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Mord im Bergwald

Mord im Bergwald

Titel: Mord im Bergwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Södermann? Was ist los?«
    »Also, ich war beim Zahnarzt. Beim Kieferorthopäden. Also deshalb bin ich hier.«
    »Du bist hier, weil du beim Zahnarzt warst. Sollen wir den verklagen oder was? Mutti, Mutti, er hat ja doch gebohrt?«, witzelte Kathi und duzte den jungen Soldaten schon wieder.
    Irmi warf ihr einen bitterbösen Blick zu. Eigentlich hätte sie Kathi verwarnen müssen – das ging einfach zu weit und war zudem unprofessionell. Einen unentschlossenen Zeugen musste man aus der Reserve locken und nicht zusätzlich verunsichern.
    »Herr Södermann, Sie waren beim Zahnarzt, sind deshalb freigestellt vom Dienst in der Kaserne und hatten so die Möglichkeit, bei uns vorbeizuschauen. Nicht wahr, Herr Södermann?« Warum musste sie eigentlich immer Kathis Fehler ausbügeln?
    Er nickte.
    »Und was wollten Sie uns erzählen?«
    Blitzschnell zog er ein Kuvert heraus. »Da steht alles drin.« Und ebenso blitzschnell rannte er aus dem Büro. Irmi schickte noch ein verblüfftes »Herr Södermann, so warten Sie doch« hinterher, aber da war er schon davongestürmt.
    »Hat der sie nicht mehr alle?«, brach es aus Kathi heraus. »Was ist denn mit dem los, um Himmels willen?«
    »Ja, was wohl? So einfühlsam, wie du mit ihm umgegangen bist, ist er geflohen. Kathi, du übertreibst. So geht das nicht! Ich muss dich ernsthaft verwarnen. So was ist keine Zeugenbefragung. Das ist sogar für deine Verhältnisse unangemessen.«
    »Was heißt für meine Verhältnisse«, schrie Kathi.
    Irmi bemühte sich um Ruhe. »Das heißt, dass du bei Befragungen häufig eine gewisse Aggression an den Tag legst. Das mag teilweise tolerabel sein, aber so was wie heute darf nicht passieren. Kürzlich hast du einen Zeugen sogar geohrfeigt. Du bist seit Tagen, nein, seit Wochen extrem geladen. Was ist eigentlich los?«
    »Nix.«
    »Es geht nicht, dass dein Privatleben deine Arbeit derart beeinflusst! Wir haben alle mal einen schlechten Tag, aber du hast nur noch schlechte!« Irmi bereute das Gesagte bereits wieder, aber es war zu spät, um zurückzurudern. »Es geht um einen Mann, oder? Will er nicht, kann er nicht? Tanzt er nicht nach deiner Pfeife? Warum bist du so aggressiv?«
    Kathi starrte sie an, und dann rotzte sie heraus: »Er kann und will. Er ist bloß verheiratet!«
    »Und unter dieser Tatsache dürfen wir alle leiden?« Irmi hatte nun beschlossen, in die Offensive zu gehen, aber die Reaktion schlug sie meterweit zurück.
    »Sagst du! Sagt Frau Superkommissar! Toll, du fickst doch auch einen verheirateten Mann, oder! Was willst du mir schon sagen!« Das Geräusch des splitternden Glases, das Kathi gegen den Schrank geworfen hatte, war extrem laut. Dann wurde es still. Draußen hörte man ein paar Kinder lachen, ein Düsenjäger donnerte vorbei. Dann verebbte das Dröhnen langsam wieder.
    Kathi stand auf und begann, die Scherben aufzusammeln. Irmi reichte ihr Besen und Schaufel. Als Kathi sich erhob, trafen sich ihre Blicke.
    »Können wir reden?«, fragte Irmi.
    Kathi nickte, ihr liefen die Tränen hinunter. Ihr »Entschuldigung« war kaum hörbar, aber es war ein »Entschuldigung« gewesen.
    Irmi stellte eine Tasse Kaffee vor sie auf den Tisch, Milch und Zucker. Kathi trank Kaffeesirup – unter drei gehäuften Löffeln Zucker ging nichts. Irmi kippte sich Milch in ihren Kaffee und betrachtete die Karte des Landkreises, die an der Wand hing. Dann sagte sie leise: »Es stimmt, ich kenne einen verheirateten Mann ...«
    Das Wort »ficken« hätte sie nicht aussprechen können. Dabei hatte sie kürzlich erst mit ihrer Nachbarin Lissi beim Prosecco ein höchst philosophisches oder gar germanistisches Gespräch darüber geführt, warum das Wort »bumsen« netter sei als »ficken«. Was der Charme von »vögeln« sei und ob die drei Worte auch etwas über die Technik aussagten. Gut, sie hatten schon eine Menge getrunken, Lissi vertrug sowieso nichts, und sie selbst hatte den ganzen Tag nichts gegessen. Aber mit Lissi war das etwas anderes. Hier war Irmi Kathis Vorgesetzte.
    »... aber das gibt dir nicht das Recht zu solchen Verbalattacken. Ich bemühe mich, dass mein Privatleben den Beruf nicht beeinflusst. Bei dir ist das leider anders: Du hast mich belogen. Du warst nicht mit deiner Tochter im Schwimmbad, sondern hast dich anscheinend mit diesem Mann getroffen. Du bist mehrfach zu spät gekommen und bist teilweise völlig durch den Wind. Deine privaten Telefonate beeinträchtigen deine Arbeit. So geht das nicht weiter. Liebe hin oder

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