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Mord im Bergwald

Mord im Bergwald

Titel: Mord im Bergwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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ins Hochgebirge verpflanzt hatten.
    »Sie sind aber auch nicht von hier?«, versuchte es Irmi mit Smalltalk.
    »Nein, aus Rostock.«
    Er hielt sich kerzengerade und sah Irmi ohne eine Gesichtsregung an. Nein, das nette Plaudern, der kleine Smalltalk war wohl nicht vorgesehen. Stattdessen herrschten Zucht, Ordnung und Hierarchie. Jedes Mal, wenn sie mit dem Heer konfrontiert war, fragte sich Irmi, weswegen sich manche Frauen freiwillig zum Bund meldeten. Sie empfand schon die Polizei in ihren Strukturen als schier unerträglich, starr und langsam. Ihr einziges Ziel war es gewesen, die Uniform ganz schnell loszuwerden und schnell nach oben durchzumarschieren, wo man wieder individuell Luft atmen durfte.
    Kathi schien das alles zu lange zu dauern, sie wandte sich an den Gefreiten. »Und wo genau ist die Übung?«
    »Das weiß ich nicht. Wie gesagt. Da können Sie sowieso nicht hin.«
    »Wer ist denn sonst noch zuständig?«, fragte Kathi in deutlich genervtem Ton.
    »Der Bataillonschef, wie gesagt.«
    »Sonst wer?« Kathi war lauter geworden.
    »Der Hauptfeldwebel.«
    »Und wo steckt der?«
    »Ist auch auf der Übung. Die sind heute Vormittag weg und kommen Dienstag Mittag wieder.«
    Das war ein langer Satz gewesen, Irmi merkte, wie sehr der junge Gefreite unter Druck stand.
    »Danke schön, Herr Södermann.« Irmi nickte ihm zu und gab Kathi mit einer kleinen Kopfbewegung das Zeichen zum Abmarsch. Langsam gingen sie auf das Auto zu. Mittlerweile hatte die Hitze noch zugenommen. In der Sonne waren bestimmt vierzig Grad.
    Irmi rann der Schweiß in Strömen hinab. Sie hasste Hitze, sie war um jeden kühlen Sommer froh, aber das durfte man natürlich nicht laut sagen. Winterfrau trifft Sommerwesen, dachte Irmi, die Kathi aus den Augenwinkeln betrachtete. Kathi konnte es gar nicht heiß genug werden.
    »Was für Blödmänner, oder!«, rief Kathi. »Das hätten wir uns auch schenken können.«
    »Na ja, was hast du erwartet? Wir haben Sonntag. Da sind nur Polizisten, Ärzte, Bauern und Journalisten unterwegs, Krieg ist nur wochentags.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt ist Feierabend. Kein Fichtl, kein Bataillonschef. Außerdem löse ich mich auf, ich muss dringend duschen«, stöhnte Irmi.
    »Na gut, dann geh ich mit Sophia noch schwimmen«, meinte Kathi und zupfte an ihrem Topträger.
    Irmi lag schon wieder eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, aber sie verkniff sich das. Zum Streiten war es auch zu heiß. Stattdessen sagte sie: »Gut, fahren wir. Wir suchen morgen diesen Bataillonschef auf, wir müssen auf jeden Fall dem Diebstahl von Hightech-Ausrüstung auf den Grund gehen. Wenn Pius daran beteiligt war, liegt vielleicht darin ein Motiv.«
    Sie versuchte optimistisch zu klingen, wenn auch ihre Grundstimmung ganz anders war. Sie hatten sich festgefahren. Festgefressen wie eine Tunnelbohrmaschine, die irgendwann den Kampf gegen das Gestein verlor. Weil es immer einen Punkt der Kapitulation gab. Früher oder später.
    Die Strecke Mittenwald – Garmisch war immer nervtötend, denn sie zog sich wie Gummi. Aber heute hatten sich wirklich alle Touristen gegen sie verschworen. Als auch noch ein Bulldog dahinkroch, brach es aus Irmi heraus: »Fahr doch auf dem Wirtschaftsweg, du Erzdepp!«
    Kathi hob den Finger. »Na, na, du wirst doch nicht auf den geliebten Bauernstand schimpfen, oder!«
    Irmi verschluckte jede Entgegnung, würgte sie hinunter wie hartes Brot.
    Das echte harte Brot fand sie zu Hause vor. Niemand hatte seit Donnerstag eingekauft, noch schlimmer aber war, dass es weder Katzen- noch Hundefutter gab. Wally konnte man notfalls mit eingeweichtem Brot und letzten Resten von Hundekeksen mild stimmen, aber der Kater warf ihr einen Blick zu, der sie erschaudern ließ.
    Im Kühlschrank lümmelte ein letztes Wienerle herum, das sie hatte essen wollen. Sie schnitt es für Kater auf, der es huldvoll aß.

15
    Am Montagmorgen war die Kaserne deutlich belebter. An der Wache wusste man bereits von ihrem Kommen und ließ ihnen ausrichten, sie möchten ins Offiziersheim gehen, wo man sie empfangen werde.
    Auch da schienen die beiden Damen angekündigt worden zu sein: Ein junger Mann manövrierte sie in einen Nebenraum und servierte Kaffee. Der schmeckte wie eine Mischung aus Omas Zichoriengebräu und dem Frühstückskaffee, den es in italienischen Hotels gab, bei dem sich Irmi jedes Mal fragte, wie man im Land von Cappuccino, Espresso und Latte Macchiato so etwas brauen konnte. Wahrscheinlich war es ein

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