Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Garten des Sokrates

Mord im Garten des Sokrates

Titel: Mord im Garten des Sokrates Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Berst
Vom Netzwerk:
gegeben, auf schnellstem Weg nach Piräus zu segeln. Vier spartanische Kriegsschiffe haben uns begleitet. Sie drohten, uns sofort zu rammen und zu versenken, wenn wir vom Kurs abwichen, auch wenn wir nur anlegten, um Proviant zu holen.»
«Und die Ägäis», wollte ich wissen, «ist sie frei und schiffbar?»
«Das glaube ich nicht», antwortete er, obwohl ihm seine Ehefrau warnend den Ellenbogen in die Seite stieß – sie hatte wohl Angst, ich würde Hipparchos die schlechten Nachrichten verübeln. «Wir haben auf dem Weg hierher Dutzende von spartanischen Trieren gesehen. Die Spartaner kontrollieren das Meer.»
Ich ließ Hipparchos und seine Familie in der Obhut meines Freundes und gab seinem Sklaven – Chilon hätte nichts angenommen – ein paar Silberdrachmen für ihre Verpflegung in den nächsten Tagen. Ich hatte noch Geld aus jenem prallvollen Beutel, den mir Anaxos vor vier Jahren gegeben hatte, als ich Perianders Mörder finden sollte. Für mich selbst hatte ich es niemals angerührt. Daher besaß ich noch einen reichen Fundus dieser blutigen Münzen in meinem Keller. Ich hatte mir schon vor längerem vorgenommen, das Geld durch gute Taten zu reinigen.
Der Himmel war wolkenlos und der Mond fast voll in jener Nacht. Ich nahm den zwischen den Langen Mauern verlaufenden Weg, um in die Stadt zurückzukommen. Die Kieselsteine auf dem Pfad vor mir leuchteten hell im Licht des Mondes, und Ariadne fand fast ganz allein zurück. Während sie ruhig vor sich hintrabte, fragte ich mich, was die Spartaner wohl damit bezweckten, die attischen Siedler nach Athen zurückzuschicken. Sollte dies eine Geste der Gnade sein? Jeder zusätzliche Mann in der Stadt, und war es auch ein Bauer, stärkte unsere Truppen. Wenn es aber Gnade war, die ihre Taten leitete, wieso hatten die Spartaner unsere Soldaten nicht auch verschont, sondern so fürchterlich und sinnlos hingerichtet? Mit der Besatzung von einhundertsiebzig Schiffen als Unterpfand hätte Lysander Athen den Frieden um beinahe jeden Preis abringen können. Was wollte er denn mehr? Die Zeit der athenischen Herrschaft über das Meer war vorbei und damit auch die Zeit unseres Hochmuts. Lysander musste das wissen.
Kurz vor dem Stadttor drehte ich mich um, um auf das Land zurückzublicken. Ich konnte nicht glauben, was ich sah. Jenseits der Langen Mauern brannten unzählige kleine Lagerfeuer bis weit in die Gebirge hinein. Sollten dies schon die Feldlager des Feindes sein? Das war zu früh. Auf dem Landweg konnten sie ihre Truppen nicht so schnell vor die Mauern Athens gebracht haben! Was aber, wenn sie mit ihrer neuen Flotte irgendeinen kleinen Naturhafen an der Küste des Saronischen Golfs angelaufen hatten und dort vor Anker gegangen waren? Würden wir uns morgen schon ihren unbezwingbaren Hopliten gegenübersehen? Bereiteten sie jetzt schon den Angriff vor?
«Wer mag das sein?», fragte ich die Wache, als ich an das Tor kam – es war jetzt, in kriegerischer Zeit, besetzt.
«Wer auch immer es ist, morgen werden wir es erfahren», antwortete der Soldat, und in seiner Stimme klang ebenso wie in meiner die Angst mit.
Und am nächsten Tag erfuhren wir es.
es waren hunderte, in den nächsten Tagen Tausende von Flüchtlingen, die von der Angst vor den spartanischen Truppen in den Schutz der Mauern Athens getrieben wurden. Auf Karren oder Eseln, zu Fuß und auf dem Landweg kamen die Bauern und Schäfer aus dem Umland, auf Schiffen, Kähnen und selbstgezimmerten Flößen Siedler aus den verlorenen Kolonien. Die Bauern hatten wenigstens einen Teil ihres Besitzes und der Ernte retten können, die Siedler aber kamen aller Güter beraubt – wer den Spartiaten in die Hände gefallen war, besaß nichts mehr als sein Leben.
Zu unserer Überraschung fanden sogar einige Athener Soldaten den Weg zurück. Sie waren aus Städten geflohen, die wir bisher für unsere Bundesgenossen gehalten hatten, die jetzt aber abfielen und sich unter den Schutz des Feldzeichens Lysanders stellten. Von den Soldaten erfuhren wir, mit welcher Wucht die Welle des Angriffs gegen Athen rollte: zu Wasser unter Lysander mit seinen zweihundert Schiffen und zu Lande unter den beiden spartanischen Königen Pausanias und Agis mit zwanzigtausend Mann.
Mein Schiff aus Mazedonien blieb weiter aus, ebenso wie jeder andere Frachter, der etwas anderes als Flüchtlinge und Vertriebene geladen hatte. Allmählich hatten wir verstanden. Lysander blockierte die Ägäis, um Athen von seiner Versorgung abzuschneiden.
Immerhin, mit

Weitere Kostenlose Bücher