Mord Im Garten Eden
Sie... da war noch ein junger Mann... den hätte ich beinahe im Haus eingesperrt.«
Decker nickte. »Glauben Sie, dass Sie zusammen mit unserem Zeichner ein Fahndungsbild machen könnten?«
»Ich denke schon. Vielleicht könnte ich sogar noch ein Übriges tun. Vielleicht hat er sich ja in meinem Anmeldeformular eingetragen. Ich weiß zwar nicht, ob mit dem richtigen Namen und der richtigen Adresse, aber das wäre immerhin besser als das, was Sie bis jetzt haben.
»Was wir bis jetzt haben, ist null«, meinte Decker.
»Genau deshalb ist das, was ich habe, besser.«
Der Gerichtsmediziner Dr. Charles Angelo informierte Decker telefonisch, dass er Abschürfungen unter den Nägeln entdeckt und entnommen habe. »Ich versuche, das Material noch diese Woche ins Labor zu schicken. Wie lange das Labor braucht, Ihnen ein genetisches Profil zu liefern, kann ich wirklich nicht sagen. Die sind über ein Jahr im Rückstand.«
»Vielleicht können Sie denen ja ein bisschen Dampf machen.«
»Ich will’s versuchen, aber bis jetzt haben Sie das Opfer noch nicht mal identifiziert, ganz zu schweigen davon, dass Sie einen Täter hätten, der dazu passt. Demnach dürfte das nicht höchste Priorität genießen.«
Wie recht er hatte. Decker sagte: »Versuchen Sie trotzdem Ihr Bestes.«
»Ich habe andere Neuigkeiten für Sie. Das Opfer war schwanger.«
Decker fluchte insgeheim. »Im wievielten Monat?«
»Es war kein Embryo, noch nicht einmal ein Fötus. Vielleicht etwas über drei Monate. Bin gespannt, ob das genetische Material unter den Nägeln zum Vater des Babys passt.«
Während er die Abzüge des Phantombilds verteilte, betrachtete Decker die Zeichnung und zuckte zusammen. Sie zeigte einen nichtssagenden Mann in den Dreißigern. Adele hatte dem Polizeizeichner beschrieben, dass er zwar ein junges Gesicht, aber Geheimratsecken habe; dunkle Augen, schmale Lippen, normaler Körperbau. Sie erinnerte sich an einen Leberfleck über der rechten Augenbraue, und das war ungefähr das einzige besondere Kennzeichen an ihm. Decker wollte nicht meckern. Jede Kleinigkeit war hilfreich.
Die Detectives waren im Konferenzraum des Los Angeles Police Department, Abteilung Devonshire. Die fünf saßen um den Tisch herum, tranken Kaffee und verglichen ihre Aufzeichnungen. Sie hatten nichts Handfestes, worüber man hätte sprechen konnte, aber an Theorien herrschte kein Mangel.
Decker legte los: »Also, ich glaube, dass Folgendes passiert ist: Der Typ kam am Sonntag ins Haus, inspizierte die Örtlichkeit und benahm sich wie ein potenzieller Käufer. So konnte er in aller Ruhe die Türen der Kammern und Schränke aufund zumachen und sich umsehen, ohne Verdacht zu erregen. Er wartet, bis die Maklerin zuschließt, und sperrt dann heimlich die Hintertür auf. Dann tut er so, als hätte er nicht gewusst, dass sie gehen wollte, und sagt irgendwas in der Art: ›He, warten Sie auf mich!‹ Sie gehen zusammen hinaus. Sie geht nicht zurück und prüft noch einmal alle Türen nach. Sie geht einfach davon aus, dass er noch auf der Toilette war. Also gehen sie zusammen hinaus. Montagnacht kommt er dann zurück und legt die Leiche ab.«
»Aber die Maklerin war am Montagnachmittag da und hat in den Kammern nachgesehen«, erinnerte ihn Marge. »Ich bin sicher, dass sie alle Türen zugeschlossen hat, Loo.«
»Vielleicht ist er durch ein Fenster ins Haus?«, mutmaßte Oliver. »Vielleicht hat die Maklerin zwar die Türen, nicht aber die Fenster überprüft.«
»Das gefällt mir«, sagte Decker. »Ihr habt bestimmt gemerkt, dass ich vom Täter als ›er‹ spreche. Obwohl er auch eine Sie sein könnte. Es nervt mich nur, ständig ›er‹ oder ›sie‹ zu sagen.«
Wanda Beautemps meldete sich. Sie war etwa fünfzig und das neueste Mitglied der Mordkommission. »Wenn er nach einem passenden Ablageort für die Leiche gesucht hat, können wir dann davon ausgehen, dass das Mädchen bereits am Sonntag tot war?«
»Nicht unbedingt«, sagte Decker. »Die Leichenbeschauerin meint, dass sie ungefähr vierundzwanzig Stunden, bevor wir sie gefunden haben, umgebracht wurde. Und das bestimmt den Todeszeitpunkt auf irgendwann am Montag.«
»Er sucht sich also den Ablageort, bevor er das Mädchen umbringt?«
»Vielleicht«, sagte Decker. »Dann könnte man Vorsatz unterstellen. Wir überprüfen alle, die auf dem Anmeldebogen stehen, haben aber bis jetzt noch keinen Treffer gelandet. Bis jetzt haben wir noch nichts Besseres als Adeles Phantombild. Sollte jemand
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