen ausnahmsweise mal ohne Wein da. Oft genug hatten wir hier auf dem Balkon die ganze Nacht durchgesoffen, aber wir waren inzwischen erwachsen. Behaupteten wir wenigstens, und Maia und Helena hofften es. Ich dachte, es gebe immer noch die Möglichkeit, am Ende das Schloss von Petros Wohnung zu knacken, wie wir es in
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