Mord im Bergwald
uns ein paar Fragen beantworten.«
»Hm, dann fahren wir mal zur Kaserne, oder?«, sagte Kathi.
Irgendwie verfranste sich Irmi in den Sträßchen und hatte irgendwann das Gefühl, im Kreis zu fahren. Immerhin führte sie das an der Goas-Alm vorbei, wo sich die beiden selbstgemachtes Eis vom Bauernhof gönnten. Und das war göttlich. Cremig, weich, geschmacksintensiv.
Am Tonihof hatte Irmi die Orientierung wiedergefunden und traf am Schmalsee auf bekanntes Terrain. Sie fuhr zur Gebirgs- und Winterkampfschule der Bundeswehr. Das Gelände hatte so gar nichts Blumiges. Eine Asphaltwüste, Zäune, ein einsames Auto, alles wie ausgestorben. Irmi kam es so vor, als flirre die Hitze auf dem Asphalt, vielleicht bildete sie sich das auch nur ein, weil diese Szene so irreal war. Wie in einem Film.
Sie gingen auf das Tor zu, Kathi in kurzer Cargohose und Trägertop, Irmi in einer weiten Stoffhose und einem Jeanshemd. Sie fühlte sich wie Marianne Sägebrecht neben Scarlett Johansson. Es war wie ein Weltuntergangsfilm, und da musste die Luft vor Hitze flirren.
Aus dem Wachhäusl trat ein junger Soldat, dem die Begeisterung für den Sonntagsdienst ins Gesicht geschrieben stand. Er sagte »Guten Tag« und starrte Kathi an.
»Grüß Gott!«, erwiderte die und stellte sich und Irmi vor.
Irmi bemerkte die flackernden Augen des jungen Mannes, die nicht so genau wussten, wo sie hinsehen sollten. Kathi hatte wirklich wenig an.
»Wir würden gerne Peter Fichtl sprechen«, erklärte Irmi.
»Welche Kompanie? Welche Einheit? Ich kann Ihnen da nichts sagen, und reinlassen darf ich Sie auch nicht. Und ich bin auch nur der GvD, und eigentlich sollte hier der Wachdienst stehen, der ist aber krank geworden.«
»Ja und, wer will das wissen? Dann hol uns halt 'nen Vorgesetzten«, herrschte Kathi ihn an.
Er erstarrte noch mehr. »Ich könnte den OvD holen oder den wachhabenden UvD oder ...«
»Oder was? Wir hätten gerne mal einen, der sprechen kann und darf, oder.« Kathi hatte kein Mitleid mit dem Jüngelchen. Der zückte dann auch ein Telefon, und wenig später tauchte ein Mann auf.
»Oberleutnant Rörich, guten Tag.« Hier schien Guten-Tag-Zone zu sein. Eine Guten-Tag-Welt, die auf die Grüß-Gott-Welt prallte. Es war noch gar nicht lange her, dass evangelische Kinder und Soldatenkinder in einer eigenen Grundschulklasse zusammengefasst worden waren. Früher hatten die Katholischen nicht mit den Andersgläubigen spielen dürfen. Klare Grenzen in einer engen Welt.
Der Guten-Tag-Rörich schaute nicht unfreundlich, aber auch nicht freundlich – er war die personifizierte Langeweile.
»Wir ermitteln in einer Mordsache und müssten Peter Fichtl als Zeugen befragen. Zu Hause haben wir ihn nicht angetroffen, wir nehmen an, dass er sich in der Kaserne befindet.« Irmi hielt ihm einen Dienstausweis unter die Nase.
Das Wort »Mordsache« rang ihm ein »Aha« und ein Stirnrunzeln ab. Dann überlegte er.
»Fichtl? Peter Fichtl?« Er verlieh sich eine Attitüde, als wiederhole er gerade die Eine-Million-Euro-Frage.
»Genau, Fichtl. Mit Fenster-F! Ist er da?« Kathis Ton wurde noch schärfer.
Er blieb beherrscht. »Der Hauptgefreite Fichtl ist auf einer 48-Stunden-Übung.«
»Und wann ist er dann wieder anzutreffen?«, fragte Irmi.
»Am Dienstag.«
»Wer ist denn hier für den Laden zuständig?« Kathi war der Träger vom Top über die schmale Schulter gerutscht. Was beide Männer kurz aus dem Konzept brachte.
»Am besten, Sie wenden sich gleich an den Bataillonschef«, sagte Rörich.
»Und der ist wo?«, fragte Kathi.
»An einem Sonntag natürlich privat. Da müssen Sie sich schon am Montag einen Termin geben lassen.« Er drehte sich um und entschwand.
Irmi und Kathi sahen ihm konsterniert nach. Der Gefreite wirkte irgendwie erschreckt, unangenehm berührt.
»Kennen Sie Peter Fichtl? Sie schauen so, Herr ...?« Irmi sah ihn scharf an.
»Gefreiter Södermann.« Er salutierte.
Das war ja furchtbar, dass so ein Milchbubi vor ihr salutierte.
»Herr Södermann, wir müssten Peter Fichtl wirklich dringend sprechen. Kennen Sie ihn?«
»Ja, der Hauptgefreite ist mir bekannt.«
Oh weh, Irmi war klar, dass sie hier nicht weiterkam. Sie begann von Neuem. »Und wo finden wir ihn denn?«
»Peter Fichtl ist auf einer 48-Stunden-Übung. Das hat Ihnen der OvD ja soeben berichtet. Das ist eine Gebirgsübung. Da können Sie sowieso nicht hin«, gab der junge Mann Auskunft. Auch er klang sehr norddeutsch. Noch so ein Küstengewächs, das sie
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