Mord im Labor
Geschichte
als eine Art nachträgliches Alibi erfunden?«
»Nachträgliches Alibi?« Er
runzelte die Stirn. »Leider verstehe ich Sie nicht, Lieutenant.«
»Sie könnten befürchtet haben,
einer der beiden anderen habe Sie in Everards Labor
herumstöbern hören.«
»Mich?« Seine Stimme wurde
schärfer. »Was, zum Teufel, sollte ich in dem verdammten Labor zu suchen gehabt
haben?«
»Keine Ahnung«, sagte ich.
»Aber es scheint allgemein die Ansicht zu herrschen, daß er mit irgend etwas ganz Speziellem beschäftigt war, und
vielleicht wollten Sie herausfinden, wie speziell das war.«
»Sie sind verrückt!«
»Etwas mit großen kommerziellen
Möglichkeiten, soviel ich gehört habe«, improvisierte ich weiter. »Soll das
heißen, daß Sie an so was nicht interessiert wären?«
»Doch, allerdings«, sagte er in
aggressivem Ton. »Das ist meine spezielle Funktion bei dem ganzen Unternehmen.
Aber Everard hätte mir alles haarklein erklären
müssen, damit ich auch nur ein Wort verstanden hätte. Ich hätte vierundzwanzig
Stunden lang in seinem Labor herumstrolchen können und sogar seine
schriftlichen Unterlagen durchlesen — ich wüßte nach wie vor nicht, worum es
sich dreht.«
»Angenommen, er hatte etwas
entdeckt, das ein Vermögen wert ist?« sagte ich bedächtig. »Und angenommen, er
beschloß, die Sache nicht CalCon zu überlassen,
sondern für sich selbst zu behalten?«
»Er war durch einen Vertrag
gebunden«, sagte Vaile heiser. »Wie alle
Forschungschemiker.«
»Verträge sind dazu da,
gebrochen zu werden«, erinnerte ich ihn. »Oder zumindest umgangen. Aber, wie
Sie sagten, Everard war Forscher und konnte nicht
wissen, wie er seine Entdeckung am besten auswerten konnte. Also ging er
vielleicht zu einem Experten, um sich Rat zu holen.«
»Hören Sie!« Vaile verschluckte sich an einem Mundvoll Daiquiri . »Er kam nie zu mir, falls Sie das vielleicht
meinen.«
»Angenommen, er kam doch?« Ich
grinste ihn boshaft an. »Angenommen, er erklärte seine Entdeckung in so
schlichten Worten, daß selbst ein Laie wie Sie es verstehen konnte? Und Sie
sahen die Möglichkeit, eine Million dabei herauszuholen, wenn die Sache
geschickt eingefädelt wurde? Und dann überlegten Sie, daß Sie eigentlich recht
gut allein damit zurechtkämen, wozu also mit Everard teilen?«
»Sie sind komplett
übergeschnappt!« Er starrte mich ein paar Sekunden lang finster an. »Okay,
nehmen wir mal für einen Augenblick Ihre verrückte Theorie als gegeben an. Ich
fand, ich bräuchte Everard nicht mehr und beschloß,
ihn umzubringen. Warum habe ich mir dann ausgerechnet eine Nacht ausgesucht, in
der er mit Jan O’Hara im Motel schlief, und einen Doppelmord begangen?«
»Um den eigentlichen Grund zu
verschleiern«, sagte ich prompt. »Um das Ganze als Sexualmord hinzustellen —
mit Eifersuchtsmotiv.«
»Eine Feier!« Er starrte mich
an. »Das hat sie gesagt — irgendwas von einer Feier.«
»Jan O’Hara?«
Er nickte schnell. »Sie
arbeitete noch, als ich am Abend das Büro verließ. Ich äußerte etwas in dem Sinn,
daß ich hoffte, Miles Browning würde sie nicht mehr allzu lange aufhalten, und
da sagte sie das.«
»Versuchen Sie sich mal genau
zu erinnern!« fauchte ich.
»Sie sagte, sie habe nichts
dagegen, lange zu arbeiten, sofern es nicht zu lange sei.« Er schnippte
plötzlich mit den Fingern. »Das war’s! Ich machte einen Witz darüber, daß sie
ganz sicher eine sehr dringende Verabredung habe, und sie sagte, es würde eine
große Feier werden. Mit Champagner und allem Drum und Dran, sagte sie. Ich
fragte, was sie denn feiern wolle, und sie kicherte und sagte was von einem
großen Geheimnis.«
»Ist das alles?«
»Ja, ich glaube, das ist
alles.« Seine Stimme wurde wieder streitlustig. »Ich dachte, das könnte Ihnen
vielleicht weiterhelfen, Lieutenant.«
»Sie kehrten an diesem Abend
ins CalCon -Gebäude zurück, um etwas zu holen, das Sie
vergessen hatten, und gingen um zweiundzwanzig Uhr vierzehn wieder weg«, sagte
ich. »Was dann?«
»Ich fuhr nach Hause.«
»Sind Sie Junggeselle?«
»Ja.«
»Leben Sie allein?«
»Ja.«
»Also, was dann?«
»Ich glaube, ich trank noch was
und ging dann zu Bett.«
»Was bedeutet, daß Sie für den
Zeitpunkt des Mordes kein Alibi haben?«
»Eines muß man Ihnen lassen,
Lieutenant«, sagte er in gepreßtem Ton. »Sie sind ein
beharrlicher Dreckskerl!« Sein Adamsapfel hüpfte krampfhaft. »Na schön! Ich habe ein Alibi, aber es ist sehr persönlicher Art. Ich würde
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