Mord Im Garten Eden
heute leer war.«
»Jemand aus der Immobilienbranche.«
»Daran dachten Marge und ich auch schon. Wir haben inzwischen Fotos von unserem Opfer. Zeig die doch mal herum. Vielleicht ist irgendwo eine Putzfrau nicht zur Arbeit erschienen. Und wenn die zwei Makler die Einzigen mit einem Schlüssel waren, müssen wir die Türen und Fenster noch einmal nach Aufbruchspuren untersuchen. Vielleicht haben wir ja etwas übersehen; schließlich ist das hier nicht der Tatort. Sicher ist jedenfalls, dass die Leiche nicht von allein hier hereinspaziert ist.«
Decker ließ sich vom Zigarettenqualm nicht stören, aber Marge war weniger tolerant und wedelte ständig mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. Irgendwann verstand Adele Michaels den zarten Wink und trat den Stummel mit dem Fuß aus. Sie standen im Garten des Hauses vor der Küchentür. Die Leiche war weggeschafft worden, aber im Haus hing immer noch ein schaler Geruch.
»Ich weiß nicht, was ich Ihnen noch sagen könnte, Leute. Gestern Nachmittag war die Leiche jedenfalls noch nicht hier.« Adeles Stimme war tief und heiser. Ein Lifting hatte ihre lederartige Haut über Wangenknochenimplantaten straff gezogen. »Ich habe in jedem Schrank und jeder Kammer nachgesehen. Ich habe jeden Wasserhahn auf- und zugedreht, jede Toilette gespült und jedes Fenster auf- und wieder zugemacht. Das Haus war tipptopp in Schuss.«
»Und Sie haben keine Ahnung, wer sie sein könnte?«, wiederholte Marge ihre Frage.
»Zum zehnten Mal: Nein. Ich weiß nicht, wer sie ist. Warum glauben Sie, dass ich Ihnen das verschweigen würde?«
»Ich versuche nur, Ihrer Erinnerung auf die Sprünge zu helfen«, sagte Decker.
»Da gibt es nichts zu erinnern.«
»Und Sie sind sicher, dass niemand einen Schlüssel hat außer Sarah Atacaro, die Eigentümer und Sie?«
»Absolut.«
Marge fragte: »Was, wenn jemand ohne Ihr Wissen einen Schlüssel nachgemacht hätte?«
» Zwei Satz Schlüssel, Leute, abgesehen von den Eigentümern in Denver. Für Sarah und für mich. Und jeder Satz ist genau dokumentiert. Meinen Sie, ich würde jemanden ohne meine Erlaubnis in mein Objekt lassen? Mein Schlüssel wurde jedenfalls nicht herumgereicht. Das Haus wird mit oder ohne Leiche in ein paar Tagen verkauft. Der Preis ist angemessen.« Sie unterbrach sich kurz und taxierte Decker. »Wären Sie interessiert?«
Decker lächelte und schüttelte den Kopf. »Was ist mit Sarahs Schlüssel? Könnte sie ihn auf dem Schreibtisch oder in ihrer Schublade -«
»Völlig ausgeschlossen! Den Schlüssel würde sie mit Zähnen und Klauen verteidigen.« Adele verlor allmählich die Geduld. »Kann ich mich jetzt endlich wieder um meine Firma kümmern?«
»Halten Sie nur noch ein paar Minuten mit mir aus. Sie sagten, dass es heute erst das zweite Mal war, dass das Haus besichtigt wurde.«
»Ja. Das erste Mal war am Sonntag. Wann können die Interessenten wieder ins Haus?«
»Heute nicht«, meinte Decker. »Wir sind drinnen noch mit den Fingerabdrücken beschäftigt. Vermutlich haben Sie eine gute Menschenkenntnis, zumal Sie all die Jahre mit den unterschiedlichsten Charakteren zu tun hatten, stimmt’s?« Adele bedachte Decker mit einem misstrauischen Blick. Sie war klein und sehr dünn. Der Größenunterschied zwischen ihr und Decker betrug gut dreißig Zentimeter. »Ich meine, es gehört doch zu Ihrem Job, Leute zu beurteilen, oder?«, fragte Decker.
»Worauf wollen Sie hinaus, Sergeant?«
Marge warf ein: »Ich bin der Sergeant, er ist der Lieutenant.«
Decker antwortete: »Vermutlich sind Sie in der Lage, ernsthafte Kaufinteressenten von Leuten zu unterscheiden, die nicht hierhergehören. Vielleicht erinnern Sie sich an einen Besucher am Sonntag, der so aussah, als gehörte er nicht dazu. Lassen Sie sich Zeit mit Ihrer Antwort.«
»Ich brauche eine Zigarette«, sagte Adele. Bevor sie eine herausgefischt hatte, hielt Decker ihr schon ein Streichholz hin. Sie stieß Tabakrauch aus und runzelte die Stirn - so gut es eben ging. Das Botox leistete ganze Arbeit. Die Maklerin seufzte. »Im Objekt ging es zu wie in einem Tollhaus.«
»War irgendwas, kurz bevor Sie wieder abschließen wollten?«, fragte Decker. »Hat jemand mit Ihnen zusammen das Haus verlassen?«
Die Maklerin überlegte. »Jetzt, wo Sie’s sagen, erinnere ich mich, dass noch ein paar Leute da waren. Sie wissen schon, Leute, die mir Honig ums Maul schmierten, damit ich mir ihre Angebote ansehe. Ein Paar hatte sich ganz besonders bemüht... warten Sie, warten
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