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Mord Im Kloster

Mord Im Kloster

Titel: Mord Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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war zu sehr Christ, um einen solchen Plan zu verfolgen. Er vermisste die familia, die innige Gemeinschaft der Tempelbrüder. Vielleicht würde er die Kraft aufbringen, eine neue familia aufzubauen.
    Die Dörfer, durch die sie kamen, waren trostlos. Schäbige Holzhütten, staubige Wege. Das Essen schmeckte nicht. Entweder es war versalzen, weil die Bauern zeigen wollten, dass sie das kostbare Salz bezahlen konnten, oder es schmeckte fad. Das Brot war hart, das Bier so dünn, als besäße es außer Wasser keine Zutaten. Sie kamen nicht so schnell voran, wie sie gedacht hatten, und mussten noch einmal übernachten – in einer Herberge, die der Treffpunkt von Wanzen aus der ganzen Region zu sein schien.
    Am nächsten Morgen brachen sie in aller Herrgottsfrühe auf, und wenig später tauchte Hamburg aus dem Frühdunst auf.
    Die Stadt am Fluss, der Elbe hieß, war von starken Mauern umgeben. Die erste Ansiedlung hatte auf kleinen Anhöhen einer sandigen Tiefebene, inmitten einer Sumpflandschaft, gelegen. Jetzt erblickten die Reiter stolze Giebel und unzählige Kirchtürme. Längst hatten die Bürger den Feudalherren das Recht auf Selbstverwaltung abgetrotzt. Hamburg wurde frei und baute einen zweiten Mauerring, den die Ankommenden nun durchqueren mussten.
    Ein verheerendes Unwetter hatte vor Jahren den Küstenverlauf der Elbe verändert, und es entstand am oberen Teil des alten Meeresarmes eine neue tiefe und breite Bucht. Die ankommenden Waren wurden vor der Verengung des Flusses auf kleinere Schiffe umgeladen und bis in das Zentrum der Stadt befördert. Die Reiter sahen, wie Treidelgänger an beiden Ufern der Elbe die Schiffe in die Stadt hineinzogen. Sie folgten ihrem Weg, passierten den ersten Mauerring, dann das innere Burgtor mit dem Zwinger und standen am Hafen.
    Hier, in der gräflichen Neustadt, standen die großen Kornspeicher auf dem erschlossenen sumpfigen Ufer. Speicherhäuser gab es überall, die kleinen Schiffe wurden an der Kaimauer entladen oder ankerten im Fluss. Wendige Prähme fuhren hin und her und sorgten für die Entladung.
    Sean of Ardchatten hatte die Nachricht erhalten, dass man sich im Gästehaus der Seemannsgilde treffen wollte.
    Dafür hatten die drei Freunde Einladungen bei sich. Sie fragten sich, wie lange ihr Aufenthalt in Hamburg währen würde.
    Schon gleich bei ihrer Ankunft im Gildehaus, das in der erzbischöflichen Altstadt lag, erhielten sie darauf eine Antwort. Dort lag ein Brief des Knappen vor. Henri brach ihn auf. Sean teilte ihm in schwärmerischen Worten mit, dass er nicht nach Hamburg kommen konnte. Seine Angebetete Guinivevre of Annan hatte sich ins flandrische Damme begeben. Die Tochter des Earl of Annan, der eine Schlossburg an der Loire besaß, verbrachte an der See einen Genesungsaufenthalt. Sie hatte Sean zwei Jahre zuvor die körperliche Liebe gelehrt, seitdem war der Knappe von seltsamen Unregelmäßigkeiten befallen. Sein Gehorsam, den er seinem Ritter Henri gegenüber schuldig war, setzte immer wieder aus.
    Henri überlegte lange. Wie sollte er auf Seans Unverschämtheit reagieren? Konnte er dem Jungen diese Haltung durchgehen lassen?
    Natürlich nicht.
    Er musste ihn bestrafen.
    Aber das hieß, dass die Freunde deswegen nach Flandern aufzubrechen hatten. Eine weitere Reise zur See stand bevor. Denn über Land wollte man die Reise wegen der ausgebrochenen flandrischen Unruhen nicht wagen. Warum, um Gottes willen, musste Guinivevre ausgerechnet dorthin reisen? War das Meer nicht überall gut für die Gesundheit?
    Henri beschloss, dass er und seine Gefährten erneut ein Schiff besteigen würden. Und dann musste er Sean die Ohren lang ziehen.
     
     
    Eine der Prähmen brachte die Gefährten elbaufwärts, dann konnten sie in ein seetüchtiges Schiff umsteigen. Es war eine prächtige Kogge, die ein durchgezogenes Deck und drei Masten aufwies, einen auf dem vorderen Kastell, einen auf dem hinteren und den dicksten, von Wanten und Stege gehalten, in der Mitte. Das Schiff führte Waren nach Brügge.
    Die zweitägige Reise war stürmisch, ein ständiger starker Wind aus Norden minderte die Fahrt der Kogge, deren drei Segel sich nur ungenügend in den Wind legen konnten. Die drei Gefährten nutzten die Fahrt, um über ihr zukünftiges Handeln zu sprechen, und sie berührten auch Henris geäußerte Zweifel. Es zeigte sich, dass Uthman und Joshua Henris Sorgen nicht teilten.
    »Jeden Tag«, sagte Henri, »begreife ich deutlicher, wie sehr mir die Gemeinschaft der Brüder fehlt.

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