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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nicht, wie ich ihn beschreiben soll…«
    »Versuch es, Dolly«, sagte Miss Marple. »Es könnte wichtig sein.«
    »Sie wirkte wie erstarrt«, antwortete Mrs Bantry zögernd, weil sie nach den richtigen Worten suchte, »als hätte sie etwas gesehen, das… Mein Gott, wie soll ich es schildern? Erinnerst du dich an das Gedicht ›Lady of Shalott‹? Wie heißt es da noch – Der Spiegel bekam einen Sprung, von der einen Seite bis zur andern, und Lady of Shalott rief: ›Ich bin verdammt.‹ Ja, gerade so sah sie aus. Heute machen sich die Leute über Tennyson lustig, aber ›Lady of Shalott‹ hat mir schon als junges Mädchen gefallen und gefällt mir immer noch.«
    »Sie war wie erstarrt«, wiederholte Miss Marple nachdenklich. »Und sie blickte auf einen Punkt an der Wand hinter Mrs Badcock. Was gab es da zu sehen?«
    »Ach, irgendein Bild«, antwortete Mrs Bantry. »Ich glaube, ein Italiener, die Kopie einer Madonna. Vielleicht Bellini, ich bin nicht sicher. Das Bild, auf dem die Jungfrau ein lächelndes Kind im Arm hält.«
    Miss Marple runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht, warum sie das Bild so entsetzt haben kann.«
    »Schließlich sieht sie es jeden Tag«, stimmte ihr Mrs Bantry bei.
    »Es kamen immer noch Leute die Treppe herauf, nehme ich an?«
    »Ja, natürlich.«
    »Wer war es? Erinnerst du dich noch?«
    »Du meinst, sie könnte jemanden angestarrt haben, der gerade heraufkam?«
    »Wäre doch möglich, nicht wahr?«
    »Ja, natürlich… Warte mal… da war der Bürgermeister in vollem Ornat, mit Kette und so, und seine Frau. Dann ein Mann mit langem Haar und einem komischen Bart, wie er heute Mode ist. Ziemlich jung. Und das Mädchen mit der Kamera. Sie hatte sich so aufgestellt, dass sie die heraufkommenden Gäste fotografieren konnte, wenn sie Marina Gregg die Hand gaben. Ja, es kamen zwei Leute, die ich nicht kannte. Wohl auch vom Film, und die Grices von ›Lower Farm‹. Sicherlich waren es noch mehr, aber an die andern erinnere ich mich nicht mehr.«
    »Klingt nicht sehr hoffnungsvoll«, stellte Miss Marple sachlich fest. »Was geschah weiter?«
    »Ich glaube, Jason Rudd gab ihr einen Wink, jedenfalls riss sie sich zusammen. Sie lächelte Mrs Badcock an und sagte ein paar freundliche Worte zu ihr. Du weißt schon, sie spielte die freundliche, charmante, ganz natürliche und ungezwungene Gastgeberin, all die bekannten Tricks.«
    »Und weiter?«
    »Dann reichte ihnen ihr Mann die Drinks.«
    »Was für Drinks?«
    »Daiquiris. Er behauptete, es sei das Lieblingsgetränk seiner Frau. Er reichte seiner Frau das eine Glas und Mrs Badcock das andere.«
    »Hochinteressant«, sagte Miss Marple. »Wirklich, äußerst interessant! Und was geschah darauf?«
    »Ich weiß es nicht, weil ich mit einer Schar Gänse die Badezimmer besichtigen ging. Als Nächstes kam diese Sekretärin angelaufen und erzählte, dass jemand schlecht geworden sei.«

7
     
    D ie vorgerichtliche Untersuchung war kurz und enttäuschend. Der Ehemann identifizierte die Tote, und laut medizinischem Befund war Mrs Badcock an einer Dosis Hyäthyl-dexyl-barbo-quindeloritat gestorben, oder – um ehrlich zu sein, an etwas, das so ähnlich klang. Wie ihr das Mittel verabreicht worden war, konnte nicht geklärt werden. Die Sitzung wurde um zwei Wochen vertagt.
    Nachdem es vorbei war, trat Kriminalinspektor Frank Cornish auf Arthur Badcock zu und fragte: »Könnte ich kurz mit Ihnen sprechen, Mr Badcock?«
    »Selbstverständlich. Selbstverständlich.« Badcock erinnerte noch mehr an ein Stück Bindfaden als gewöhnlich. »Ich begreife es nicht«, murmelte er. »Ich begreife es einfach nicht.«
    »Ich habe einen Wagen«, sagte Cornish. »Wir könnten zu Ihrem Haus fahren. Dort sind wir ungestörter.«
    »Danke, Sir. Ja, ich glaube auch, das wäre besser.«
    Sie fuhren zur Arlington Close drei, und Cornish hielt vor dem freundlichen kleinen blauen Gartentor. Arthur Badcock ging voran, der Kriminalbeamte folgte ihm. Badcock holte sein Schlüsselbund hervor, doch ehe er den Schlüssel ins Schloss stecken konnte, wurde die Tür von innen geöffnet. Die Frau, die geöffnet hatte, trat einen Schritt zurück und schien etwas verlegen zu sein.
    »Mary!«, rief Badcock erstaunt.
    »Ich habe gerade Tee gemacht, Arthur. Ich dachte, dass du gern eine Tasse trinken möchtest, wenn du zurückkommst.«
    »Das ist sehr nett von dir«, sagte Badcock dankbar. »Hm – « Er zögerte. »Dies ist Kriminalinspektor Cornish.« Und zu Cornish gewandt, fügte er

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