Mord im Nord
Frische eines solchen Momentes erlebt.
Peter fand vor allem das Bild einer höheren Ebene passend, denn der Blick von oben, den er innerlich erlebt habe, verändere eben doch alles: Wenn man eine Landschaft, oder auch eine Stadt, von oben betrachtet, wird aus dem, was man bisher nur als isolierte Einzelteile gesehen hat, plötzlich ein sinnvolles Ganzes. Man sieht, wie die Einzelteile miteinander verbunden sind und welche Muster sie zusammen bilden. So sei es ihm sowohl bei der Betrachtung einiger wissenschaftlicher Themen, mit denen er sich gerade beschäftige, gegangen als auch bei der Betrachtung seines Lebens.
Von einem tiefen Grundgefühl von Versöhnung erzählte Gertrud, sowohl dem Leben oder Schicksal als auch sich selbst gegenüber. Dabei sei kein bisschen Zuckerwattegefühl dabei gewesen, vielmehr habe alles glasklar gewirkt. Wenn schon Hesse zitiert werden solle, denke sie an jene Erkenntnis am Schluss des «Steppenwolf», wo der Held erkennt, dass jemand, der sich dem Leben öffnet, dabei unweigerlich Schuld auf sich nimmt, worauf es nur eine Antwort gibt, ein glockenhelles göttliches Lachen der Versöhnung.
Für die Erreichung dieses Ziels als sehr nützlich, fügte ich selbst bei, hätte ich während dieser halben Stunde das Erlebnis von Zeit empfunden. Tatsächlich war mir die ganze halbe Stunde die enge Verbundenheit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bewusst gewesen – und zugleich deren unterschiedliche Bestimmung. Diese hatte ein guter Freund mal so formuliert: Die Vergangenheit sollen wir akzeptieren, die Gegenwart erleben und die Zukunft gestalten. Und genau das, was so viel schwieriger ist, als es klingt, war mir in dieser halben Stunde anstrengungslos gelungen.
Hans schilderte seinen Haupteindruck als jenen einer wunderbaren geistigen und seelischen Weite, in der alles, was ihn beschäftige, Platz hatte, mit all seinen Widersprüchen und Unvereinbarkeiten. Zugleich habe er ein untrügliches, auf einem tiefen Selbstvertrauen basierendes Gefühl dafür gehabt, was ihm in dieser Vielfalt wirklich wichtig und wertvoll sei und was er getrost vernachlässigen könne.
Verbundenheit sei ihr vorherrschender Eindruck gewesen, erzählte Helen. Verbundenheit mit den Elementen Erde, Luft, Feuer und Wasser, Verbundenheit mit der belebten Natur um uns herum, Verbundenheit mit uns und mit anderen Menschen, Verbundenheit aber auch mit so etwas wie höheren Kräften, ohne dass sie die benennen könnte. Aus alledem sei ein tiefes Gefühl von Dankbarkeit erwachsen für all das, was sie sich im Leben selbst erarbeitet und erkämpft hatte, und zugleich für all das, was ihr im Leben geschenkt worden sei.
Nach diesem Austausch der ersten Eindrücke wurde ich gefragt, ob ich denn die Wirkung jetzt anders erlebt hätte als beim ersten Mal. Ich gab zu, ich hätte Appenzeller Secret jetzt das vierte oder fünfte Mal probiert, und jedes Mal sei tatsächlich das Erlebnis des Erwachens frisch und unverbraucht gewesen. Zudem hätte ich im Verlauf dieser Erfahrungen all das auch erlebt, was die anderen jetzt geschildert hätten. Sicher gebe es da individuelle Unterschiede, und manches hätte ich anders benannt. Im Grossen und Ganzen umfasse die Wirkung nach meiner Einschätzung wirklich das ganze von uns berichtete Spektrum, und das liesse sich für mich immer noch am besten mit dem schönen Wort Seelenfrieden beschreiben.
Ob ich denn ein Verlangen gespürt hätte, die Erfahrung möglichst rasch zu wiederholen, wurde ich gefragt, was ich verneinte. Ein gewisser Termindruck hätte zwangsläufig erfordert, die Selbstversuche in relativ rascher Abfolge zu machen, doch gebraucht hätte ich das nicht, die Wirkung habe jeweils angehalten, und ich schätzte mal, dass zwar von Zeit zu Zeit eine Auffrischung sicher nützlich wäre, dass es aber auf jeden Fall genügen würde, sich einmal in jeder Jahreszeit diese halbe Stunde zu gönnen.
Daraus entspann sich eine lebhafte Diskussion über den Zusammenhang zwischen einer Erfahrung, wie wir sie gerade gemacht hatten, und dem Alltagsleben. Zu dieser Erfahrung gehörte, wie wir übereinstimmend feststellten, die Erkenntnis, dass es uns selbst und unserer Umwelt wesentlich besser ginge, wenn wir uns ständig in diesem begnadeten hoch spirituellen Zustand befänden. Und natürlich auch die Erkenntnis, dass das uns Sterblichen nie vergönnt sein würde.
Gertrud bestätigte, dass die Hoffnung, man könne, indem man ständig Appenzeller Secret ässe, dauernd in diesem
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