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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Haus aus zu führen», widersprach ich.
    «Ah, aber darüber habe ich nachgedacht. Was hat Mr Redding an den meisten Nachmittagen getan? Er ging nach Old Hall und malte Miss Protheroe. Und von seinem Häuschen aus fuhr er mit dem Motorrad und kam am North Gate vorbei. Jetzt sehen Sie, warum der Anruf von dort kam. Der Mörder ist jemand, der nicht wusste, dass es Streit gegeben hatte und dass Mr Redding nicht mehr nach Old Hall fuhr.»
    Ich überlegte einen Moment, um die Argumente des Kommissars nachzuvollziehen. Sie kamen mir logisch und unanfechtbar vor.
    «Waren irgendwelche Fingerabdrücke auf dem Hörer in Mr Reddings Häuschen?», fragte ich.
    «Nein», sagte der Kommissar erbittert. «Diese unglückselige Alte, die sich um ihn kümmert, hatte sie gestern Morgen abgewischt.» Wütend schwieg er ein paar Minuten. «Sie ist sowieso eine dumme alte Närrin. Kann sich nicht erinnern, wann sie die Pistole zuletzt gesehen hat. Vielleicht war die Waffe am Morgen des Verbrechens noch da, vielleicht auch nicht. Die Alte konnte es nicht sagen, sie war nicht sicher. Sie sind alle gleich!»
    «Ich war auch bei Dr. Stone, reine Formsache», fuhr Slack fort. «Ich muss sagen, er nahm es so freundlich auf, wie man sich nur wünschen kann. Er und Miss Cram gingen zu diesem Hügel – oder Grab – oder wie man es nennt, gestern um zwei Uhr dreißig, und blieben den ganzen Nachmittag dort. Dr. Stone kam allein zurück, sie folgte später. Er sagt, dass er keinen Schuss gehört hat, gibt jedoch zu, dass er zerstreut und nicht sehr aufmerksam ist. Aber alles bestätigt unsere Theorie.»
    «Nur», sagte ich, «haben Sie den Mörder nicht gefunden.»
    «Hm. Es war eine Frauenstimme, die Sie am Telefon hörten. Sehr wahrscheinlich hörte Mrs Price Ridley eine Frauenstimme. Wenn nur dieser Schuss nicht direkt am Ende des Anrufs gekommen wäre – nun, dann wüsste ich, wo ich suchen muss.»
    «Wo?»
    «Ah! Das behalten ich am besten für mich, Sir.»
    Ohne zu erröten schlug ich ein Glas alten Portwein vor. Ich habe einen sehr guten Jahrgang. Elf Uhr morgens ist nicht die übliche Zeit für ein Glas Portwein, aber ich dachte, das würde Kommissar Slack nicht stören. Es war natürlich ein schrecklicher Missbrauch des edlen Jahrgangs, aber in solchen Dingen darf man nicht zimperlich sein.
    Als Kommissar Slack das zweite Glas weggeputzt hatte, begann er aufzutauen und herzlich zu werden. So wirkt dieser besondere Portwein.
    «Ich nehme an, Ihnen macht es nichts aus, Sir», sagte er. «Sie behalten es doch für sich? Nicht dass es sich in der Gemeinde herumspricht.»
    Ich beruhigte ihn.
    «Schließlich ist alles in Ihrem Haus passiert, und da sieht es fast so aus, als hätten Sie ein Recht darauf, Bescheid zu wissen.»
    «Genau das finde ich auch», sagte ich.
    «Nun, Sir, was ist mit der Dame, die Colonel Protheroe am Abend vor dem Mord besuchte?»
    «Mrs Lestrange!», rief ich ziemlich laut vor Erstaunen. Der Kommissar schaute mich tadelnd an.
    «Nicht so laut, Sir. Mrs Lestrange ist die Dame, die ich im Auge habe. Sie erinnern sich, was ich Ihnen sagte – Erpressung.»
    «Kaum ein Grund für Mord. Würde da nicht die Gans getötet, die die goldenen Eier legt? Das heißt, angenommen Ihre Hypothese stimmt, was ich keine Minute annehme.»
    Der Kommissar blinzelte mir ziemlich ordinär zu.
    «Ah! Sie gehört zu der Sorte, für die Gentlemen sich immer einsetzen. Jetzt schauen Sie mal, Sir. Angenommen, sie hat in der Vergangenheit den alten Herrn erfolgreich erpresst. Nach einer Pause von ein paar Jahren bekommt sie Wind davon, dass er hier ist, reist her und versucht es wieder. Aber inzwischen hat sich die Situation verändert. Das Gesetz bezieht jetzt einen ganz anderen Standpunkt. Wer Erpressung anzeigt, bekommt heute jede Erleichterung – Namen dürfen in der Presse nicht genannt werden. Angenommen, Colonel Protheroe dreht den Spieß um und sagt, er wird sie verfolgen lassen. Sie ist in einer üblen Lage. Für Erpressung gibt es sehr hohe Strafen. Der Fall liegt jetzt umgekehrt. Um sich zu retten, bleibt ihr nur übrig, ihn rasch und gründlich zu beseitigen.»
    Ich schwieg. Ich musste zugeben, dass der Fall, den der Inspektor konstruiert hatte, plausibel war. Nur eines machte ihn für meine Vorstellung undenkbar – die Persönlichkeit von Mrs Lestrange.
    «Ich bin nicht Ihrer Meinung, Kommissar», sagte ich. «Mrs Lestrange kommt mir nicht wie eine potentielle Erpresserin vor. Sie ist – nun, das ist ein altmodisches Wort, aber

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