Mord im Dirnenhaus
Thomasius weiß davon?»
«Er weiß es, und er nimmt es mir übel. Im Grunde nimmt er mir meine gesamte Existenz übel. Er wollte mich brennen sehen.»
«Du hast unser Laboratorium aufgeräumt und Weingeist in großen Mengen hergestellt.»
«Ich habe alle Spuren beseitigt, die auch nur ansatzweise zu der Annahme führen könnten, dass dort etwas anderes als Zutaten für deine Arzneien hergestellt werden», bestätigte er. «Gegen Weingeist und Kräuteressenzen kann niemand etwas einzuwenden haben.»
«Du hast Bücher versteckt.» Adelina stand auf, holte zwei Becher und einen Krug Bier und schenkte erst Neklas, dann sich selbst ein. «Waren es verbotene Schriften? Wo hast du sie hingebracht?»
«An einen Ort, wo sie niemand vermuten wird. Aber ich möchte dir fürs Erste noch verschweigen, wo sie sind. Das ist sicherer für dich.»
Adelina nickte und nippte an ihrem Becher.
«Wenn Thomasius sein Wissen vor die Schöffen bringt und sie ihm glauben, wird man den Eisenhut in meinem Konfekt dir zuschreiben. Oder uns beiden.»
Neklas stellte seinen Becher beiseite und blickte ihr aufmerksam in die Augen. «Und was sagt nun dein eigensinniges Herz dazu?»
Auch Adelina stellte ihren Becher weg und ging einige Male in der Küche auf und ab. Dann blieb sie stehenund sah ihn wieder an. «Es sagt, dass ich mit einem ketzerischen Alchemisten verheiratet bin.» Sie zuckte mit den Schultern und lächelte leicht. «Wir müssen die Arzneien für die Dirnen noch in die Weckschnapp bringen.»
13
Der Weg zur Weckschnapp wurde wegen des Regens tags darauf wieder zu einer äußerst unangenehmen Angelegenheit. Trotz der hölzernen Überschuhe schlich sich die Nässe zwischen Adelinas Zehen. Ihr Rocksaum war schon nach wenigen Schritten feucht und schlammbespritzt, und mit jedem Fuhrwerk und Karren, dem sie und Neklas begegneten, wurde es schlimmer.
Weder Pitter noch der Soldat, mit dem er heute zusammen Wache schob, ließen sich erweichen, Adelina noch einmal zu Ludmilla vorzulassen. Verärgert trat sie deshalb vor dem Eingang von einem Fuß auf den anderen, während Neklas zu der Zelle der Hübschlerinnen geführt wurde.
Die Behandlung derselben dauerte nicht sehr lange. Als Neklas zurückkam, machte er allerdings ein besorgtes Gesicht. Er drückte Pitter wieder ein Geldstück in die Hand und zog Adelina eilig mit sich.
«Es sieht nicht gut aus», begann er, als sie ein gutes Stück zwischen sich und den Gefängnisturm gebracht hatten. «Zwei der Frauen sind kurz davor, sich einen Lungenkatarrh zuzuziehen. Die Alte und diese Dicke. Wobei ich mir um letztere weniger Sorgen mache. Sie scheint eine kräftige Natur zu haben. Aber sie wurden offenbar auch alle noch einmal befragt. Die Wundmale waren deutlich zu erkennen.» Er hielt inne und sah sich um. Auf den Gassen herrschte trotz des schlechten Wetters ein munteres Treiben von Handwerkern, Bauernund Dienstboten. Zwei kleine Jungen trieben eine Schar Ziegen an ihnen vorbei. In einem stinkenden Abfallhaufen, der sich seitlich neben einem Wirtshaus türmte, wühlten zwei verwahrloste Hunde knurrend nach etwas Fressbarem. Nur wenige Schritte daneben standen zwei Frauen, die Einkaufskörbe an den Armen, und tauschten laut, und ohne auf ihre Umgebung zu achten, den neuesten Klatsch aus.
Neklas führte Adelina Richtung Fischmarkt, weil sie am Hafen nach dem Händler Ausschau halten wollte, der ihr regelmäßig die Grundstoffe für Malerfarben lieferte.
«Ich glaube nicht, dass die Schöffen auf diese Weise den Giftmörder finden», fuhr Neklas leise fort. «Wenn die Dirnen etwas wüssten, hätten sie es längst verraten.»
«Vielleicht decken sie jemanden?», warf Adelina wider besseres Wissen ein. Neklas schüttelte auch prompt den Kopf.
«Wenn man dir die Daumenschrauben anlegte und die Fußnägel mit glühenden Zangen ausrisse, was würdest du tun?»
«Die Fußnägel?» Schaudernd zog Adelina den Kopf zwischen die Schultern. «Sie wissen also nichts.» Plötzlich blieb sie stehen und sah Neklas entsetzt an. «Haben sie das Gleiche auch mit Ludmilla gemacht?»
Neklas schüttelte den Kopf. «Laut Pitters Aussage nicht.»
Adelina atmete erleichtert auf. «Hat er dich zu ihr gelassen?»
«Nein, aber als wir an ihrer Zelle vorbeigingen, hat sie angefangen zu schimpfen und zu fluchen. Offenbar mag sie Pitter nicht sonderlich.» Neklas grinste. «Aberich vermute, sie wollte mir damit zeigen, dass es ihr gutgeht.»
«In diesem Rattenloch? Wir müssen sie da rausholen!», regte
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