Mord im Dirnenhaus
Konfekt herumspricht, kann ich die Apotheke schließen.» Adelina ließ den Kopf hängen.
Neklas legte ihr tröstend den Arm um die Schultern.«Lange wird das kein Geheimnis mehr bleiben, auch wenn Rat und Schöffen Stillschweigen verhängt haben. Solche Dinge verselbständigen sich nur zu rasch.»
«Und jetzt?»
Er hob die Schultern. «Ich weiß es nicht.»
14
Franziska kam bald von ihrer Suche nach Adelinas Vater zurück, nachdem sie auf dem Marktplatz erfahren hatte, dass man Albert und Neklas zusammen gesehen hatte.
Da Magda es nicht mehr geschafft hatte, aus den übrig gebliebenen Resten der Suppe für alle ein Abendbrot zu machen, schickte Adelina Ludowig und Franziska noch einmal los, in der Garküche um die Ecke Fleisch, gebratenes Gemüse und beim Bäcker Brot zu kaufen.
Sie würden so spät am Tag vermutlich nur noch altbackenes bekommen, deshalb schloss Adelina für heute die Apotheke und bereitete in der Küche selbst einen Brotteig für den nächsten Tag vor.
Schon immer hatte diese Arbeit sie beruhigt, und sie machte sich vor, dass es auch diesmal so sei. Doch je länger sie den Teig knetete, desto klarer wurde ihr, dass dem nicht so war und sie nur einen Vorwand suchte, um sich vor noch mehr Unbill in der Familie zu drücken.
Neklas hatte recht, es würde nicht mehr lange dauern, bis sich Gerüchte über ihr vergiftetes Konfekt in der Stadt verbreiteten. Thomasius tat das Seine, um die Sache zu beschleunigen. Und dann kamen noch die seltsamen Blicke hinzu, die die Leute ihren beiden Lehrmädchen zuwarfen. Sicher war es eine kleine Sensation, dass Adelina ein adeliges Mädchen in die Lehrenahm, und die Geschichte mit Neklas’ unehelicher Tochter sprach sich auch wie ein Lauffeuer herum. Die Menschen waren neugierig und reimten sich weiß Gott was zusammen. Doch das war ja nicht das Schlimmste.
Adelina dachte an den Vorfall mit Griet. Hatte Meister Winkler mehr mitbekommen, als für sie alle gut war? Er war schon immer ein unangenehmer Mensch gewesen, über den sich auch Albert oft geärgert hatte. Doch seit Adelina Meisterin war und die Apotheke übernommen hatte, floss er geradezu über vor falscher Freundlichkeit. Es passte ihm nicht, dass eine Frau ihm Konkurrenz machte, noch dazu mit einer der größten und angesehensten Apotheken Kölns. Die Apotheke ihres Vaters hatte, als es ihm gesundheitlich noch besserging, einen sehr guten Ruf gehabt, und als es dann langsam immer schwieriger mit ihm wurde, hatte Adelina dafür gesorgt, dass der Ruf zu Recht bestehen blieb. Doch niemand, schon gar nicht Meister Winkler, hatte damit gerechnet, dass sie jemals das Geld besitzen würde, um die Meisterprüfung zu machen. Erst ihre Heirat mit einem wohlhabenden Medicus hatte sie dazu in die Lage versetzt.
Würde Meister Winkler in seinem Neid und seiner Missgunst so weit gehen, das Gehörte unter die Leute zu bringen? Vorausgesetzt, er hatte etwas gehört oder gesehen.
Adelina schauderte, klatschte den Brotteig noch einmal heftig auf den Tisch und formte ihn dann zu einem runden Laib, deckte ihn mit einem Tuch ab und reinigte ihre Finger von den Teigresten.
Sie musste mit Neklas darüber reden. Allein bei dem Gedanken wurde ihr übel. Was würde er tun, wenn er erfuhr, was mit seiner Tochter geschehen war? Undwenn noch dazu die Gefahr bestand, dass die Geschichte in Köln die Runde machte?
Von draußen drangen Geräusche an ihr Ohr, die verrieten, dass Ludowig und Franziska zurück waren.
Rasch deckte Adelina den Tisch und rief dann die Familie zum Essen. Während sie Vitus noch das Tuch vor die Brust band, welches verhindern sollte, dass er sich über und über mit Essen bekleckerte, und Magda das mitgebrachte Gemüse und die Brathähnchen auftrug, pochte es heftig an der Haustür.
Adelina und Neklas sahen einander überrascht an, und ihr Blick verfinsterte sich. «Wenn das wieder Thomasius ist …» Sie wollte schon zur Küchentür hinaus, doch Neklas war bereits von seinem Platz aufgesprungen und drängte sich an ihr vorbei. Sie folgte ihm, nachdem sie den anderen ein Zeichen gegeben hatte, sich zu setzen.
Als sie in der Apotheke ankam, pochte es gerade wieder, diesmal noch lauter, und Neklas schob den Riegel zurück.
«Wurde ja auch Zeit», knurrte eine Männerstimme. Ein großer, korpulenter Mann mit Halbglatze platzte herein, wobei er den Kopf einziehen musste, um sich nicht am Türrahmen zu stoßen. Der mit Goldborten verzierte schwere Zunftmantel spannte um seine breiten
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